2Cent

Ich liege so lang gestreckt auf der gemütlichen Ledercouch in unserem Büro in Loxstedt. Die Pause hatte ich dringend nötig gehabt, denn es war eh nicht viel los und es lief Brasilien gegen irgendwen im Fernseher.

Als am Fenster einen Schatten vorüber zog ahnte ich gleich, das meiner beschaulichen Lage ein Ende gesetzt werden sollte. Ein Kunde drohte mit Auftrag!

Es klopft an der Tür, denn eine Klingel haben wir nicht. Ich räkele mich hin und her, um endlich dem richtigen Winkel zum Aufrichten zu finden. Prompt fällt die Tüte Chips von meinem Bauch auf den makellosen Teppichboden. Das Dip rutsch zum Glück nur in die sofaseitige Ritze und hält sich dort für den weiteren Verzehr bereit.

Die Tür vorsichtig einen kleinen Spalt öffnend – wie bei Zeugen Jehovas oder Teppichhändlern – lugte ich nach Draussen.

Vor mir verunstaltete ein ziemlich verwanzter Typ die Aussicht auf meine Lieblingseisdiele und seine Visage zog meine Aufmerksamkeit in ihren Bann. All überall blaue Flecken, frische Schürfwunden und ein Atem, der jeden normalen Menschen umgehend zur Mumie konservieren würde. Das Hemd nicht existent, die Hose voller getrocknetem Blut. Die Schuhe sicher ein Eigenbau!

„Nach $ghetto bitte!“, entfleucht lispelnd ein kurzer Satz aus seinem geschwollenen Mund.

Ich schliesse die Tür vorsichtig, nicht ohne kurz mitzuteilen, das meine werte Tätigkeit der Gesetzte wegen gerade zur Ruhe verdammt wäre und er meine Dienste erst nach Ablauf von 3 Stunden – wegen der vielen Vorbestellungen – , wieder einfordern könne.

Ich schlich zum Rollo und zog es in eine möglichst hohe Position, um mein wirkliches Ansinnen (Brasilien) fortzuführen. Das Sofa rief und ich folgte.

Ein schüchternes Klopfen – so alle 3 Minuten – und ein leises „Hallo, bitte nach $ghetto “ ,zeugte von seiner Unerschütterlichen Geduld. Auf keinen Fall würde ich so einen kaputten Menschen transportieren, so stellte ich den Flatscreen-Apparat lauter.

„Booooooom!“, da schoß es mir in den Kopf. Die Kollegin $lächlerin war auf dem Weg zu mir. Sie hatte ihre letzte Tour beendet und würde in wenigen Augenblicken in die Hände des „Monsters“ fallen.

Mein Beschützerinstinkt verdrängte jeglichen zu erwartenden Unbill, als ich zum 2. Mal, nun in kompletter Montur und abfahrbereit vor die Tür schritt und den nun mit einem Zwanziger wedelnden Leichnam einlud, mit mir zu seinem Wunschziel zu fahren.

Wie ihr schon von früher wisst, habe ich vorgesorgt und ein paar Eukalyptus-Bonbons in meinem Mund verteilt um den martialischen Abgasungen paroli zu bieten!

Gerade auf halbem Wege begegnet uns die $lächlerin und ich sehe sie lächeln, wie immer.

Nach 6 Minuten war der Terror zu Ende. Ich erhielt noch eine kurze Belehrung, das ich gefälligst etwas freundlicher sein könnte und er, der Herr2Cent würde ja schon Stammkunde sein. Zu bezahlen hatte er 13,60, gab 15,00 und streckte mir dir Hand entgegen. Ich war gerade damit beschäftigt, die Scheine mit Fingerspitzen in ein Extra-Fach für „Verunreinigtes“ zu bugsieren, zwecks späterer Dekontamination.

Tapfer lehnte ich die freundliche Geste ab, mit der Begründung, der Busfahrer würde das auch nicht machen, wegen der Seuchengefahr.

Weg war er endlich. Auf dem Weg nach Hagen rief ich schnell noch die $lächlerin an, um ihr mitzuteilen, wovor ich sie bewahrt hatte, ich toller Kerl!

