Fehlermeldung

Normalerweise sitze ich am Wochenende auf einem Renault Trafic. Dieser Franzose ist das Fitnessstudio unter den Kleinbussen, denn wenn die Wagen etwas mehr als 100.000 Km auf dem Buckel haben, beginnen sie sich langsam aber sicher aufzulösen. Die Lenkung geht so schwer wie bei einem 50er-Jahre Ackerschlepper mit Frontlader, die Schaltung mutiert zu einem Glücksrad und die Türen gehen so schwer auf, man hat das Gefühl im Wageninneren herrscht ein Vakuum. Besonders ätzend wird es bei voller Auslastung. Der Doppelsitz neben dem Fahrer ist eher etwas für Fliegengewichtler. Aber wie der Teufel es will, steigen immer die Breitesten vorn ein. Da ist dann Körperkontakt beim Schalten unvermeidbar. Oft fahre ich gleich auf die Autobahn, auch wenn der Weg länger ist, nur damit ich nicht so oft den Gang wechseln muß!

„Ehrlich, ich reibe nicht gern an fremden Körpern!“

Das aber nur am Rande, denn voller Begeisterung fuhr ich zum Dienst, denn ich durfte die neue Caravelle fahren. Das Ding schnurrt wie ein Kätzchen, das Doppel-Kupplungsgetriebe schaltet sanft und das Lenkrad dreht sich spielerisch.

Gleich die erste Tour ging besetzt nach Hüttenbusch. Das Finale der Erntewagen-Festivals fand statt und damit ist  die Saison der bunten Gefährte beendet.

Die Leute hatten gute Laune, ich spielte Musik vom Ballermann und die Fahrgäste waren in Stimmung. Ich ludt gerade am Ziel auf dem Parkplatz der Volksbank aus, sie sammelten noch das Geld ein, da hämmerte auch schon Jemand an meine Scheibe.

„Das wird aber auch Zeit, wir warten schon 30 Minuten. Nun mach mal hinne!“

Von einer Anschlußfahrt wusste ich noch nicht, aber die Zentrale bestätigte über Funk. Allerdings sollte es erst in einer halben Stunde zurück gehen. Wer sich da geirrt hat, kann ich nicht sagen. Jedenfalls war ich froh, gleich weiter zu können.

Die neuen Fahrgäste gerierten sich sehr unleidlich und wie bereits befürchtet, quetschten sich zwei gut gebaute Jungbauern zu mir nach vorn. Dabei fuchtelten sie ordentlich mit den Armen, und begannen sogleich im Kanon einen Festpreis, natürlich die Hälfte vom eigentlichen Preis, zu fordern. Ich hab dann nur ganz kurz gebeten wieder auszusteigen und sich ein anderes Taxi zu rufen. Mich wunderte dann zwar, das sie sofort aufgaben zu feilschen und nur noch schnell zur Disco nach Lintig wollten.

Als ich den Gang einlegte leuchtete eine Fehlermeldung auf. Die Schiebetür, welche elektrisch verriegelt, sei nicht komplett geschlossen. Ich konnte so vom Fahrersitz nichts erkennen und stieg aus, um die Sache aus der Nähe zu beäugen.

Offensichtlich hat irgendetwas verhindert, das die Tür einrastete und ich dachte, ein neuer Versuch könne nicht schaben. Dazu öffnete ich die Tür erst wieder, um sie danach erneut zu schließen.

In diesem Moment purzelten ein paar Teile aus dem Wagen, welche höchst ursächlich für den Türstau gewesen waren. Zwei schmale Männer hatten sich zwischen Sitz und Tür verkeilt und waren ohne Halt aus dem Wagen geplumpst. Dabei fiel mir auf , das auf jeder der zwei Dreier-Bänke zusätzlich noch eine junge Frau auf den Knien der Fahrgäste lag.

Jetzt leuchtete mir auch ein, warum die Typen gleich so einen Aufriss gemacht hatten. Er sollte der Ablenkung dienen, was ja auch Früchte trug.

