Ein ganz „normaler“ Mittwoch!

Unter der Woche ist hier auf dem Land in der Regel nicht viel los. Nachdem um 23:30 die Dorfstrassenbeleuchtung abgedreht wurde trifft man allenfalls auf Streunende Katzen, einen verirrten Fuchs oder eine leere, aus dem Auto geworfene Hamburger-Tüte.

„Ausnahmen bestätigen die Regel!“, heisst es ja immer. Deshalb werde ich zukünftig besser den Mondkalender konsultieren, bevor ich ins Taxi steige!

Ich war eh schon im Stress, als mich ein Hilferuf fern unseres Fahrgebietes erreichte. Sie wollten von einer Schützenhalle in der Walachei abgeholt werden und hoch ins heimische Dörfchen an der Weser gebracht werden.

Nun hatte ich abzuwägen, eben Mal so einen Rundkurs über 60 Kilometer zu fahren und meinen nächsten Fahrgast 20 Minuten warten zu lassen oder 65 € Umsatz in den Wind zu schreiben. Ich benachrichtigte den Folgekunden, das ich am Wesertunnel fest steckte, wegen eines Schwertransportes. „Immer dieser Windräder!“ Er hatte Verständnis für meine Lage und entschuldigte sich dafür.

Die Kundin mit der Schützenhalle hatte mir die falsche Adresse genannt, die Strasse, welche sie genannt hatte gab es  nicht. Fragen konnte ich Niemanden, alles Dunkel und nur Katzen zu sehen.

Ich wählte die letze Nummer auf dem Handy mit Wahlwiederholung und nachdem sich Jemand gemeldet hatte – die Verbindung war auch noch sehr schlecht – rief ich ins Telefon:

„Ich kann sie nicht finden, geben sie mir einen Tip, ich bin leider etwas in Eile!“

Die Person legt einfach auf: „Frechheit!“ Ich wählte die Verbindung gleich noch 3 mal hintereinander, bis sich endlich Einer erbarmte abzuheben.

„Wooooo siiiiind siiiiiieeeee? Bitte, ich fahr sonst wieder weg!“

„Äh, hallo, i bims, Frau Feuer! Ich bin doch schon zu Hause!“

„Mann, ooooh Mann!?“. Ich entschuldigte mich bei der Dame, sie hatte sich zwischenzeitlich nach dem verbleib meiner Kollegin erkundigt und das hatte sich erledigt. Ich suchte nach der vorhergehenden Nummer und wurde fündig.

Sie stünden in Sichtweite und liefen zu mir her. Endlich vereint!

An der Abfahrt zum Dorf an der Weser bedauerten wir dann noch einen Autofahrer, der neben seinem völlig zerbeulten Wagen stand und gerade von der Polizei interviewt wurde.

Meine Mühe wurde schließlich mit satten € 7,80 Trinkgeld belohnt.

Nun schnell zum Bahnhof um den netten, Wartenden abzuholen. Aus den 20 Minuten waren leider 35 geworden, aber alles halb so schlimm, mein Fahrgast hatte auch dafür Verständnis und wir ärgerten uns über die Windräder und die hohen Stromkosten.

Unterwegs ein Anruf von der lokalen ADAC-Station, eine Tour nach Bremerhaven! Bingo, das läuft ja richtig gut! Wieder ein Fuffi für die Geldbörse. Und dieses Ziel lag auch noch auf dem Weg.

Der LKW des ADAC fuhr gerade auf den Hof, mit einem Bekannten an Bord! Es war der zerbeulte vom Wesertunnel. So sieht man sich wieder! Die Tour führte zum Leihwagenhökerer nach Geestemünde. € 50,10 für den Chef und € 4,90 für mich! Nebenbei erfuhr ich den Grund für das Unglück. Ein Rad war geplatzt und er schleuderte nach links über die ganze Fahrbahn an die Leitplanke und wieder zurück. Zum Glück hatte er sich nur eine mässige Schürfwunde am Kopf zugezogen. Und das ganze nur, weil er noch mal eben kurz zum Vergnügen  in die Stadt (ich schätze, in den Puff, es war schon spät)  wollte.

„Feierabend!“

Auf halben Weg zur Zentrale bimmelte das Telefon noch einmal. Eine Festnetznummer sagte mir, das die Adresse meinen Feierabend nur minimal verzögern würde. Ich hob ab und tatsächlich, ein Schnäppchen, eine Ortsfahrt!

Bis hierher war der Abend gelungen und frohen Mutes klingelte ich bei meinem nächsten Kunden. Ich hörte die Klingel sehr gut, die Partygäste anscheinend nicht, sie sangen und jubelten. Ich läutete noch einige Male und just als ich wegfahren wollte, rief mich eine Frau, ich möchte einen kleinen Moment warten, ihr Gemahl käme auch gleich heraus.

