Unter Verdacht

Am Freitag war richtig schön was los, die Aufträge kamen schon früh. Unter anderen war gegen 22:00 auch eine Gruppe junger Männer von Stotel zum Kühlhouse zu bringen. Der Club ist im Fischereihafen in Bremerhaven angesiedelt. Gegen 2:30 am Samstag Morgen kam dann der Anruf, bitte wieder abgeholt und zur Kasba chauffiert zu werden.

Ich kam pünktlich dort an und die Jungs wollten draußen am Bürgersteig warten. Das Lokal erschien auf der rechten Seite und ich ließ meinen Bus langsam ausrollen, während ich nach einem günstigen Platz für das Einsteigen suchte. Mitte vor dem Eingang warteten 2 Kollegen aus Bremerhaven auf Kundschaft. Ich fuhr vorüber und bemerkte,das meine Kunden mein knallrotes Gummiboot   mich erkannt hatten und folgten mir, damit ich bequem einlochen einparken konnte.

Als ich gerade zum Öffnen der Schiebetür aussteigen wollte überholte mich der Bremerhavener Kollege mit seinem Touran und setzte sich von links schräg vor meinen roten Panzerwagen und begann umgehend wild herum zu fuchteln und er brüllte bei geöffnetem Seitenfenster herüber, ich solle mich verpissen uvm.

Bremerhaven liegt nicht in unserem Pflichtfahrgebiet und deshalb dürfen wir dort eigentlich keine Leute einladen. Es gibt aber für die Kunden die freie Wahl des Taxis, unabhängig von den jeweiligen Fahrgebieten der Unternehmen. Und so kann sich Jeder, zu jedem Ort in Deutschland sein Lieblingstaxi bestellen um sicher befördert zu werden.

Da hatte wohl wieder einer die „Sendung mit der Maus“ verpasst? An mir blieb es wieder hängen, die Nachschulung durchzuführen.

Meinen Fahrgästen trug ich auf, sich etwas zu gedulden und entnahm mein PDA aus der Halterung, um dem „Kollegen“ meinen Abholauftrag zu zeigen.

Ich zwängte meinen Astralkörper durch die Fahrertür, richtete die Berufskleidung und schritt auf den „gegnerischen“ Fahrer zu. Der hatte es dann doch auf einmal eilig, seine Position am Taxistand zu sichern und setzte Kommentarlos zurück. Meine Truppe hatte sich derweil das Schauspiel angesehen und formierte eine Schildkröte. Furchterregend marschierten sie so auf den Touran zu. Lautstark bekundeten sie mir Solidarität und wollten mich beschützen. Ein Wort und sie hätten getötet.

Mit knapper Not konnte ich die aufgebrachten Stoteler so eben noch bremsen. Mit dem Schlachtruf „Kasba,Kasbaaaa,Kaaassssbaaaaaa!“ hielten sie sich warm.

Endlich hatte der Fahrer sein Fenster geöffnet und erklärte die Lage. Allerdings war er der Meinung, es gehöre zum Guten Ton sein Revier zu verteidigen, deshalb seine Aktion zu Anfang. Genug Zeit war verplempert, zu wertvoll, dieser Amöbe die Welt zu erklären.

Endlich konnte die Fahrt zur Höllennacht in die Kasba angetreten werden.

Anmerkungen:

Die Stadt Bremerhaven wird komplett vom Landkreis Cuxhaven, damit von Taxiunternehmern aus diesem Bereich umlagert. Viele Fahrgäste lassen sich von uns nach Bremerhaven bringen, einige auch sehr gern wieder von ihrem Taxifahrer ihres Vertrauens abholen. Und da sind am Abend sehr viele Landkreiswagen in der Hafenstadt unterwegs und werden von den Kollegen dort als Fremdkörper angesehen.

