Frühjahrsputz und die Liebe

Ich stehe hier an der Haltestelle Carsten-Börger-Straße, unserer nördlichsten Linie.

In Sichtweite befindet sich ein Waschplatz, Einer kümmert sich offensichtlich mit viel Sorgfalt um den Teint seines Babys!

Der Mann hatte sein Autolein schon von grobem Schmutz befreit als ich noch nicht hier war. Er erweckte erst meine Neugier, als  er,  nicht wie alle Anderen, einfach das Wasser durch den Fahrtwind abtrocknen ließ, sondern mittels eigens dafür in einer Kiste mitgebrachte plüschige Tücher in rhytmische Wellenbewegungen versetzte, so wie es ein Derwisch macht, wenn er die zuerst sein Kleid zu sein scheinenden bunten Stoffstücke so schnell um sich herum wirbeln lässt, bis die sich in einem farbigen Inferno über ihm auftürmen.

 

Genau so gut hätten die Bewegungen auch dem spontanen Balletttanze eines virtuosen Pizzateigschleuderers abgeschaut sein können. Mal mit der Rechten, bald mit der Linken, schob er die feinen Tuche über den Lack, sein Ergebnis ständig kontrollierend, mit seitwärts geneigtem Kopf gegen die Sonne schauend, Umrisse von Rückständen beäugend und beurteilend, wegwischend.


Positionswechsel. Das Dach erreicht er trotz kleiner Statur sehr gut, die als Podest entfremdete,  umgedrehte Wasserkiste ist ihm nützlich. Er setzt sie so geschickt und geschwind um, als würde er nichts anderes den ganzen lieben Tag unternehmen!

Er poliert. Er sprüht wohl Wachs auf.Aus einer speziellen Flasche. Sie funktioniert nicht gut, er scheint das zu kennen und betätigt zwischendurch oft den Pumphebel, bis endlich ein gleichmäßiger Nebel heraus prustet.

Er ist fertig. Umrundet sein Wägelchen wie einst der Preußenkönig Fritz seine langen Kerls! Beide sind über die Maßen mit ihrem Werk zufrieden, sie haben sich soeben frisch verliebt!

Mein Fahrgast kommt, ich verlasse diesen blitzsauberen Ort.