Meinungsfrage

Die Familie wartete am Fähranleger auf der Sandstedter Seite. Eigentlich wollte sie die Weser im eigenen Auto sitzend auf der Weserfähre überqueren. Wegen Straßenbauarbeiten an den  Wesertunnel-Zufahrten war dieser allerdings einseitig in Richtung Osten gesperrt und die Pendler bzw. Reisenden auf die Fähren in Bremerhaven, Sandstedt und Farge angewiesen.

Trotz der erheblichen Wartezeiten von durchschnittlich 3 Stunden wollten viele nicht den Umweg über die Bundesstrasse 75 in Bremen von Westen her auf sich nehmen. Unsere Protagonisten hatten allerdings gar keine Zeit mehr, denn es war kurz vor fünf und der Laden, in dem sie ein neues Auto kaufen wollten würde um 18:00 schliessen. So entschloss sich der Familienvater unter Einsatz seines Lebens die Schlange an der Rampe zu überholen. Dies gelang ihm auch, unter Hupen und Beschimpfungen durch die brav Wartenden.

Doch statt auf die Fähre zuzusteuern lenkte er auf den Parkplatz, um mit Kind und Kegel die Fähre zu Fuß zu besteigen, während im Stau hinter ihnen mehrere Männer unter den Tiraden ihrer Frauen kollabierten, weil sie nicht auch „Eier“ zeigten und einfach vorfuhren!

Während sie die obligatorische Bockwurst auf der Überfahrt verzehrten, erhielt ich den Auftrag sie zum Autohändler nach Hagen, dem mit vielen Volkswagen im Angebot, zu bringen. Pünktlich mit eintreffen der Fähre Sandstedt erreichte auch ich den Anleger und ludt.

Nachdem ich versicherte, das wir den Händler in wenigen Minuten erreichen würden, wurde es etwas still im Fond. Der Sohn saß eingequetscht zwischen seinen Eltern und rang vorsichtig nach Luft. Das war das einzige Geräusch, dieses hecheln.

Kurz hinter dem Freudenhaus in Sandstedt brach der Vater das Schweigen und das Tor zur Hölle öffnete sich.

HerrTaxifahrer, meine Frau und ich, wissen sie…wissen sie….., wir haben uns in den vergangenen Wochen sehr viel mit der Auswahl des Modells beschäftigt und nach der letzten 18-stündigen Sitzung überzeugte mich meine Frau, das es ein VW-Touran sein wird! Besonders schlagend war das Argument, das ich ansonsten aus dem gemeinsamen Haus auszuziehen hätte, sollte ich gedenken, eine andere Auswahl zu treffen!

Soweit, so gut!

HerrTaxifahrer,…. nun,…..sie sind doch neutral, weil…, sie kennen uns ja garnicht und sind sozusagen neutral, nicht!? Deshalb wollen wir, meine Angetraute und ich, einmal ihre Meinung zu Rate ziehen. Sie sind ja schliesslich schon von Berufswegen so etwas wie ein Spezialist, ein Kenner, mit Erfahrung!“

Ich hatte Mühe die Strasse im Auge zu behalten, denn ich war etwas in meinem Sitz zusammen gesackt. Neutral? Der hat ja `ne Schraube locker oder er ist so ein Psycho, der kurz bevor er uns alle mit in den Tod nimmt, sich an den letzten Strohalm klammert, mich! Seine Frau hatte doch schon entschieden. Mich einzumischen währe doch gefährlich. Und nachher hätte sie auch noch das Portemonnaie und würde mich nicht bezahlen.

Nein, da ist Vorsicht geboten!

„OK, sie brauchen uns ja nur einen klitzekleinen Tipp geben! Welche Farbe sollen wir nehmen?“

Bis zu diesem Zeitpunkt stand diese Frage also völlig frei im Raum und ich hätte in etwa so geantwortet:

„Grau, graumetallic! Das ist voll im Trend. Unempfindlich, wirkt immer sauber und adrett.!“

Doch der „schlaue Held“ legte noch einen Satz nach:

Also, sie sollen jetzt entscheiden! Meine Frau will weiß, ich grau! Was denken sie, HerrTaxifahrer, welche Farbe sollen wir nehmen, wir sind uns nur in diesem Punkt noch nicht ganz einig!“

Peinlich, peinlich! Eigentlich sollten Männer immer zusammenhalten, aber es gibt Grenzen. Schließlich würde diese Tour nur gut 12 Minuten dauern, keine 18 Stunden. Ihr könnt euch sicher denken, was ich vorgab zu favorisieren, denn seine Frau erwiderte auf meinen Vorschlag:

„Siehst du Schatz, Taxifahrer haben einen vernünftigen Geschmack und lassen sich nicht von Irgendjemandem unter Druck setzen!“

P:S: Ihr Trinkgeld war fürstlich!