Leider ist es in Bremerhaven genau so, wie in anderen großen Städten. Es gibt zu viele Taxikonzessionen. Die Unternehmer schicken ihre Wagen wenn möglich 24h auf die Straße, damit sich ja keiner einen größeren Anteil an der Beute sichern kann. Und das kostet die Blutsauger keinen Cent extra, denn ihre Sklaven arbeiten nicht für einen Stundenlohn, sondern für einen Anteil an den Einnahmen. Die Auftragslage erlaubte das auch noch vor einigen Jahren. Jedoch hat sich das Konsumverhalten der Einwohner geändert und es werden wesentlich weniger Taxis benötigt.

Und so kommt es, das die Kollegen in Bremerhaven sich sie Reifen platt stehen und in immer mehr zu leistenden Stunden einen immer kleiner werdenden Lohn einfahren. Der Frust der dann entsteht, entlädt sich leider oft auf der Straße, bei solchen wie oben beschriebenen Auswüchsen.

 

Die 18 Stufen zur Hölle

Für den Freitag hatten das Pam und die Kasba zur Verkleidungsdisko eingeladen. Und weil die „Hollowäi-Paties“ lt. Aussage des Kollegen $Nuschler voll im Trend liegen, haben sich viele Teenies auf den Weg gemacht um in der Musikhölle ihrer Wahl die Nerds zu betrachten, welche sich tatsächlich dem „Brauchtum“ gemäß verunstaltet hatten.

Zum Pam wurde standesgemäß per Taxi, $führerscheinneulingmit3erbmw oder Mutti angereist. Wer sich zur Elite der Kasbafreunde zählt, wählt die Wanderung in Gruppen von 2 bis 12 Personen.

Ab 20:00 hatte ich in die Kampfhandlungen eingegriffen und Tour um Tour abgespult, wie im Lehrbuch beschrieben.

Gut, das ich Nebelscheinwerfer und Fernlicht gecheckt hatte. Die Straßen waren quasi verstopft von lustigem Jungvolk auf dem Weg zum ehemaligen Waldschlößchen. Einzig ein paar abgezählte Fußkranke konnte ich vor der Geisterstunde an der Bundesstraße 71 einsammeln. Bisher waren alle Fahrgäste durch trügerische Höflichkeit, Zurückhaltung (leider auch beim Trinkgeld) und Pünktlichkeit aufgefallen. Nun, da die heimischen Vorglüh-Sessions in Auflösung begriffen waren und der Ethanolpegel das Optimum überschritten hatte, ging es endlich richtig zur Sache, wie es sich für eine Nacht am Anfang des Geldes gehört.

Hemmunglos wurde mein schöner roter Renault-Bus auf Herz und Nieren getestet. Es wurde gesprungen, geschunkelt, geklettert. Die Horden waren kaum zu bändigen. Diskussionen waren Zeitverschwendung und verlängerten nur meine Torturen und verkürzten meine Reha-Zeit während der Anfahrt zur Anschlußtour. Außerdem bekam ich Life und  a capella die neusten Gröhl-Hits von den lokalen Fußballplätzen präsentiert. Der Ohrwurm dieser Nacht:

„Nikiiiiii Laudaaaaa hat keine Oooohren!“

Der Text war leicht zu lernen und ich konnte sofort mitsingen. Nur die Tonlage war von Zeile zu Zeile variabel, ich konnte kein System erkennen.

Unsere diesnächtige Zentralenbevollmächtige $diemitdertochter-diegernhätte-dasihremuttihierendlich-malvorkommt hatte alle Mühe uns Fahrer bei der Stange zu halten. Sie schaffte es uns aber immer wieder bei guter Laune zu halten und uns durch häufige Wendemanöver oder Auftragsänderungen abzulenken 🙂

Kurzer Auszug aus dem Sprachfunk (mehr Funksprüche über snowden @ moskow #taxifunk #cuxhaven):

„$badekappe, fahr mal Da hin!“

„OK, $magdar, bin schon unterwegs!“

„$badekappe, tut mir leid, muss dir die Fahrt wieder wegnehmen. Dreh bitte um fahr mal Dort hin!“