Nun, ich zählte durch, bis nur noch acht Personen außer mir im Taxi saßen, ließ mich als „Alter Sack“ und „Arschloch“, sowie „Servicefeind“ betiteln und man würde es mir auf Facebook heimzahlen!

Ich rechnete den voraussichtlichen Fahrpreis aus und lies mir einen Betrag im Voraus geben. Sicher ist sicher! Alle waren richtig sauer auf mich, weil ich so unfair sei und nicht alle mitnehmen würde. Schließlich wäre ja noch genug Platz gewesen.

Ich entschloß mich für den Rest der Tour auf Durchzug zu schalten um meine Nerven zu schonen. Eine gute Dreiviertelstunde später war ich endlich wieder frei und atmete auf.

Zum Glück konnte ich den Rest des Abends dann nur noch normale Fahrgäste befördern!

„Leute, ich bin echt nicht empfänglich für so einen Scheiß! Ich möchte Menschen von A nach B transportieren und das ist meine Aufgabe. Und ich bin nicht reich, weil ich das Fahrgeld nicht Brutto für Netto in die Tasche stecken kann, sondern es meinem Chef schulde.“

Ach ja, das Pam Pam in Hagen wird vielleicht Ende des Jahres schließen. Das Grundstück steht für etwas über eine Million € im Internet. Das ist nicht schön für die Taxiunternehmer in unserer Gegend, denn damit fallen sicher 30% weniger Touren an Samstagen an. Aber ich persönlich weine dem keine Träne nach, denn die Besucher dort sind selten volljährig oder besitzen ein eigenes Einkommen. Das Gejammer um die Fahrpreise ist dort immer sehr gravierend. Vielleicht fahre ich dann nicht mehr so oft Bus am Wochenende, sondern einen Daimler oder Caddy.

In diesem Sinne, bis die Tage!

 

 

Fehlermeldung

Letzte Nacht fand der letzte Erntewagen-Umzug unserer Region in diesem Jahr  statt. Im Dörfchen Hüttenbusch rollen seit Jahren die Wagen vieler Landjugenden und Vereine durch die Nacht, prachtvoll geschmückt, mit viel Liebe gebaut und beleuchtet. Die Anwohner tragen ebenso ihren Beitrag dazu.

Seit einem schweren Unfall vor ein paar Jahren, dürfen die Teilnehmer nicht mehr auf ihren Wagen an- und abreisen, sondern kommen mit Bussen oder dem Taxi.

So weit, so gut. Ich schlug also dort auf, um eine Ladung Jungbauern in meine Caravelle einzuladen und zurück in heimische Gefilde zu bringen. Der Treffpunkt an der Volksbank war wohl gewählt, denn von weitem sichtbar und mit einem Wendeplatz versehen. An diesem speziellen Abend jedoch hoffnungslos überlaufen.

Mehrere Kleingruppen stoben auf mich zu und umringten meinen Wagen. Durch das nur einen kleinen Spalt geöffnete Fenster hörte ich mir die Namen an und endlich war auch der meiner Fahrgäste dabei. Ich entriegelte die Türen und nach einem kurzen Tumult war das Taxi voll und ich fuhr ab.

Doch da blinkte und piepte mich mein Taxilein an: Die seitliche Schiebetür sei nicht komplett geschlossen. Normalerweise zieht sich die Tür mittels eines kleines Motors von selbst perfekt zu, umso mehr war ich erstaunt und schaute nach, was dir Tür blockierte.

Und gerade in dem Moment als ich die Innenbeleuchtung anschaltete, tauchten auf der mittleren Seite 2 Köpfe ab, dennoch erblickte ich immer noch 3 Fahrgäste.

Alles klar!

Man hatte mich überlisten wollen, und enterte meinen Wagen mit 10, statt wie maximal zulässig mit 8 Personen. Fast hätte das auch geklappt, jedoch verhinderte der in der Tür eingeklemmte Fuß eines Fahrgastes das Vorhaben!