„$lächlerin, hast du schon mal den Hernn2Cent gefahren?“

„Klar, gerade Heute Nachmittag hab ich den gehabt, zur „Arbeit“ in die Kneipe. Der ist mit dem Fahrrad gestürzt und sieht grauenvoll aus! Ausserdem hat der gemüffelt wie ein Wildschwein!“

Also doch ein „Stammgast“! Aber hoffentlich demnächst einmal wieder runderneuert.

 

+++Ticker Montag, 16.6.2014 (2)+++

23:00
Nach der Tour mit dem Quassel-Baby hat es echt gedauert, bis wieder eine Tour für mich kam. Die Zentrale hatte schon auf mich geschaltet.

23:50
Und für die letzte Stunde kam es dann wieder über mich.Bexhövede nach Wehdel. 1 Pärchen.

Fahrgastbewertung: 5 von 5 Sternen
+ sympathisch, still?, dankbar
– Vorspiel im Fond ohne meine Erlaubnis, lautes Schmatzen und Röcheln

0:37
AST Lübberstedt / Hagen.
Ein Stammgast, die letzten 5 Abende, an denen ich Dienst hatte, ist er um diese Zeit gefahren.
Er hat seine Wurzeln dort, wo die meisten Menschen schön gebräunte Haut besitzen und auch meistens eine schwarze Haarpracht. Und er heißt nicht nur wie einer der Doktoren aus der „Big Bang Theory“ er sieht ihm auch sehr ähnlich.
Einzig, wenn er redet, erkennt Mann sofort, das er eine Hete ist.
Für mich immer eine schöne Fahrt zum Dienstschluss, denn wir finden immer schnell ein Thema über Gott und die Welt, wegen dessen es sich lohnt etwas auszuschweifen und zu philosophieren . Regelmäßig muss ich ihn aus dem Taxi schmeißen, damit ich vor dem Morgengrauen meine Abrechnung fertig bekomme.

Fahrgastbewertung: 5 von 5 Sternen
+ nett, gesprächig, dankbar, interessant, global
– Zeit reicht nie für die Rettung der Welt

01:00
Noch eine letzte Tour von Hagen nach Uthlede. Ich musste ihr zum Zigaretten kaufen meinen Ausweis leihen, sonst wäre sie abgedreht. Ich stütze sie während der Transaktion, damit sie nicht hinfällt!

Fahrgastbewertung: 2 von 5 Sternen
+ hat bar gezahlt,
– Hat ihren Popel gegessen und es war ihr egal, das ich es bemerkte. Sie bemerkte noch, das sie mir zukünftig Teilung anböte, diesbezüglich!

1:30
Feierabend!

+++Ticker Montag, 16.6.2014 +++

Dienstbeginn: 16:00
Dienstende: 01:00
Fahrzeug: Passat

Er und sein Sohn, aus Sri Lanka stammend fahren das erste Mal Taxi.
Der Kinderwagen ist mit 2 Zentnern Kolonialwaren bestückt und füllt den Kofferraum des Passat bis zum Bersten.
Es müffelt nach Männerschweiss, sicher hatten sie eine lange Anfahrt!

Fahrgastbewertung: 4 von 5 Sternen
+ höflich, kaum zu verstehen, dankbar, Junge brav auf dem Kindersitz
– Üble Ausdünstungen

Ich krieg schon immer Pickel, wenn der Name des Kunden „?“ lautet. Das Fahrtziel stimmte auch nicht, dort hat er nur Tabak gekauft. Ist aber alles nicht so besonders schlimm.

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17:40
Zum Altenheim. Er hat seine demente Frau besucht und will zuhause Fußball schauen.

Fahrgastbewertung: 5 von 5 Sternen
+ höflich, dankbar,
– n/a

18:30
Sammeltaxi von Hagen nach $dorfanderweser.
Ich werde wohl nichts vom Spiel sehen, aber wenigstens hören.

18:31
Die junge Frau und ich schwärmen vom WM-Feeling und erleben auf Höhe der A27 gemeinsam das 2:0 im Taxi.