„OK, $magdar, ich beschleuniigeeeee!“

„$badekappe, bitte, sorry, fahr mal Hier hin. Geht nicht anders!“

„OOOOOOHHHHHKÄÄÄÄI, drehe eben um und bin gleich Hier!“

„§badekappe,………hätte da mal……..äh….alles zurück auf Anfang. Bitte fahr mal doch besser Da hin!“

 

Gegen 3 Uhr konnte ich mich endlich mal etwas „frisch“ machen und mit gehörigem Koffeinschock den Rücksturz zur Kasba einleiten. Wie dort usus, warten die Fahrgäste nicht devot am Taxiplatz, sondern stürmen wie eine Meute Zombies auf die Bundesstaße und blockieren die Einfahrt zum Stand. Glückssache, wenn man dort nicht wenigstens 2-3 lebendige Tote touchiert.

Das vergnügliche bei den Heimfahrten ist immer die Bezahlung. Von 8 Kasba-Rückkehrern haben 3 keinen Cent, 2 nur noch 1€, einer einen geliehenen 5er. Die beiden anderen hatten sich sparsam gegeben und werden jetzt doch noch ihre Kröten los. Ist jede Woche so!

Bei der vorletzten Tour nach Bremerhaven war es schon von Anfang an klar, das Irgendwer zur Bank muss und Geld ziehen. Ich bat den Typ neben mir, den zu erwartenden Endbetrag als Vorkasse zu hinterlegen. Er hatte nicht richtig zugehört, denn er tippte auf seinem IPhone herum. Ich wiederholte:

„Du kannst das Taxi auch mit dem Handy bezahlen!“

„Klasse, wie geht das denn, ich hab aber keine App dafür?!“

„App brauchste nicht, ich sage den Fahrpreis und du gibst mir dein Handy dafür. Fertig!“

Und die komische Überschrift? 18 Aufträge habe ich abgearbeitet. Und was soll ich sagen, am Ende fand sich nicht das Fegefeuer, sondern ein prall gefüllter Geldsack.

Normalität

Die umgestürzten Bäume sind beseitigt und ofengerecht zerteilt hinter der Garage gestapelt. Am Bahnübergang schaltet sich alle 4 Minuten das Rotlicht ein um Warenlieferungen nach Übersee anzukündigen. Die Bahn verspätet sich regelmäßig um 5-10 Minuten und die Fahrgäste bestellen ihr Sammeltaxi für Mitternacht auf den letzten Drücker.

Hier auf dem Land stehen die Taxis ja nicht an jeder Straßenecke, das würde sich  nicht lohnen. Sie sind in Bereitschaft an einem Warteraum in unseren Kerngemeinden, oder unterwegs. Und ab 22:00 sind bei uns nur noch 2 Wagen aktiv, das ist schon Jahre so. Und wegen der langen Anfahrten dauert es ein wenig zwischen Bestellung und Abholung. Das teilen wir unseren Kunden immer mit und bitten auch gleichzeitig pünktlich am Abholpunkt zu sein, damit sich Anschlußfahrten nicht verzögern.

Ab 22:00 bin ich meine eigene Zentrale und verteile die Aufträge auf einen Kollegen und mich. Und an Tagen wie dem gestrigen ist die Kooperation enorm wichtig. Außer den telefonischen Bestellungen erhalten wir auch noch Sammeltaxi-Aufträge. Diese sind schwieriger zu planen, da die Abfahrtszeiten immer feststehen und nicht variert werden dürfen und wir nicht unmittelbar mit dem künftigen Fahrgast kommunizieren können. Die Bestellungen werden Zentral in Bremerhaven erfaßt und an die Taxiunternehmer weitergeleitet. Das ist so vorgeschrieben, weil z.B. Bremerhavenbus die Hoheit über den ÖPNV hat, dazu gehören auch die Anruf-Sammeltaxis. Ist auch eine Art Kontrollinstanz, damit sich die Taxiunternehmer nicht selbst irgendwelche Fahrten erfinden.