Zum Glück kooperierten die jungen Leute und entschieden eigenständig, wer wieder aussteigen sollte und wir konnten die Tour wie geplant fortsetzen.

Zum Schluß noch ein Tipp in eigener Sache:

Wenn ihr ein Taxi zu einem sehr belebten Ort bestellt, lasst euch von der Zentrale die Ordnungsnummer geben. Die ist in jedem Taxi oder Mietwagen hinten Rechts im Fenster deutlich sichtbar angebracht. Dann erspart ihr euch die Enttäuschung, von einigen Taxifahrern abgewiesen zu werden und der dem Fahrer die Sorge, Jemanden aus dem Pulk beim Kampf ums Taxi zu überfahren!

Merksatz:

Im dunkeln auf einer Dorfstrasse vor ein fahrendes Taxi zu springen macht ähnlich dolle Beulen wie ein Güterzug!

Weiterhin Gute Fahrt und ein schönes Restwochenende!

P.S. Ich bin zur Zeit sehr gereizt, mache mal wieder Diät.

Götzenbilder

500 Jahre und ein Tag nach der Reformations-Bewegung sah ich doch im Vorbeifahren aus dem Augenwinkel einen Kollegen vor der hölzernen Tür unserer Zentrale knien, eben Diese anbetend.

Um dann fortzufahren, Teile des Rahmens und des Schlosses zu streicheln. Er steckte sogar mehrfach, abwechselnd den Zeigefinger seiner rechten und linken Hand in ein kleines, rot beleuchtetes Fach. Außenstehende hätten annehmen können, er strebe womöglich eine innige Beziehung zum Tor der Zentrale an!

Das konnte ich nicht mit ansehen, stoppte mein Taxi und drehte um, bog auf den Parkplatz ein und half dem Kollegen. Er hatte vor lauter Erregung schon richtig Schweiß auf der Stirn und seine Stimme bebte. Ich begann das elektronische, fingerabdrucksensorgesteuerte Schloß zu überlisten, indem ich einfach meine Fingerkuppe scannen ließ.

Und der Piepton, gefolgt von einer grün leuchtenden LED quittierten die Zugangsberechtigung.

So konnte ich einmal wieder eine Seele vor der Verdammnis retten!

Kurz vor dem Ziel krachte es…..

Mein Kunde wurde kreidebleich und drohte in sich zusammenzusinken. Bis hier hin war die Tour völlig planmäßig verlaufen.

Keine Tiere mitten auf der Straße, die Piste trocken, und die Straßen leer. Warum mußte das ausgerechnet mir passieren. Einfach so, aus heiterem Himmel. Ich muß zugeben, das ich auf den letzten Metern etwas zu leichtsinnig gewesen war. Ganz klar, das war Alles meine Schuld, mein Versagen. Wie erkläre ich das bloß meinem Chef. Vor 14 Tagen erst der große Wildschaden und nun dies auch noch.

Das Drama nahm seinen Lauf gleich zu Dienstbeginn:

„Sattele den Caddy und arbeite die Einkaufsliste ab! Herr B. Soffski wartet auf seine dringende Lieferung aus der Apotheke und bitte auch die restlichen Sachen von der Einkaufsliste mitbringen. Döner ist schon bestellt, brauchst du nur noch abholen!“

Station für Station erledigte ich meinen Zettel, nicht ahnend, welche zerstörerischen Kräfte sich an diesem Nachmittag noch entfalten würden. Routinejob. Eben etwas shoppen und dann ausliefern. Easy! Tausendmal gemacht!

Die Dame von der Apotheke erreichte ich genau eine Sekunde vor Ladenschluss! „Hier, ist Alles in der Tüte. Bitte sofort hinbringen. Herr S. hat Schmerzen!“

Noch schnell zum Döner. Stand schon auf dem Tresen, der Maxiteller „mit Alles“! Ich beglich die Rechnung, sortierte sie zu den Anderen in meine Börse und machte mich auf den Weg. Um diese Zeit herrschte eigentlich Berufsverkehr aber irgendwie nicht auf meiner Strecke, denn es war Sonntag Abend so trat ich das Gaspedal etwas tiefer hinunter als gewöhnlich.