Der Herr Gemahl, es war unschwer auszumachen, war eigentlich ein Kandidat für den Rettungswagen, aber weil ich nun schon einmal da war, die Strecke nur 2 Kilometer betragen würde, biss ich mir auf die Lippen und das Grauen begann.

„Los du blöde Kuh, setzt dich nach vorn! Der Taxifahrer will bestimmt auch mal ficken oder sich Einen blasen lassen!“

Und dann an mich gewandt:“ Findeste doch bestimmt geil, so ’ne Alte zu nageln oder!? Oder kannst nicht mehr, du alter Sack!“

Noch war mein Karma so stark, das seine Worte dieses Schutzschild nicht durchbrechen konnten. Ich startete den Wagen und er pöbelte noch ein wenig Sexzeugs, bis er dann sein Recht auf Musik erwähnte. „Mach mal Mucke an!“

„Ich drehte den Regler auf 3/4 und irgendeine Musik ertönte. Noch bevor 3 Takte gespielt waren, verlangte er nach Eric Clapton. Ich schaltete das Radio wieder ab, denn gleich würde ich in seine Straße einbiegen.

„Stoooopp!“

Er wollte den Rest laufen, seine Frau aber nicht. Ich mache dann immer was die Frauen wollen, besser so!

Sie bezahlte dann  mit einem 10er, mir blieb etwas Schmerzensgeld. Er jedoch wollte nicht aussteigen, sondern zurück zu der Stelle, von wo aus er laufen wollte. Das sei sein gutes Recht und er würde mir auch einen extra 10er bezahlen.

Seine Frau und ich fanden das bescheuert und nachdem er festgestellt hatte, das in seinem Geldbeutel kein Schein mehr war, pellte er sich endlich aus dem Taxi.

Wenn es nicht so ein Aufwand wäre, dann würde ich den Typen gern einmal nüchtern mit seinem Verhalten konfrontieren. Die alte Pissnelke!

Was mir dann sehr gefiel, auf dem Weg zum Taxiplatz, war die Tatsache, das ich mich gar nicht richtig ärgerte diesen Auftrag ausgeführt zu haben.

Euch ein schönes Wochenende!

Crash auf der B71

Der Tag begann genau so, wie man es sich wünscht. Auf dem Weg zur Arbeit der Griff in die Innentasche:

„Scheisse, Handy vergessen!“

Kehrt Marsch, das Ding holen, Zentrale anrufen,erfahren das „Alles Gut “ ist und leicht verspätet eintreffen.

Was haben die Hunde sich gefreut, als ich nur 5 Minuten weg war…..

Was haben die Hunde traurig geguckt, als ich ohne weiteres Leckerli wieder abgedampft bin…

Meine ersten Aufträge waren Rolli-Fahrten. Der mir zugeteilte Bus (Renault Trafic) ist dafür perfekt geeignet. Mit wenigen Handgriffen lässt er sich vom 9-Sitzer in ein Rollstuhlgerechtes Fahrzeug umrüsten.

  • rote Schlaufe ziehen
  • hintere Rückbank umklappen
  • Bodenbefestigung beidhändig entriegeln
  • Rückbank hoch stellen und verriegeln

Das Ganze dauert 15 Sekunden und geht ohne Kraftaufwand!

Das war der einfache Teil, wären da nicht die  lästigen Fahrgäste mit ihren Sonderwünschen und Befindlichkeiten. Bei der zweiten Tour war ich 15 Minuten zu spät. Der Mann plusterte sich gleich mächtig auf und schüttete einige unschöne Stereotypen über die faulen und unzuverlässigen Taxifahrer über mir aus. Ohne mit der Wimper zu zucken Wie ein kleines hilfloses Äffchen lies ich mich ausschimpfen und entschuldigte mich dann auch noch. Beschwerdemanagement halt. Da hatte ich die Rechnung ohne die Oma im Rollstuhl gemacht:

„Wo kommen sie denn jetzt erst her? Sie sind wohl extra langsam gefahren und haben erst noch Mittag gemacht!?“

Voll in die Magengrube! Egal, das ist einfach der miese Part in der Dienstleistung.

Später, als ich das Duo zu Hause abgeliefert hatte, entspannte sich die Lage. Er zog seine Äußerungen zurück, wäre doch nicht so schlimm gewesen und wünschte mir einen schönen Feierabend. Na gut, „Danke!“,  sind ja nur noch 7 Stunden!

Anschließend traf ich zwei Kollegen und wir machten uns eine Viertelstunde lustig über verschiedene tölpelhafte Fahrgäste und die Moral war wieder bestens!

Ein paar Touren später, so kurz vor 8 Uhr bog ich von der A 27 auf die B 71 Richtung Loxstedt ab. Erst mal rechts rum, Vorfahrt achten, 70er-Zone, über die Brücke und dann links.

„Häh, was ist denn das?“

Ein PKW überholte langsam ein auf meiner Spur stehendes Fahrzeug und parkte danach 20 Meter dahinter schräg zur Fahrbahn. Das Auto auf meiner Spur war ramponiert und zeigte in meine Richtung.

