Hausbesuche

Mein nächster Auftrag wartete 2 Nummern hinter der angegebenen Adresse. Winkend machte sie auf sich aufmerksam, was jedoch völlig unnötig war, hatte sie mein Taxifahrerauge schon bei der Einfahrt in die Straße erblickt.

Sie hob sich so enorm von der in dieser Gegend – Straßen, benannt nach verschiedenen Sorten Beerenobst – wohnenden weiblichen Menschen ab, das ich befürchten musste, das jeder, der auf ihrer Höhe hielte für einen Freier gehalten werden würde!

Sie wollte nach Lehe gefahren werden, einen Stadtteil Bremerhavens, in dem sie genauso wenig in die Fauna passte wie in dieses unbescholtene Örtchen mit dem Prädikat „An der B 71“. Ach ja, ein Wasserwerk gibt es auch noch.

Sie redete nicht mit mir, schob unentwegt den Zeigefinger über den Bildschirm ihres Handys,

Als das Taxameter allerdings in die Nähe von € 40,00 tickerte, zuckte sie auf einmal und plapperte etwas von Festpreis. Darauf hatte ich nur gewartet und erklärte:

„Nicht bei mir und erst recht nicht so kurz vorm Ziel junge Frau! Oder dürfen ihre Kunden kurz vor dem „Happy Ending“ noch einen Rabatt aushandeln, während sie an ihnen herumbasteln!?“

Die Temperatur im Taxi fiel um gut 5 Grad Celsius, aber ich hatte sowieso einen Pulli an. Sie tippte hektisch Whattsapp-Nachrichten!

Am Ziel erwartete uns ein wenig freundlich ausschauender Mann. „Er würde mich bezahlen und ich dürfe auf keinen Fall erzählen, woher wir kämen!“, trug sie mir auf.

Ich öffnete mein Fenster einen Zentimeter, nahm einen mir reingesteckten Fuffi entgegen und schob kommentarlos einen 5er zurück.

Ich war ehrlich froh, da raus zu kommen. Für mich als Dorfkind sind solche Ecken zu gruselig, das dort wuselnde Nachtvolk zu anstrengend. Ein falscher Blick, ein missverstandenes Wort und du wirst getötet. Um sich hier wohlfühlen zu können, sollte man hier geboren sein.

So empfinde ich ehrlich, ich bin auch schon zu alt für Streetfight’s!

Schönes Wochenende und bis bald, mit vielen peinlichen Geschichten…

Im Prinzip eine ganz normale Taxifahrt, dann auch wieder nicht!

Es ist schnell erzählt. Der Kunde wollte mit dem Bus nach Bremen fahren, aber dieser hatte sich schon 30 Minuten verspätet. Ob Er überhaupt noch eintreffen würde, stand in den Sternen.

Den Fahrgast erwartete nun statt einer gewöhnlichen, aber kostenlosen Bustour (Monatskarteninhaber), die gemütliche Reise in einem Mercedes Kombi neuerer Bauart, zum – wie sich am Ende ergab – Preis von € 82,30.

Das war der normale Teil!

Auf der 40 Minuten dauernden Fahrt nach und durch den Bremer Ortsteil Gröpelingen unterhielten wir und prächtig. Bei allen Themen lagen wir auf einer Linie und konnten uns so nach Herzenslust über Dies und Das aufregen, Politiker verhönen, deren Politik wir nicht mochten und von irgendwelchen Fernsehserien schwärmen, ohne das der andere abwertend ins Wort fiel. Ab dem Bahnhof Burg standen wir im Stau, wie das dort zur Feierabendzeit immer ist. Wir standen still in der Schlange und quatschten. Die Uhr lief gnadenlos weiter, alle 11,61 Sekunden wurden € 0,10 aufaddiert. Im Radio lief irgendetwas leise im Hintergrund.

„Wie ist denn der aktuelle Stand?!“

„Verdammt, jetzt geht das Gejammer doch los!“, dachte ich mir und wollte schon einen Flunsch ziehen und losheulen, wie ein Kleinkind das an der Kasse, das nicht die gewünschte Süßigkeit aus dem Lock-Regal nehmen darf. Immer diese Diskussionen um den Fahrpreis, das nervte! „Vielleicht hat er das Taxameter nicht im Blick und er möchte sich nur eben einen Überblick verschaffen!“ Ich zeigte mit der rechten Hand nach Unten auf die Mittelkonsole, wo der Fahrpreis in roten Zahlen angezeigt wurde.

„Wir sind bei € 72,60, das läuft auf ca. € 80,00 hinaus, falls wir hier noch einmal raus kommen!“

Gerade wollte ich schon auf Durchzug schalten, denn es würde jetzt natürlich die Feilscherei um einen günstigeren Tarif beginnen. Das ganze Programm so, von „Sofort anhalten!“, über „Mach mal die Uhr aus, jetzt sofort!“ und zum Schluß noch den „Halsabschneider und Betrüger!“.

„Äh was, bitte? Nein, das wollte ich nicht wissen! Im Radio sagten die etwas von den Wahlen in Berlin, wissen sie wie der aktuelle Stand ist?“

„Mannomann, ich mach mir wieder viel zu früh den Kopf!“, dachte ich über meine vorschnelle Beurteilung der Lage und began gehorsam die Prozentualen Anteile der Parteien aufzuzählen. Ich hatte das Geschehen in Berlin verfolgt und wir stimmten auch hier in unserer Meinung überein, was die Vorzüge oder Nachteile der einzelnen Koalition-Möglichkeiten seien.

„Politik und Privatleben, das gehört nicht ins Taxi!“, hatte mir und meinen Kollegen die Kommunikations-Expertin bei unseren Seminar eingehämmert. So pauschal will ich ihr da nicht Recht geben. Mann muß eben sorgsam antesten und sich herantasten, worauf der Fahrgast steht und dann finden sich schnell Gemeinsamkeiten. Falls nicht, gibt es immer noch das Wetter in Cherrapunji oder die Qualität der Frühstücksbrötchen von Bäcker „Frosch oder Gorde“!

Am Ziel angekommen erhielt ich Kommentarlos meine Bezahlung, etwas Trinkgeld und ein ganz großes Dankeschön für die kurzweilige Unterhaltung, sowie die angenehme Fahrt. Er lies sich meinen Namen geben, falls der Bus einmal wieder streikte. Und so eine unterhaltsame Taxifahrt wäre ihm das Geld wert!

Tja, so sollte eben eine ganz normale Taxifahrt verlaufen. Beiderseitiger Respekt zwischen Kunde und Dienstleister machen das Leben leichter. Und es schont des Taxifahrers Herz!

Apropos Herz. Schon kündigt sich der nächste Auftrag an. In 24 Minuten würde der nächste Fahrgast in Hagen warten. Mein Puls stieg leicht an, das Adrenalin schoß in die Glieder und mit etwas weniger als Lichtgeschwindigkeit sauste ich zurück über die Dörfer.

*sing*:Wir fahr`n , fahr`n, fahr`n auf der Autobahn!*sing*

*sing*:Wir fahr`n , fahr`n, fahr`n auf der Autobahn!*sing*