Zwischen die  AST-Fahrten pressen wir dann die anderen Touren. Und wehe, der Grieche hat den Ouzo zu spät hingestellt und die Fahrgäste sind noch  nicht fertig! Sofort nimmt das Unheil seinen Lauf. Oft müssen Menschen zum Bahnhof, einen Zug erwischen. Die haben immer höchste Priorität. Und wenn dann Einer aus der reihe tanzt, kann ich auch schon mal ein wenig ruppig werden und wenn das nicht hilft, wird kommentarlos die nächste geplante Station angefahren.

Und manchmal muß man auch wieder Ausnahmen machen, wenn es um den Service und die Zufrieden- oder Sicherheit der Fahrgäste geht.

Nun war es vergangene Nacht so, das ich um 00:37 vom Bahnhof Lübberstedt Fahrgäste nach Westen transportieren sollte. Nichts schlimmes. Aber gleichzeitig hatte ich auch noch um 00:42 in Stubben eine Familie mit Baby nach Osten zu bringen.

Glücklicherweise begab es sich, das die Stubbener sich vorher erkundigten, ob denn das AST auch wirklich um 00:42 da wäre. Ich musste mitteilen, das ich erst gegen 1:15 in Stubben sein könnte, wegen der parallelen Aufträge. Um ganz sicher zu sein, das alle im Trockenen nach Hause kommen, schlug ich ihnen vor, auch in Lübberstedt auszusteigen und dann die Tour nach Westen mit zu machen, um danach Richtung Beverstedt zu fahren. So braucht insbesondere das Baby nicht frieren und im Regen und Wind rumstehen. Am Preis würde sich nichts ändern, ich hätte die Leerfahrt sowieso gehabt.

Und so trafen wir uns alle in Lübberstedt und ich konnte dann meine letzte Tour für Heute  mit zufriedenen Fahrgästen und Stressfrei zu Ende bringen.


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Eine Leere

Es trug sich zu, das die Dedesdorfer wie jedes Jahr ihr sog. Schweinefest zelebrierten. Und weil der Genuss von fettigen Paarhufern in Scheiben üblicherweise auch den Konsum von Alkohol nach sich zieht, der besseren Verdauung wegen, kommt es natürlich auch regelmäßig zu allergischen Reaktionen mit eben Diesem.
Da stand ich dann am Rinnstein und beobachtete das Treiben. Im Augenwinkel versuche ich jede noch so unscheinbare Geste als Taxibestellung zu erkennen. Ist echt schwierig hier. Gerade vor 1:00 verlässt keiner der Hardcorepartygänger das Zelt. Und wenn dann doch einmal einer auf ein Taxi zeigt, macht er sich lustig darüber, das wir sooo faul rumstehen, statt was „Richtiges“ zu machen.
Es wird Ernst. Ein Pärchen steuert auf meine Karosse zu.

Verdammt…….., er torkelt………, er taumelt……………, er sieht die Anhängerkupplung des mobilen Bratwurststandes nicht……..

Das Geräusch klang ähnlich einer gegen eine Leitplanke geschlagenen dickeren Holzlatte. Inklusive kurzem Nachhall. Der Überschlag war reif für die „Failarmy!“ Hatte aber die Kamera nicht an.

Seine Begleitung versuchte ihn wieder aufzurichten, ohne Erfolg. Aber aus seinem Mund heraus offenbarte sich jetzt die Speisenauswahl der vergangenen Stunden. Nur in umgekehrter Reihenfolge! Gerade als ich mich erbarmen wollte, der zivilen Courage zu folgen, da sprangen auch schon die Sanitäter an mir vorbei und kümmerten sich um den armen Kerl.

Ein anderer Freund der Hopfenkaltschale stolperte herüber und warf sich mit letzter Kraft auf meinen Beifahrersitz. Ich erfuhr eben noch die Adresse und beim Schalten in den 2. Gang war er schon eingenickt. Perfekt.

Gerade schalte ich mein PDA wieder auf „FREI“, da böppelt es auch gleich wieder.