Vor mir war die Straße übersät von Autoteilen, ein großer dunkler, nasser Fleck. Ich bremste ab und endlich schoß es mir durch den Kopf!

„Ein Unfall!“

Die Kollision fand etwa 50 Meter vor mir statt, ich habe den Aufprall trotzdem nicht gesehen.

Surreal! Ich fahre noch etwas vor, schalte Warnblinklicht ein und parke. Als ich hinlaufe steigt die Fahrerin aus, läuft zur Beifahrerseite und hilft einer zweiten Person heraus. Ich fasse unter, rufe laut nach weiteren Personen. Es sind nur die beiden. Ein Mann kommt dazu. Der andere Unfallbeteiligte. Er ist unverletzt. Die Beifahrerin klagt über Rückenschmerzen, sie möchte aber unbedingt stehen. Ich sehe nirgends Blut oder Verletzungen und bin froh. Mein Adrenalinspiegel sinkt langsam.

Ein zufällig vorbeikommendes Feuerwehrfahrzeug sichert eine Straßenseite mit Blaulicht. Ich wähle den Notruf und habe Mühe den Ort zu beschreiben. Peinlich, aber ich denke, das ist der Situation geschuldet. Nach 6 Jahren schwebe ich von Ort zu Ort. Was kümmern mich die Streckennamen, liegen alle schön verpackt im Unterbewusstsein meines Taxifahrerkleinhirns!

„Mein Handy, mein Handy!“

Ich steige in das zerstörte Fahrzeug und finde es im Fußraum unter einer Menge Plastik, das sonst im Heck des Fahrzeug angesiedelt ist. Es stimmt wirklich. Wenn es kracht, fliegt alles nach vorn. Und davon viel! Ich habe auch immer viele lose Teile im Wagen und frage mich, wann ich die rausnehme, weil ich sie nicht brauche, oder wann ich sie befestige!?

Ich reiche der jungen Frau das Smartphone, für eine halbe Sekunde ist sie glücklich!

Wo ist eigentlich der Erste Hilfe Kasten? Ich werde gleich nachschauen. Hätte eigentlich der erste Griff sein sollen, oder!?

Weitere Personen möchten helfen, ist zum Glück nicht nötig. Ich frage einen Feuerwehrmann, ob wir einfach schon einmal eine Hälfte der Fahrbahn säubern sollen, von den verstreuten Teilen. Ich denke da praktisch. Dann müssen die armen LKW nicht warten, die noch nach Bremerhaven müssen.

Der Profi winkt ab. „Wir sichern jetzt und verändern Nichts!“, das regeln gleich die Verantwortlichen.

Ich informiere die Zentrale, das ich sicher zu spät zu meinem nächsten Auftrag kommen werde. Sie kümmert sich.

Mittlerweile kommen von allen Seiten weitere Feuerwehr-Fahrzeuge. Ein Riesen-Bohei! Ich soll mein Taxi zurücksetzen, Platz für Rettungsfahrzeuge soll geschafft werden. Ein Feuerwehr-LKW setzt sich vor mich.

Der Rettungswagen trifft ein, die Polizei auch. Ich habe hier nichts weiter zu verlieren und verdrücke mich.

Eine Stunde später ein Anruf von der Polizei. Sie hätten einen Fahrauftrag für mich. Ein Mann möchte von der Unfallstelle abgeholt werden. Ich kenne ihn, es ist der Unfallbeteiligte.

Die Unfallstelle war noch gesperrt und ich genoß es wie einer der das erste Mal bei einer Oscarverleihung jovial grüßend über den Roten Teppich schlendert. Der erste Posten erspähte mich, als ich eine Bake umfuhr, die Zwecks Verkehrslenkung aufgestellt worden war. Er winke, zappelte und wollte mich wegscheuchen. Schaffte er aber nicht, der Rote Teppich, ihr wisst!

„Die Politei hat mich gerufen, ich habe einen Auftrag zu erfüllen!“

Er schnuffelt etwas in sein Walky-Talky. Ich darf durch, die Menge jubelt!

Weiter vorn werde ich ran gewunken.

„Sind sie der Taxifahrer?“

„Nee, ich bin der Papst und eröffne eine Boutique in Wuppertal!“

Mein Fahrgast steigt ein und wir verlassen diesen immer noch in allen erdenklichen bunten Farben flackernden Ort.

Wir reden während der Fahrt über diesen und andere Unfälle, was denn auch sonst. Wir wünschen uns beide, das es den Verletzten bald wieder gut geht!

Hier der Link zum Polizeibericht: Unfall B71 (Presseportal) Und hier noch von Nord24 mit Bild.

So, lasst euch nicht Stressen ich geh jetzt Pferdeäpfel vom Sandplatz sammeln!

„Los jetzt!“  🙂