Trinkgeld, das unbekannte Wesen

Am vergangenen Sonntag wurde ich zum Schützenfest gerufen, einen Bus voller Kameraden aus dem einem befreundeten Verein abholen.

Wie üblich , falls Zeit dafür war, fuhr ich etwas früher zum Abholort. Ab und an sind die Fahrgäste froh, sehr pünktlich loszukommen und ich bin schneller wieder frei für weitere Aufträge. Treffpunkt sollte die Kneipe gegenüber sein. Ich parkte mein Taxi in Abflugrichtung und schon riss einer die Beifahrertür auf:

„Bist du das bestellte Taxi?“, fragte der junge Mann in Schützenmontur.

„Nein, ich bin Major Cliff Allister McLane, Kommandant des Schnellen Raumkreuzers Orion. Hast du die Tamara gesehen, wir gehen heute Frogs jagen?!“

„Ja, ich warte auf…“.

Weg war er! Aus dem innern des Biertempels schleppte sich ein sechsbeiniges Monster an meinen Bus, teilte sich, jedoch nicht wie gewöhnliche Zellkerne in Zwei, sondern in drei Teile auf. Die beiden äußeren schubsten das Mittlere zu mir in den Wagen.

„Der will nach Hause! Er wohnt $daundda! Ist gleich um die Ecke!“

Das war jetzt nicht so meine Schützentruppe, aber es war ein sehr seltener Fall von korrekter Ansage der Entfernung zum Fahrziel. Nach Berliner Tarif entspricht die Entfernung einer viertel Kurzstrecke, so etwa 500m. Das passte noch vorzüglich in meinen Terminkalender.

Der Fahrgast entpuppte sich während der Tour als ganz ruhiger Zeitgenosse. Er schlief sofort ein und wachte nach genau 45 Sekunden, als ich vor seiner Türe stoppte, wieder auf. Offensichtlich sehr erfreut nicht gelaufen zu haben müssen und auf wundersame Weise hierher gelangt zu sein, legte er fröhlich zu den 5 € Fahrpreis noch 5 € Trinkgeld oben drauf. Selber erfreut von dem unerwarteten Geldsegen suchte ich erneut die Gaststätte auf.

Der Wirt erwarte mich schon und rief mir zu, das meine Leute wegen des eingesetzten Regenschauers im Zelt an der Schützenhalle warten würden. Flugs stellte ich die Weichen und bugsierte mein Taxi rückwärts auf den Festplatz.

6 Brüder und Schwestern der schiessenden Zunft stiegen zu und ich nahm Kurs auf, zum $dorfhinterdensiebenkanälen . Da solche Vereinsleute oft pingelig sind, hatte ich jeden Meter der Fahrtstrecke ausgemessen, um auch wirklich keinen Zentimeter Umweg zu produzieren. Denn, Trinkgeld bei Clubfahrten zu erarbeiten ist ein hartes Stück Arbeit und Lust kann schnell in Frust umschwenken, wenn die ganze Horde brüllend über dich herfällt, weil du eine einzelne Kurve nicht vernünftig geschnitten hast.

„Hausnummer 25 in $dorfhinterdensiebenkanälen, wir steigen alle dort aus!“

„Prima, dann können wir los!“ meldete ich mich startbereit. Noch bevor ich das Taxameter einschalten konnte, schaute mir mein Sozius tiiiiiieeeef in die Augen.

„Fährst aber $trampelpfad, is‘ doch klar, `ne!“

„Och nöö, eigentlich und so und so ist das nicht so toll, aber ich mache das für euch!, log ich schleimend zurück. Der Wirtschaftsweg ist eine legale Abkürzung zwischen zwei Dörfern auf unserer Route, aber das wissen die Wenigsten. „Trinkgeld ich komme!“, dachte ich mir.

Am Ziel zeigt die Uhr €44,90. Hätte ich die Normalstrecke gewählt, stünden da jetzt € 50 oder mehr. Wäre ich Fahrgast, hätte ich „50“ gesagt!

„Mach 45, du hast uns sicher nach Haus gebracht, vielen Dank!“

Und es mußte ihm sichtlich schwer gefallen sein, denn er kramte die Scheine abgezählt aus dem vereinseigenen Geldbeutel. Ich spürte förmlich, als er mir den letzten 5er übergab, das er überlegte, ob und wie er diese Sonderausgabe von 10 Cent bei der Jahreshauptversammlung rechtfertigen würde können!