„Böp,böp,böp,böp.“

Ich drücke auf Annehmen und lese den Auftrag: 2 Personen vom Schweinemarkt nach Nesse. Treffpunkt RTW vor dem Eingang zum Markt.

„Öhöööö, das wird doch nicht?“

Am Zielpunkt erwartete mich schon ein winkender Sani. Ich parkte hinter seinem Sanka und erspähte das „Unfallopfer“ von vorhin.

„HerrTaxifahrer, machen sie sich keine Sorgen. Ich garantiere, das der Herr LEER ist!“, beschwichtigte der Ersthelfer meine Bedenken. Der Mageninhalt sei bereits durch Elektrolyte ersetzt und einem sitzenden Transport stünde Nichts mehr entgegen.

 

Mach mir mal nen Knutschfleck

Teenager abholen und nach Hause bringen!

„N`Abend HerrTaxifahrer, schon wieder sie. Kommt mir vor, als wenn sie mich stalken!“

„Arrr, schon wieder entdeckt, ich werde mich zukünftig verkleiden. Und sonst so, schönen Tag gehabt!?“

„Ich bin mir nicht sicher!“

„Kann ich bei der Entscheidung helfen?“

Pause……………………

„HerrTaxifahrer, ich war ja eben bei meiner Freundin und so.“

Pause……………………

„Ja und…..?“

„Wenn ich dann gehe, verabschiede ich mich auch immer bei ihrer Mutter.“

Pauuuuuuuuseeeeee………..

„Weiiiiterrrrrr bitte, muß ich jetzt alles aus der Nase ziehen?“

„Wissen sie, normal machen wir das so wie üblich, mit nem „Küsschen links,Küsschen rechts“ angedeutet auf die Wange.“

P..

„Waaaahaaasssss ist passiert? Wir sind gleich da!“

„Ihre Mutti hat mich auf den Mund geküsst und nicht aufgehört. Und jetzt habe ich Angst das die was von mir will!“

„Tja, junger Mann, das mach mal schön alleine aus. Bin schon gespannt auf die Fortsetzung und träum was schönes, Heute Nacht! Tschühüüüss, bis denne.“

Down Under

Ein paar Sekunden mußte ich Überlegen, ob ich diese Mär verbreite. Was soll`s. Hier ist sie.

Die Zentrale gab mir mir auf, mit Frau Selma Charlotte Amlos Einkaufen zu fahren, dort zu warten und auch gleich wieder zurück zu bringen. Alles normal, nicht Schlimmes.

Selma Charlotte lief mir schon in ihrer Einfahrt vors Auto. Ohne Tasche oder Hackenporsche enterte sie mein Taxi, lächelte mich zuversichtlich an.

“ Na dann, los geht`s. Sie fahren mich jetzt nach OHZ, zu Möbel-Meierhoff. Da kaufe ich ein Sekretär, passend zu meinem Schrank und dabei kann ich ihre Hilfe gut brauchen!“

“ Ja, gut, geht in Ordnung, ich tue mein Bestes.“

Eben noch die Zentrale informieren, das ich länger unterwegs sein werde. Auf dem Weg zum Möbelcenter kamen wir ins Gespräch. Wie immer bei „“Elderly People“ stand die Krankengeschichte auf dem Programm. Sie konnte nicht mehr so gut laufen, seit ihren Reitunfall vor 5 Jahren, berichtete die ca. 80-Jährige.

„Wissen sie, HerrTaxifahrer, es war eine schöne Treibjagd im Herbst. Eigentlich wollte ich die Sprünge auslassen, aber die Gruppe war so dicht beisammen, das ich mittendrin keine Chance hatte auszuweichen. Mein Pferd war überrascht und kam etwas ins straucheln, ich konnte es nicht mehr ausbalancieren und mit einer Rolle Vorwärts landete ich auf meinem Allerwertesten. Mit letzter Kraft konnte ich mich aufrappeln und stand auf sehr wackeligen Beinen da.“

„Oje, da hatten sie ja richtig Glück!“

„Naja, wie man es nimmt. Nachdem der erst Schock gewichen war, hatte ich das Gefühl, als wäre ich unten Offen! Mein Schambein war gebrochen, sie wissen doch was das ist!?“

Was sollte ich sagen. Wir haben keinen passenden Schrank gefunden. Aber mir erscheinen immer wieder Bilder. Wie das wohl wirklich ausschaut, da unten, so offen?