Fahrgastbewertung: 5 von 5 Sternen
+ höflich, hübsch anzusehen, redselig, intelligent,dankbar
– Zu jung 🙁

18:45
Zurück im Hagener Pausenraum sehe ich das 3:0 in bewegten Bildern.

19:40
Ich trinke einen Schluck heißen Kaffee und lasse das 4:0 ganz langsam sacken!

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Um 20:30 habe ich wieder Arbeit.

20:32
Mami mit ihren 3,5 Käse Hoch waren früher da. Der kleine hat mich während der Fahrt gut in Schach gehalten. „Wie heißt du TAxi?“, fragte er auf der 3 Km Strecke ungefähr 20 x.

Fahrgastbewertung: 5 von 5 Sternen
+ höflich, redselig, dankbar, Junge brav auf dem Kindersitz
– n/a

Fortsetzung folgt

Pam Pam

Käufliche Liebe

Mit mulmigem Gefühl im Bauch schlug ich den Weg nach $dorfmitskurve ein, um eine Dame „in den besten Jahren“ abzuholen.

Der versierte Zentralist $stoertebeker hatte schon DEFCON  für diesen Auftrag angeordnet, so zog ich meine Jacke über, klappte die Armlehne herunter und betete!

Aller Voraussicht nach erwartete mich am Ziel ein ausgebuffter COUGAR im  Endstadium. Diese sind bekannt für unvorhersehbare Übergriffe, besonders bei bereits fortgeschrittener Intoxikation, welche $stoertebeker bereits am Telefon diagnostiziert hatte.

Am Ortsrand – es begab sich nach der Geisterstunde – erschien ein zu dieser Nachtzeit sehr seltenes Naturschauspiel. Ein Regenbogen überstrahlte die Straße meiner Fahrgästin und schwebte direkt über ihrem Haus. Sie erwartete mich schon in der Garageneinfahrt stehend und bevor sie mich mit ihrem Make-Up-Kunstwerk blenden konnte, zog ich die altbewährte Bundeswehr-Sonnenbrille (NATO-BH) aus der Tasche und schützte mein Augenlicht.

Ich sprang aus dem Sprinter, suchte mein Heil in vorsichtigem, rückwärts gerichteten Gang, um ihr die Beifahrertür zu öffnen. Soweit möglich schaute ich sie nicht an, sondern blickte, ohne unhöflich zu wirken noch Oben, um den Anblick der bunten Farbkombinationen zu geniessen. Aber da fand sich Nichts mehr, sie hatte sich eben noch schnell das Antlitz gepudert und das Farbspiel erlosch.

„Hoffentlich platz jetzt kein Stück aus ihrer Fassade, dann kann ich das ganze Auto reinigen!“, dachte ich verzweifelt und sah mich schon nach dem ZEWA um.

Sie wollte zum Pam Pam! Wie so viele Feierlustige, nach rauschenden Festen zu Hause oder bei Freunden, um den Abend mit einem ordentlichen Absturz in der einzigen Disco in unserem Fahrgebiet ausklingen zu lassen. Die Etikette wurde schon zu Haus an die Garderobe gehängt, damit von vorn herein keine Missverständnisse aufkommen, Jemand sei noch Herr seiner Sinne.

Am Ortsausgang nahm das Unglück seinen Lauf und mangels Straßenbeleuchtung wurde es Stockeduster in meinem Sprinter. Wegen des Wildunfalls in der letzten Woche war ich jetzt etwas angespannt und vermutete hinter jedem Busch oder Schatten ein Rotwild, oder zumindest einen kapitalen Elch oder ähnliches Getier. Da wurde mir ganz warm ums Herz, als ein wohliger Schauer von meinem rechten Unterarm ausging und sich in Richtung Brustkorb fortpflanzte.

„AAAAAAAhhhhhh, lassen sie das. So kann ich nicht fahren!“, schrie ich erschreckt und fuchtelte vor ihr herum, als sei ein Bienenschwarm auf mich los gegangen.

