In meinem Job treffe ich häufig auf Menschen mit Behinderungen.
Nein…, ich meine nicht die Einzeller, die vollkommen besoffen aus der Kneipe vor meinen Wagen fallen und dabei vergnügliche Babylaute absondern.
In diesem Fall betrifft es einen jungen Mann. Er hat einige Schwierigkeiten, sich zu organisieren. Manchmal, so kommt es mir vor, lässt ihn seine „Familie“ mit seinen alltäglichen Problemen allein und er schafft es dann z.B. auch nicht, seine Sammeltaxi-Termine einzuhalten. Er hat jedenfalls einen Schwerbehinderten-Ausweis mit eingeklebter, silberner Marke. Er darf den ÖPNV und Sammeltaxen kostenlos benutzen. Jedenfalls in den Gemeinden Loxstedt und Beverstedt.
Wie ich schon öfter schrieb, geht es mir tierisch auf die Nüsse, wenn Fahrgäste nicht zum bestellten Termin erscheinen. Absagen machen mich nicht sonderlich glücklich, sind aber hilfreich, denn dann kann ich ggf. andere Touren annehmen.
Nun…, mein behinderter Freund hat mich Anfang letzter Woche wieder einmal am Bahnhof versetzt. Bei der nächsten Fahrt am Mittwoch habe ich ihn „eingenordet“!
„Er möge mich, sollte er meinen Service weiterhin unbeschadet in Anspruch nehmen wollen, ab sofort von sämtlichen Abweichungen seines „Beförderungsansinnens“ unverzüglich über die bekannte Handy-Nummer in Kenntnis setzen!“
So weit, so gut! Wir nahmen uns in den Arm und schworen uns Pünktlichkeit, bis an das Ende der Welt!
Anruf der Praktikantin aus der Zentrale, sie schalte um 21:30 den Telefoneingang auf mich um. Außerdem schicke sie eben noch eine Fahrt auf mein PDA. Mein $spezi sei für 23:42 am Bahnhof avisiert!
Ich Dankte und verabschiedete mich. Das Handy bimmelte. Die Praktikantin meldete :“Verbindung hat geklappt, Gute Fahrt!“
21:40
Ein langsam anschwellender Klingelton kündigt Kundschaft an. Bevor das mobile Teil sein Gebimmel in infernalisches Kreischen steigerte betätigte ich die Annahmetaste und meldete mich vorschriftsmäßig:
„HerrTaxifahrer hier! Wie werde ich sie am Schnellsten wieder los?“
„$spezi, ich sollte anrufen!“
„Hallo mein Großer, um was geht es denn? Absage? Verspätung?“
„Weder noch, HerrTaxifahrer. Ich bin schon um 22:02 da!“
Ich war erstaunt, diesen Fall darf es eigentlich nicht geben. Die Kunden und auch wir selbst, müssen uns an den Plan halten! Wir sind schließlich die Nachfolger der Preußen und sind es gewohnt, Regeln zu erfinden, welche zu befolgen es sich gehört!
Doch da es sich um den $spezi handelte, lies ich Gnade vor Recht ergehen.
„Ich werde es nicht pünktlich schaffen, sehe zu, das ich gegen 22:20 dort bin. Es ist ein Auftrag abzuschließen!“, informiere ich $spezi. Er bestätigt mit einem Seufzer, das er verstand.
22:02
Der Systemsound einer tragbaren Samsung-Einheit brüllte mich an.
„HerrTaxifahrer hier, wie werde….“
„$spezi hier. Ich bin an Bahnsteig 2 und gehe jetzt vor, zur Schranke!“
„Äh, ja…,Danke! Ich schaffe es sicher wie besprochen. Bis glaheich!“
22:04
>Samsung>Bimmel
„HerrT…“
„Stehe vor der Schranke, sie ist geschlossen. Ich komme nicht rüber… Bitte, Bitte nicht wegfahren!“
„Ich bin doch noch gar nicht da. Ic“
Er hat mich weg gedrückt!
22:10
„Hey HerrTaxifahrer, wo bist du. Ich stehe an der Haltestelle!“
„Liebster $spezi, i“
Ende, er ignoriert mich.
22:15
*läut*
„HerrTaxifahrer, langsam werde ich nervös. Ich rufe die ganze Zeit an!“
*tuttuttut*
22:20
Habe das Handy vorübergehend „Stumm“ geschaltet. Nur das aus dem Schlaf erwachende Display kündigt ein Gespräch an. Ich fahre am Bahnhof vor, $spezi steckt sein Telefon ein und meines fällt wieder in Tiefschlaf.
„HerrTaxifahrer, das war jetzt aber deine Schuld, das du so spät hier bist. Ich habe angerufen!“
Dazu fiel mir spontan nichts ein. Ein neuer Plan muss her! Aber darum kümmere ich mich später!