Schienenersatzverkehr

Norddeutschlands Taxifahrer/unternehmer blicken frohlockend auf die beiden vergangenen Tage zurück. Sonntag und Montag bescherten einen Umsatz, wie sonst nur an Silvester!

Tief Christian zeichnet verantwortlich für versperrte Straßen, kaputte Dächer, Autos und vor allem den Ausfall des regionalen Zugverkehrs.

Bei uns fing „Weihnachten“ schon am Sonntag um 13:00 an. Ein Baum hatte die Oberleitung der Nordwestbahn zwischen Bremen und Bremerhaven gekappt.

Die Züge hielten von Norden kommend in Stubben und von Süden her in OHZ. Wir bedienten die Stubbener. Die Züge waren besonders voll, zum einen wegen des Bremer Freimarkt, eines Eishockeyspiels, Rückreiseverkehrs und einem Konzert, auch in Bremen.

Schienenersatzverkehr (Busse) anzufordern scheint nicht ganz einfach zu sein. Gut für uns Taxileute. In der Zentrale liefen sämtliche Leitungen heiß und alle verfügbaren Wagen wurden umgehend besetzt und zum Bahnhof befohlen. Im Sekundentakt ging es dann ab nach Bremen. Als ich gegen 17:00, also 4 Stunden nach Zugausfall meinen Spätdienst antrat, begegnete ich meinem Chef, als er von seiner 4 oder 5 Bremen-Tour zurück kam. Ein breites, fröhliches lächeln war in seinem Antlitz eingemeisselt.

Im vorbeigehen ordnete er noch einmal an, weiterhin alle verfügbaren Kräfte zum Bahnhof zu ordern. Da bis jetzt noch nicht ein einziger Bus eingetroffen war, wurden jetzt auch die letzten der wartenden Bahngäste weich. Denn so ein Taxi nach Bremen schlägt mit ca. € 85,00 zu Buche! Und noch waren keine Gutscheine eingetroffen.

Ich hatte erst noch eine Ortstour zu absolvieren. Auf dem Rückweg fuhr ich über den Bahnhofsvorplatz und wurde umgehend von einem Bundespolizisten heran gewunken.

Er ordnete an, das die Dame hinter ihm jetzt als Nächste an der Reihe wäre.  Die Dame saß im Rollstuhl und hatte einen Begleiter. Prima. Das wird sicher eine dankbare Fahrt. Die Dame konnte sich noch ganz gut bewegen und das Umsetzten in den Passat ging ohne Schwierigkeiten. Schnell noch Koffer und Begleiter rein und los. Der Bundespolizist ruft in die Menge, das noch ein Platz nach Bremen frei sei. Nach kurzem Zögern stieg noch ein junger Student zu uns ein und wir verließen Stubben.

Kurz vor Bramstedt Lohe klärte ich den zuletzt Zugestiegenen noch auf, das er noch seinen Anteil verhandeln Möge. Ich plädierte auf ein Drittel der fahrtkosten und von Hinten kam Zustimmung. Der Student jedoch ging gleich in die Luft. Nein, er würde nichts bezahlen, schließlich hätte der Polizist ihn eingeladen, bei uns mitzufahren.

Ich hielt kurz an der Bushaltestelle Loher Kreuzung an und bat ihn, dann doch besser auf den Schienenersatzbus zu warten und hier wieder auszusteigen. Zurück zum Bahnhof sind es nur 3 km zu Fuß.

Maulend kringelte er sich auf seinem Sitz zusammen und sagte seine Teilnahme an der Umlage zu.

