Photobombing mit Blitzer

Auftrag: Sammeltaxifahrt von Haltestelle Logestrasse, Beverstedt nach Stubben.

Es ist meine Gewohnheit, sofern mein Fahrplan korrespondiert, überpünktlich bei Fahrgästen zu erscheinen. Oft steigen diese dann schon früher zu und ich kann mich dann auch zeitiger „Frei“ melden, für weitere Aufträge. Ich stehle also meinen Fahrgästen regelmäßig Zeit! Gut 3/4 der Kunden finden es OK etwas früher als bestellt/erwartet zu fahren, aber das nur am Rande, denn es begab es sich vorgestern so, das ich mich etwa 8 Minuten vor der planmässigen Abfahrt an der o.a. AST- und Bushaltestelle – liegt in einer 30er-Zone –  einfand und auf meinen Fahrgast wartete. Um es dem nachfolgenden Verkehr leichter zu machen, parkte ich etwas auf dem Gehweg, bereit jederzeit Platz für Fußgänger mit Überbreite zu machen.

„Schau da, ein Blitzdingens!“, entfuhr es mir.

Huch!

Ach!

 

Genau auf Höhe meiner AST-Haltestelle hat sich ein Geschwindigkeitsmessgerät in den Rabatten eingenistet. „Na gut, willst keinen Ärger!“, so lies ich das Taxi noch 10 cm vorrollen. Die Wagen hinter mir mussten immer schön früh bremsen, weil sie gezwungen waren, den Gegenverkehr abzuwarten. Was kann ich denn schon dafür!

Schlechte Zeiten für das Blitzdingens. Das stellte wohl auch der Operator fest, weil sein Bussgeldschnitt gerade heftig in den Keller ging. Nach einer kurzen Zeit trabte der Überwachungsmensch an, baute sich neben meinem Wagen auf und bedeutet mir, das Fenster zwecks Aussprache zu öffnen. Um seine Autorität zu untermauern, hielt er mir einen grauen Lappen hin, so einer, der genau so groß und grau war, wie mein erster Führerschein von 1974. Zeit zu lesen hatte ich wenig, weil er, schon als der Fensterspalt nur 2 cm betrug, mit seinem Vortrag begann und ich dachte mir, es wäre sicher lehrreich seinen Ausführungen zu folgen.

„Guten Tag, sie stehen hier schon länger als 3 Minuten! Sie dürfen hier nicht parken! Fahren sie weiter!“

„Aua!“, dachte ich mir so und blickte das Häufchen Mensch an. Er war sichtlich nervös, und ich fragte nach:“Warum zittern sie so?“

„Das ist so meine Art und das geht sie nichts an. Fahren sie hier weg. Ich erteile ihnen hiermit Platzverbot!“. Dieses aufsagend zog ich mein PDA aus der Halterung und zeigte ihm meinen Auftrag, unterrichtete ihn vom Zweck einer Haltestelle und meiner Berechtigung, hier zu sein.

„Sie behindern den Verkehr! Ich fordere sie auf, sonst…..“!

„Tja!“, bevor ihm nun eine Ader platzte, gab ich nach und fuhr in die nächste Einfahrt, stellte mich neben seinen Kontrollwagen und harrte meines Fahrgastes. Ich hatte echt nicht den Funken eines gesteigerten Bedürfnisses, Post von der Behörde zu bekommen. Habe gerade vor 6 Wochen mittels Anwalt ein Bussgeld erfolgreich bekämpft und will mein Karma nicht überstrapazieren!

Als Berufskraftfahrer laufe ich ständig Gefahr, in eine Radarfalle zu tappen, meistens nicht weil ich gern rase, sondern weil manche Strecken einfach zum Cruisen einladen und die modernen Fahrzeuge einen gar nicht mehr spüren lassen, das man zu schnell unterwegs ist. Und so begiebt es sich, das ich einmal pro Jahr heimgesucht werde! Zufällig gerade vorletzte Woche, denn schliesslich war ich das ganze Jahr über „sauber“ geblieben und die Quote zu erfüllen ist mein Unglück.

„23 zuviel in einer 70er. Macht 98,50, bitte!“ Und das nur, weil ich zu Dienstbeginn in den Rückspiegel geschaut hab, ob mein Make-Up in Ordnung ist, statt auf das Tempo zu achten! Und einen Treuepunkt auch noch! Wohlgemerkt, der Erste als Taxifahrer!

