Heute war die letzte Tour für 0:37 vorbestellt. In Lübberstedt am Bahnhof würde „der Indische Doktor“ mich erwarten.
Da mich der vorletzte Fahrgast in Stubben versetzt hatte, bezog ich pünktlich Position, genau zwischen den 2 möglichen Ausgängen, damit meine Kunden immer einen gleich langen Weg haben und schon aus dem haltenden Zug nach mir Ausschau halten können.
Aus dem Augenwinkel entdeckte ich den „Inder“ und war`s zufrieden, nicht noch eine Fehlfahrt hinzulegen.
Mein Blick richtete sich danach auf den Trubel am Bahnsteig, direkt neben meinem Wagen. Ein Schaffner stand dort und erklärte 2 jungen Frauen etwas und wandte sich dann freudig an mich:
„Hallo, bringen sie die Mädchen nach Hude! Sie sind noch minderjährig und dürfen hier nicht allein sein!“
„Geht in Ordnung! Wie ist das mit den Formalitäten? Habe noch keine Bestellung per Telefon erhalten.“, erwidere ich.
„Habe erst vor einer 2 Minuten die Leitstelle informiert, dauert noch einen Moment!, ruft der Zugbegleiter mir herüber.
„Wer trägt die Kosten für die Fahrt?“, setzte ich nach.
„Geht auf die NWB, Kostenübernahme kommt als Fax, wie immer!“
Ich lade die Ladies ein, erfrage die Adresse und entscheide mich für den Weg über den Wesertunnel, die Fähre Farge würden würden wir nicht rechtzeitig erreichen, sie geht Nachts immer jede Stunde um Uhr-05 ab. Wir müssten sicher 50 Minuten warten und die Kosten für die Wartezeit + Fähre würden höher ausfallen, als der Umweg über den Tunnel.
Wir laden unterwegs noch den Fahrgast nach Hagen aus dann geht es weiter über die A27 nach Stotel.
In Hagen angekommen erhält eine der Beiden einen Nachricht auf ihr Smartphone:
„Das Taxi ist in 15 Minuten dort! Taxi $kennichnicht ist unterwegs! „, teilt Jemand mit.
Oh Mann, mein Magen dreht sich um. Im Kopfkino sehe ich mich schon vor Gericht, im gnadenlosen Rechtsstreit um den Fahrpreis!
Ich bitte, den Absender zu informieren, das sie wie geplant schon in einem Taxi säßen und das eine Kostenübernahme bitte an $meinbrötchengeber gefaxt werden möge.
Nach einer Sekunde bekomme ich eine mündliche Sendebestätigung. Echt erstaunlich, welche Geschwindigkeit beim Tippen auf so ein Telefon möglich ist. Ich benötige die 6-8 fache Zeit dafür.
Dann wollte ich endlich wissen, warum sie falsch gefahren wären. Die Erklärung war einleuchtend. Die Mädchen hatten den letzten Zug der NWB Richtung Oldenburg gewählt, hatten die Zeit in Bremen etwas verquatscht und sind auf den letzten Drücker an dem Ihnen geläufigen Bahnsteig gelangt und in die wartende Bahn gesprungen.
Und ab ging dir Lok.
Natürlich wurden dann erst einmal die Erlebnisse per Facebook usw. geteilt, Nachrichten der letzten 10 Minuten gehandelt und schließlich irgendwann folgte ein Blick aus dem Fenster.
„Ritterhude?Osterholz-Scharmbeck?Oldenbüttel? Hiiiiiiiiilfeeeeeeee?“, bemerkten sie endlich „ihren“ Fehler. Sie kontaktierten einen Schaffner, den Rest kennt ihr.
Die Bahn hatte kurzfristig die Abfahrtgleise der Züge nach BHV-Lehe und Oldenburg ausgetauscht. Mir währe das bei gewisser Eile auch nicht aufgefallen.
Anschließend herrschte Stille. Unregelmäßig zuckte ich zusammen, weil ich annahm, aus dem Nichts sei ein Auto aufgetaucht, um mich flugs auf dem Seitenstreifen zu überholen. Die Lichtblitze stammten aber immer wieder von den Handy meiner Mitfahrerinnen.
Kurz nach 2:00 hatten wir Hude erreicht, ich entließ die Gestrandeten in ihrer Elterhäuser, nicht ohne einige persönliche Daten zu notieren und den Fahrpreis quittieren zu lassen. Eine Schöne Tour (€140) wäre es für den Taxifahrer Sash aus Berlin gewesen, denn er wird nach Prozenten entlohnt. Er hätte so ungefähr € 60,00 in 2 Stunden verdient. Bei mir ist das anders, denn ich werde nach Stunden bezahlt. Und € 30,00 pro Stunde bekomme ich sicher nicht…..,leider…..*winsel*
Unterwegs, gegen 2:30 rief noch Jemand aus Bremerhaven an. Er würde gern ein Sammeltaxi bestellen, für ein „normales“ hätte er nicht genügend Geld, er müsste nach Hagen. Leider war ich böse und ich nahm ihm die Hoffnung, vor dem Morgengrauen ins Bett zu fallen. Auf dieser Strecke verkehren keine Sammeltaxis, auch nicht Tagsüber. Ich erklärte ihm den Fahrplan der Bahn und legte auf.
Um war 3:15 endlich Feierabend.
P.S. Hierzu passen auch noch die Geschichten von Herrn Solomon und 2 Bremerinnen