„Hast du Heute Abend etwas vor?“ (1)

Freitag, der Tag aller Tage für die arbeitende Bevölkerung, die das Wochenende mit Freizeit, Party, Familie usw. verbringt, insofern der Job nicht einem Taxifahrer, Kellner, Polizist o.ä. gehört.

Der Freitag dieser Woche sollte nur ein ein kurzes Intermezzo für mich sein, bevor ich mich auch unter die chillende Restbevölkerung mischte. 14:00 bis 20:00 stand auf dem Dienstplan, wie immer alle 14 Tage. Nach einigen Touren im Dunstkreis unserer Zentrale wuchs in mir der Wunsch nach einem heissen Bohnenkaffee! Ich bog kurzum auf unseren Hof ab und setzte mich zwecks Beaufsichtigung des gelangweilten Zentralisten „Dodo“ an den Tisch in seinem Rücken und beobachtete das Treiben auf seinen Monitoren.

Ein Monitor zeigte, wo sich unsere Wagen zur Zeit aufhielten. Der Bildschirm wird alle 8 Sekunden aktualisiert und man kann mit etwas Übung sofort die Fahrrichtung der Taxen feststellen. Meine Kennnummer leuchte hellgrün – für frei -, genau über uns und war regungslos! Gelegentlich läutete eines der Telefone, Kollegen krächzten etwas über den Funk, oder eine schauerliche Fanfare kündigte den Eingang einer Sammeltaxi-Bestellung in Outlook an.

Das Telefon bittet um Aufmerksamkeit. Der „Dodo“ schreibt aber erst mal gemütlich eine andere Tour in den Computer. Das nervt. Das bimmelt und bimmelt, bis er mittels Drehstuhl gemächlich um 90 Grad nach links schwenkt und den Hörer abnimmt.

„Aha! Aha! Moment bitte, ich sag’s ihnen gleich……Ca. € 650,00! Soll kommen, ja? OK, ich schicke einen Fahrer los, bitte halten sie Bargeld bereit, wir verarbeiten keine Kartenzahlungen! Hatter!? Dankeschön, Auf Wiederhören!“

„Ey, HerrTaxifahrer, hast du Heute Abend schon was vor?“

Türlich war dieses Gespräch nicht ohne innerliches Beben, erhöhtem Herzschlag und Stoßgebeten an mir vorbei gegangen. So eine geile Tour würde ich niemals sausen lassen, allein schon wegen der Story für den Blog!

„Äh, lass mich überlegen, nein! Ich bin dabei! Wo geht es hin?

Ihr Auftrag, HerrTaxifahrer!

Ihr Auftrag, HerrTaxifahrer!

Gut 600 Kilometer hin und zurück, kein Pappenstiel, aber das passte noch genau in mein Raster. Rekordumsatz ich komme.

Ich nahm meine Tasche, überlegte, was ich auf dem Weg zum Treffpunkt noch erledigen muss, damit ich nicht Unterwegs in Stress komme.

  • Tank:Voll
  • Blase:Leer
  • Getränk:Genug mit
  • Kaffee:Erst auf dem Rückweg
  • Essen:Diät
  • Laune:Top

So, jetzt los, melde mich Sonntag Abend mit der Fortsetzung!

Sudstrade

Ich hatte mit meinem Sprinter  gerade die 1. Position der Taxischlange vor dem Pam Pam bezogen, als ein hemdsärmeliger Mann aus der Disco auf mich zu kam:

Kannst du meine Leute fahren, sind aber nur zu viert?!

„Ja, sicher!“

„Was kostet es nach Wilhelmshaven?“

Vollkommen unbeeindruckt erscheinend zückte ich meine Für solche Fälle angelegte Preistabelle, fand schließlich die Spalte mit den Orten Links der Weser und berichtete:

„€ 180,00, bis Ortsmitte!“

„OK, Moment, hier, das sollte reichen! Ich brauch aber ’ne Quittung!“

Wie gewünscht stellte ich den Beleg über € 180 aus, verstaute den Betrag zzgl. Bonus in meiner Börse und wartete auf seine „Leute“. Sie würden mir ihr Ziel nennen.

„Sum Sudstrade!“

Kurz angebunden, ohne mich anzuschauen, erteilte der Mann aus dem Fernen Osten, mit dem für diesen Abschnitt der Erde typischem Singsang in seiner Stimme, die Adresse.

Lässig tippte ich ins Handy die „Südstrasse“ ein. Da in Hagen das Netz sehr schwach auf der Brust ist, schlug ich die grobe Richtung  ein, fuhr los und harrte der Streckenführung aus der Naviweichware. Selbstverständlich kannte ich den Weg nach WHV auch ohne Hilfe aus dem Netz auswendig, doch wegen der Ausdehnung der Stadt am Jadebusen war es ratsam, das Ziel vorher anzuvisieren!

Kurz hinter dem Wesertunnel, so meine Erfahrung, würde ich mit technischer Unterstützung rechnen können.

„Zieladresse nicht gefunden!“

Etwas enttäuscht guckte ich auf das  Display, kontrollierte die Schreibweise, fand keinen Fehler.

Ich lehnte mich zurück, drehte meine Kopf nach Rechts, so, das ich die Straße gut im Auge behielt und nahm  Kontakt nach hinten auf. Es antwortete einer, der Englisch mit skandinavischem Akzent sprach. Die anderen drei, schliefen schon.

„We want to go to the Sudstrade, you know!?

SOUTHBEACH!“

Jetzt klingelte es bei mir und ich befragte das Navi erneut, „Südstrand“ eingebend….. und umgehend erschien eine Auswahl an Wegstrecken dort hin.

Der „Däne“ verlies uns am „Southbeach“, die Anderen mussten etwas weiter.

Der Weg führte uns über eine wunderschön ausgeleuchtete, wie ich vermute, historische Brücke. An jedem Ende mit einer Ampel und Kontaktschleifen versehen, kann sie immer nur in eine Richtung gleichzeitig überquert werden.

IMG_7200.JPGDiese Brücke ist das Wahrzeichen Wilhelmshavens, wie ihr hier nachlesen könnt. Im Hellen wirkt das Bauwerk weniger fragil, denn es ist ein beweglicher Stahlkoloss.

Alles in Allem war es eine gelungene Nachtfahrt und ich freue mich schon darauf, euch zu berichten, wie es dort am Tage ausschaut, sollte ich dorthin gebucht werden!

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