Der Rest war Routine und es gab dann später nur noch kurze Touren vom Bahnhof, es fuhren Busse.

Es ist jetzt Mittwoch Morgen 0:56 und seit Sonntag ist die Strecke immer noch nicht wieder frei. Heute Mittag soll es endlich so weit sein. Wir melden uns 🙂

Stadtrundfahrt oder 0,0 auf Alles

Eben bimmelte das Telefon. ER ist wieder dran. Er nuschelt schon, sein Pegel hat einen Punkt erreicht, an dem jede Taxifahrt mit IHM ein Glücksmoment oder eine Horrornacht werden kann.

ER möchte nach Bremerhaven. Aber Heute nicht zum Ficken in die Lessingstraße, so wie letzte Woche, sondern nur zum weiteren Saufen.

Ein Problem war nur der Wochentag. Montagsabend ist hier in Bremerhaven nicht los.

„Fahr zuerst zu „Blondie“, gab er die Zieladresse vor.

In Hafenstraße angekommen zeigte das Taxameter € 24,00, als wir vor dem „Blondi“ ankamen. Ein kurzer Blick genügte, um festzustellen, das keine Trinkkumpanen anwesend waren.

„Jetzt zum „Blauen Peter“

Eigentlich eine Bank, diese Kneipe in der Rickmersstraße. Alles was keinen Rang und Namen hat, verbringt hier die Nächte. Nicht aber diese Nacht. Ich hatte einfach kein Glück mit IHM. Jetzt kam, was kommen mußte. Bei nun schon € 28,30 kam es das Gespräch auf den Fahrpreis.

„So, is teuer genuch, mach ma aus den Wecker. Den Rest fährste mich so, gibt auch Tip für dich!“

Und ich natürlich wieder voll das sture Taxifahrerarschloch, das keinen Cent nachgibt und die Uhr laufen lässt, bis zum Jüngsten Tag!

Nach einem kurzen Runde durch die Lessingstrasse war klar, das Heute wieder die Horrorvariante angesagt war. Gefrustet davon, noch keinen Anschluß gefunden zuhaben konnte er es nicht lassen, bei herunter gelassenem Fenster erst einmal ein paar Huren anzupöbeln und die Aufmerksamkeit einer Rotte Luden an der nächsten Karaoke-Bar auf mein Autochen zu lenken. Gekonnt ließ ich den Motor im ersten Gang etwas heulen und umfuhr die sich kampfbereit machenden Bullterrier geschickt.

ER hing natürlich mit halb geöffneter Beifahrertür fast ganz auf der Straße, um sich mit ausgestrecktem Mittelfinger zu verabschieden.

Jetzt fragt ihr euch natürlich, warum ich den Typ nicht einfach auf die Straße setze? Der Grund ist, das auch ich käuflich bin. Und ER gibt immer reichlich  Schmerzensgeld Trinkgeld. Bisher immer mindestens einen 10er, auf die angefangene Stunde gerechnet.

„Jetzt mal in die „Alte Bürger!“

Auch in der Bürgermeister-Smid-Straße nichts los und bei 38,10 auf der Uhr machte ich den Vorschlag, die Heimreise anzutreten. Und Zwar gratis. Es liegt genau auf meiner Feierabendstrecke und so konnte ich IHN wieder los werden, ohne zukünftige Geschäftsbeziehungen zu gefährden.

ER gab sich für Heute geschlagen, ich sollte IHN nach Hause fahren. Aber erst noch zur Tanke, eine Flasche Jim Beam bräuchte er noch dringend.

Mit der Buddel unterm Arm zählte er seine Euronen durch, übergab mir 40,00 für die Fahrt und 20,00 für die nette Betreuung.

Kurz vor der Ablieferung trafen wir dann noch auf einen Konvoi, die Straße war versperrt und es entspann sich noch ein kurzer Dialog, wer will kann ihn sich reintun. Und wenn ihr das anschaut/hört, auf bis zum Ende durchhalten, wegen der Pointe!