Fahr erst mal los!

An einem schönen lauen Mittwoch Abend wurde ich zur $Bundesstrasse, Hausnummersoundso gerufen. Ein Mann mittleren alters stieg zu und es soll nach Bremerhaven gehen. Grobe Richtung Kiez. Auf der Hafenstaße angekommen erhielt ich ein paar „Hier Rechts-Hier Links“ Anweisungen und ein  „Hier bitte am Straßenrand anhalten und warten, es geht gleich noch weiter“.

Ich schaute meinem Begleiter hinterher. Er ging zu einem Haus mit einem großen, geschlossenen Holztor und schlug mit der Faust  einige Male gegen dieses und schaute nach Oben. Im ersten Stock wurde eine Werder-Fahne aus dem Fenster geschwungen. Mein Fahrgast wechselte nun die Straßenseite und und verschwand in einer Haustür.

Nach 5 Minuten kam er schnellen Schrittes zurück und nahm wieder bei mir Platz.

„Wo geht es jetzt hin?“ stellte ich die wichtigste Frage in unserem Gewerbe.

„Fahr erst mal los!“ bekam ich zurück.

“ Äh rechts oder links rum ?“

„Fahr erst mal, ist egal“

Ich biege hier und da mal ab, und neben mir wird im Handy das Adressbuch durchsucht, eine Nummer gewählt. Keiner geht ran. Neue Suche, neuer Anruf, es geht Jemand dran.

„Ey Alter, haste was da? Ich bin in 5 Minuten bei dir. Waaaas, in einer Viertelstunde soll ich erst kommen?, nein kannste vergessen und aufgelegt. Wieder Kontaktsuche im Dingens.“

“ HerrFahrgast, soll ich nicht eben anhalten, bis sie das Fahrziel wissen?“

“ HerrTaxifahrer, wie oft soll ich es noch sagen, fahr einfach irgendwo hin !!!“

Ööööhem, endlich eine klare Ansage. Ich dachte mir, fahr mal Richtung „Alte Bürger“. In der Straße gibt es viele Kneipen und vielleicht will will der da ja hin. Ich fand es schon mal Gut, das reichlich Leute unterwegs waren, um mir ggf. zu helfen.

“ Bist du jetzt da?“ schreit mein Beisitzer ins Mikrofon. „Was immer noch 10 Minuten?, du kannst mich mal!“

„Fahr mich wieder zurück nach Hause, ich hab keinen Bock mehr.“

Na Prima, wollte ich doch an der nächsten Kreuzung auf die Autobahn gen Paris abbiegen. Also wieder Richtung Ausgangspunkt gesteuert.

Neben mir knistert es. Ein kleines Päckchen wird geöffnet.

„Haste mal nen Blatt Papier für mich?“

Ich schau in meine Mappe und reisse eine leere Seite aus meinem Fahrtenbuch.

“ Hier, bitte sehr, die Rückseite ist nicht bedruckt. Brauchen sie auch einen Kuli?“

“ Ach was, geht auch ohne!“

Er halbiert das Papier auf DIN A5 und faltet eine Hälfte. Die andere teilt er wieder und formt ein Röllchen. Oho, mir schwant etwas. Mit geschickter Routine misst er ein Quantum aus dem Päckchen ab und verteilt es in der Ritze des vorher geknickten Papers. Ohne auf mich zu achten, schnieft er da so ein Pülverchen ins Resthirn, lehnt seinen Kopf zurück, als hätte er Nasenbluten. Rubbelt dann kurz sein Riechorgan und schaut erfrischt und zufrieden drein. Jetzt räumt er auf. Röllchen ins Tütchen, Tütchen ins Päckchen und nur noch fein mein Formular in der Luft gewedelt und drüber geblasen.

Meine Nase wurde auf einmal so trocken. Uh. Hab ich eine Prise abbekommen? Ich bin mir nicht sicher. Mein Zinken schloss sich. Langsam  glaubte ich wirklich, eine gute Dröhnung inhaliert zu haben. Fenster auf und Frischluft tanken half etwas.

Da mir der Geselle nun nur noch auf den Geist ging, fragte ich nicht nach, sondern wollte ihn nur noch schnellstens wieder loswerden. Am Startpunkt angekommen  fix abkassiert, lustigen Abend gewünscht und das Weite gesucht.

Die Nase fühlt sich wieder besser an, der Flüssigkeitshaushalt hat sich anscheinend von selbst reguliert. Ich reisse alle Fenster bei voller Fahrt auf, in der Hoffnung, auch das letzte klitzekleine Staubteilchen würde vom Winde verweht.

Fragen an euch Leser:

  1. Bin ich jetzt süchtig?
  2. Bin ich ein Drogenkurier 🙁 ?
  3. Habt ihr auch schon mal „passiv“ geschnieft?

Warte bis Heute auf Entzugserscheinungen. Oder war meine Einbildung einfach nur so stark?

Hiiiiiiilllllfeeeeeeeeee !

6 thoughts on “Fahr erst mal los!

  1. Der Banker says:

    Süchtig bist du, wenn du das Zeug wieder haben musstmusstmusstmusst.
    Die reine Psyche kann einen auch schon ziemlich umhauen, wenn man sich einbildet, man hätte etwas abbekommen.
    Ich kenn mich mit dem Zeugs nicht aus, aber ich würde schätzen, dass man doch als Erstkonsument schon einen erkennbaren Bruchteil von der Linie, die dein Fahrgast gerade reingezogen hat, nehmen muss, um eine deutliche Wirkung zu spüren.

    Drogenkurier? Kaum. Du bist Taxifahrer und kannst erst mal nix für deine Fahrgäste. Das Gegenteil müsste man die erst mal beweisen.
    Ich würde mir, wenn ich schon befürchte, von dem Zeug „genügend“ abbekommen zu haben, eher Sorgen um den P-Schein machen.

    • HerrTaxifahrer says:

      Danke, dann bin ich ja beruhigt. Dachte schon, das wenn die NSA sich wieder meine Haarabschnitte vom Stammcoiffeur schicken lässt, würde ich sicher verhaftet.

  2. Hans says:

    Kein Junkie der Welt würde eine Menge an Drogen, die noch eine relevante Wirkung entfalten könnte, einfach so wegwerfen / in die Lust pusten. Grade, wenn er versucht hat, noch was zu kriegen, aber nichts bekommen hat (und demzufolge mit dem Rest-Zeugs, das er noch hat, auskommen muss).

    Du musst dir da sicherlich keine Sorgen machen.

    • HerrTaxifahrer says:

      Das kannst du so nicht einfach schreiben. Ich war 2 Jahre in Therapie wegen dieser einen Taxifahrt :-). Der Entzug war grauenvoll.
      Meine Frage war nicht tragisch ernst gemeint! Aber Danke für deine Worte, wenn es mal wieder passiert, bin ich informierter!

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