Sie hatte sich unbemerkt zu mir herüber gelehnt und versucht mich mit ihren Verführungskünsten und vorsichtigen Streicheleinheiten in ihr Netz zu locken. Mit aller Kraft konnte ich den Würgegriff lösen und die Fahrt fortzusetzen, nicht ohne die halbe Aufmerksamkeit den sich vom Beifahrersitz immer wieder annähernden Tentakeln zu widmen.

Der Weg zum Pam war nicht sehr weit und mit ein paar gezielten klapsen auf ihre immer wieder forschenden Hände trafen wir am Taxistand ein.

„Bitte, lass mich Hinten rum raus, die sollen mich hier vorn nicht sehen. Bin doch schon so eine alte Schachtel, die sich besser unerkannt reinschleicht!“, bat sie mich mit sonoriger Stimme.

DEFCON   1, Krieg!

In mir flackerte  die Furcht vor weiteren romantischen Avancen auf und wurde umgehend bestätigt, als sie mir anbot, für einen kurzen Halt auf dem Parkplatz hinter dem Pressluftschuppen auch einen 5er springen zu lassen.

Ich riss das Lenkrad rum und lies die Kupplung springen. Nach 2 Sekunden parkte ich in Sichtweite der Türsteher und beendete sämtliche Träume meiner Kundin mit der Forderung des Fahrpreises und der Bitte nach möglichst raschem verlassen des Taxis.

Mit reichlich ungehobelten Verwünschungen löste sie unser Vertragsverhälnis per Bezahlung auf und tauchte im Halbdunkel des Wendeplatzes ab!

„HerrTaxifahrer! HerrrrrTaxifahrer! Schadensbericht!?“, schallte es aus dem Lautsprecher.

„Lieber Kollege $Stoertebeker, hiermit erkläre ich diese Frau zur „persona non grata“. Falls die wieder anruft, schick ihr bitte einen Fahrer von ihrem Kaliber oder gib ihr die Nummer von der $anderesTaxiunternehmen!“

5 € war ich ihr also wert. Wird echt Zeit, das der Mindestlohn kommt!

 

Nachtrag: Meine Recherche nach den Defcon-Stufen hatte die falsche Reihenfolge ergeben. Vielen Dank an die schlauen Mitleser für den Hinweis. Habe das geändert. Wer es ganz genau Wissen möchte: DEFCON-STUFEN-WIKI

 

Mein Hilfsmittel…

…für den Bargeldverkehr wurde das Opfer eines gnadenlosen Terroraktes. Eine zugezogene Bestie hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, sämtliche – in Energie umwandelbare – Gegenstände in sich aufzunehmen.

Dieses schöne Geldbörse hatte ich von einem ausgeschiedenen Kollegen erhalten, mit der Auflage, sie schonend zu behandeln und immer reichlich mit Scheinen zu füllen.

Jetzt werde ich, statt Geld einzunehmen, horrende Ausgaben tätigen müssen, damit ich meine Einnahmen wieder standesgemäß verstauen kann.

Mal kein Eisbärenbaby

Am Freitag war ein Wonnewetter. Meine Laune war quietschfidel und ich freute mich schon auf den Job des Monats.

Piep……Piep…..Piep

Von: Hagen SZ

Nach Sandstedt

Wer: 5 Blindenhunde, nebst Herrchen/Frauchen ,und 5 x Begleitung und Gepäck

Leider konnte ich nicht alle gleichzeitig fahren, Gepäck wäre OK gewesen, Hündchen auch, aber leider nur 8 Gurte. Also fuhren wir mit 2 Bussen vor und transportierten unsere 2bis4  – Beiner ans gewünschte Ziel.

Die Hunde waren wie erwartet von der coolen Sorte. Dezent, bestimmend strahlten sie Respekt aus, ohne einen Hauch von Brutalität.

Anbei ein Foto eines Teils der Reisegruppe. Sie trafen sich im Sandstedter Hof mit insgesamt 25 weiteren Blindenhundeführern zu einem Erfahrungsaustausch.

Blindenhunde-Führer treffen sich in Sandstedt 2014

Blindenhundeführer treffen sich in Sandstedt 2014