„Wenn ich pünklich sei,“ so die Zentrale,“ wäre mir ein fettes Trinkgeld sicher!“

Das spornte mich natürlich an. An erster Stelle stand natürlich die Sicherheit, dann erst die Gier! Das hat uns der Chef immer eingehämmert, denn er müsse schließlich für den Schaden aufkommen, wenn etwas passiert.

Der letzte Satz schoß mir noch einmal durch den Kopf. „Das gibt Ärger!“ Ich hatte es eigentlich fast geschafft.

Es waren nur noch etwa 5 Meter! Nur noch um eine Hausecke, dann wäre ich endlich dort und könnte meine Ladung loswerden. So langsam wurde sie nämlich etwas schwer.

Ich hatte auf den Kasten Haake Beck Pils (30×0,33) wie immer den Dönerteller und 2 Flaschen Alter Senator gestellt. Die Tüte mit dem Aspirin passte da auch noch ganz gut hin.

Nun klemmte ich meine Geldbörse unter den linken Arm, hob den Kasten mit Inhalt auf meine Knie und betätigte die Zentralverrieglung mit dem Schlüssel in der rechten Hand.

„S******E!“

Ich hatte das Gartentor zum Haus meines Kunden nicht geöffnet. Zum Darübersteigen war die Pforte zu hoch. Ich beugte mich etwas nach vorn um den Riegel zu betätigen. Prompt verrutschte das Dönertier und nur mit Mühe konnte ich die Balance halten. Die Tür war nun auf und ich ging vorsichtig weiter zum Hauseingang.

Da stolperte ich ein wenig über die Randpflasterung und drehte mich einmal komplett um mich selbst um nicht zu stürzen. Leider war da noch die Zentrifugalkraft und da wurden in diesem Moment Grenzwerte überschritten, die die Kornflaschen an ihrem Platz hielten.

Mit einem lauten „Peng“, klatschte eine Flasche auf den Gehweg und zerbarst in tausend Scherben. Das gute Nass sickerte sofort in die Fugen und stieg mir außerdem noch in die Nase.

„Oh Gott! Was machst du da, HerrTaxifahrer!?“

Mein Kunde hatte das Geschehen von der Treppe aus beobachtet und drohte ob des Gesehenen zu kollabieren.

Schnell rief ich ihm zu, das nur eine Flasche gefallen sei, worauf hin sein Antlitz umgehend wieder Farbe annahm.

„Trinkgeld gibt`s heute aber nicht!“, wurde mir dann förmlich mitgeteilt. Gefolgt von einer Belehrung über Transportsicherung und Verantwortung und so weiter und so fort.

Zum Abschluss sei noch gesagt, das mein Chef bis Heute nichts davon erfahren hat. Er soll einmal ein paar Tage ruhig schlafen können. Außerdem stellte ich beim Verlassen des Grundstücks fest, das von außen gesehen, links neben der Pforte überhaupt gar kein Zaun angebracht ist. Das war mir in 6 Jahren bei diesem Stammkunden nicht aufgefallen.

 

 

P.S. Service-Merkspruch des Tages:

Sei ein guter Taxifahrer und benutze die Pforte, auch wenn links kein Zaun ist!

Dieser Spruch ist abgeleitet von einem, den ich vor 35 Jahren in der Barbara-Kaserne Delmenhorst auf dem Klo einer amerikanischen Einheit gesehen hatte. Es handelte sich dabei um ein offizielles Dokument, keine Scheißhaus-Pinselei. Es war neben jedem Waschbecken und auch auf jeder Tür unter Elefantenhaut zu lesen:

„Be a good soldier always, not only if somebody is watching you!“

„Sei immer ein guter Soldat, auch dann, wenn Niemand zuschaut!“