Könnt ihr verstehen, das ich Blitzdingense nicht mag?

Ach!

Huch!

 

Haftbefehl

Das Wetter war so richtig zum im Bett bleiben, wolkenverhangener Himmel, Sturm und Regen. Die  „Snooze-Taste“ meines Weckers zeigte schon Spuren von Abrieb, als es zu guter Letzt kurz vor Mittag an der Haustür schellte.

„Mein Gott, wer wagt es, mich so früh zu nerven? Ich hatteeeeee Naaaaachtschicht!“ schrie ich in mich hinein. Dennoch, ich bin ein höflicher Mensch, begab ich mich flugs zur Eingangstür, drückte den elektrischen Öffner und blinzelte durch den Türschlitz.

Der HerrBriefträger!

„Nicht schon wieder eine Rechnung, bitte!“, begrüßte ich ihn standesgemäß.

„Nein, hier, bitte quittieren, ist vom Amtsgericht!“

Souverän meisterte ich die Unterschrift, ohne das mir ausgehändigte Schriftstück zu beachten. Nur einen klitzekleinen Seitenblick warf ich darauf.

„Hellgrüner Umschlag, rotes Formular!? Wat’n dat?“, dachte ich kurz nach, beschloss aber, den Kuvert erst später zu öffnen, er machte mir etwas Angst. Hatte ich Rechnungen nicht bezahlt, TÜV oder Versicherung vergessen? Darum würde ich mich nach einer warmen Dusche und reichhaltigem Frühstück kümmern.

Erst auf dem Weg zum Auto, ich hatte nämlich noch zu arbeiten an diesem Tag, fiel mir das Schreiben wieder ein. Ich lief zurück, nahm den Couvert und legte ihn dann im Auto auf den Beifahrersitz. Der Inhalt verrutschte ein wenig, so das eine weitere Zeile – abgesehen von meiner Adresse – zu lesen war.

Haftbefehl

stand dort in fetten Lettern geschrieben……! Ich fuhr los.

„OOOOOOOOH, OOOOOOOOOH!“, sagend kniff ich die Augenzusammen, liess in Gedanken alle wichtigen Vorgänge vorüber stolzieren, keiner war unerledigt gewesen.

An der ersten Ampel riss ich den Umschlag auf, überflog die erste Seite:

Sie….aufgefordert…..bis zum…….Haftantritt………bei………JVA Oslebshausen!

Starker Tobak! Die Ampel schalte auf „Grün“, ich zitterte. Hinter mir erinnerte mich ein Hupkonzert, das ich gefälligst weiter zu fahren hätte. Das tat ich, langsam, völlig bedeppert, meine Gedanken flogen, stürzten, standen auf und liefen davon, ein Grauen!

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Die nächste Parkbucht war meine. Darauf acht gebend, das mir Niemand vom Fußgängerweg über die Schulter sehen konnte – wer wird schon gern bei der Verhaftung gesehen – nahm ich das Schreiben auf die Knie und las Buchstabe für Buchstabe:

Ihnen wird zu Last gelegt, unter Zugrundelegung der §§ 1297-1921 Buch 4, §§ 1297-1588 Abschnitt 1 und der §§ 1353-1362 Titel 5 des BGB,…

Alter Schwede, da werden ja Geschütze aufgefahren. Hier endete die erste Seite und ich steckte mir erst einmal eine Zigarette an, bevor ich umblätterte und las:

ihre Ehefrau sträflichst vernachlässigt zu haben, sowie ihren Pflichten aus dem geschlossenen Vertrag vom ……….1994 nicht mehr regelmäßig genug nachzukommen.

Um der Untersuchungshaft zu entgehen, werden sie dringends aufgefort:

  • Ihre Frau zu lieben
  • Ihre Frau zu ehren
  • usw. usw. , wie sie es einst versprachen.

Bei Zuwiderhandlung drohte mir die Haft, sowie die Aberkennung meiner Männlichkeit auf unbestimmte Zeit.

Unterschrieben hatte meine Frau höchstpersönlich (sie arbeitete damals beim Familiengericht) und langsam entwich die Verkrampfung aus meinem Körper, ich begann zu Grinsen und musste auf einmal laut über mich lachen.

Beschwingt fuhr ich zur Arbeit und überlegte, wie ich ihr diesen Aprilscherz jemals wieder heimzahlen könnte!