Lange Rede kurzer Sinn. Einmal mehr ein Beispiel, das Trinkgeld nicht kalkulierbar ist, sondern völlig willkürlich und ohne Relation zur Fahrleistung gegeben wird. Die 8-10% – Regel kennen die Leute hier auf dem Dorf nicht.  Ist eh schon sehr teuer hier mit dem Taxi zu fahren, da muss der Chauffeur eben auf Glücksmomente, Sternenkonstellationen oder erheblichen Alkoholkonsum bei seinen Fahrgästen setzen, um an seine sauer verdiente freiwillige Bonuszahlung zu kommen!

 

Ein Taxi, bitte!

Die Auftrags-Annahme unterwegs im Taxi ist immer so ein Ding. Diesmal war es eine mittelmäßige Verbindungsqualität, gepaart mit Sprachproblemen und Ortskenntnis, die mich ins Schwitzen brachte!

„Gute Tag, eine Taxi bittee zu Noorteenfeldstrasse Numma XY. *rauschen in der Leitung*, Loxstedt!“

„Sehr gern, Loxstedt, bin in 20 Minuten dort, Im Nordfelde XY!“ – ich wiederhole die Adressen immer zur Sicherheit – .

„Nein, ich bin Bremahawwen! Noorteenfeldstrasse, you know. Die Fahrt geht na Loxstedt!“

„Oh, OK!. Ich kenne diese Strasse nicht. Können sie bitte buchstabieren.!?“

„Noor – Teen – Feld – Strasse.“

„Ich bitte um Verzeihung, ich benötige jeden Buchstaben einzeln, ich versteh nur Bahnhof!“

“ Nein nicht Bahnhof! Waten sie, mein Freund kommt.“

„Hallo, ich bin sein Freund, was ist das Problem!?“

„Ich kann den Straßennamen nicht verstehen, können sie ihn bitte Buchstabe für Buchstabe vorlesen?“

„N-O-R-D-E-R-N-F-E-L-D  Strasse!“

„Ah, oh, ich mach mich auf den Weg, 5 Minuten, bis gleich!“

Die Strasse lag zu meinem Glück auch noch an der Feierabend-Route, denn ich hatte eben noch einen jungen Mann zu seiner „Freundin“ in die Bremerhavener Lessingstrasse gebracht. Kurz danach nahm ich zwei sehr sympathische Afrikaner auf und wir lachten die ganze Zeit über meine Verwechslung. Vielleicht sollte ich mir doch einmal einen Stadtplan von Bremerhaven reinziehen, nur für den Fall, das in den nächsten 6 Jahren noch so eine Straße auftaucht.

Freundinnen warten auf ihre Männer

Lessingstrasse Bremerhaven: Freundinnen warten auf ihre Männer 🙂

Blog- und Jobgeburtstag

Moin, Moin!

Vor genau 6 Jahren sah ich mich zu einem Berufswechsel inspiriert. Ich stand vor der schwierigen Wahl, Kühe zu melken, einen Gabelstapler zu bedienen oder  mit Bleifuss durch Cuxland zu fahren. Ihr wisst, was ich erwählte. Ich wurde Chauffeur in einem Landkreistaxi. Zur Zeit besteht kein Grund, daran etwas zu ändern. Und wenn man ein paar Jahre hinter dem Steuer verbracht hat, will man diese Tätigkeit auch nicht mehr missen. Der Hauptgrund sind die vielen Menschen, die einem vors Taxi über den Weg laufen und ihre Geschichten.

Das ist der zweite Teil des Jahrestages, der Blog über die Erlebnisse mit all den mit Geschichten beladenen Fahrgästen. Auch davon kann ich nicht lassen. Sicher, ich habe auch schon größere Pausen gemacht, aber so wie es zur Zeit läuft, ist der Elan bei mir nicht raus. In der Zukunft möchte ich gern auch einmal erfundene Stories präsentieren, so von A-Z erstunken und erlogen! Wenn ich sehe, wie viele Leser andere Blogger mit ihrem wirren Gekritzel erreichen, werde ich leicht neidisch. Eine Menge Leser sind mir natürlich sehr wichtig, denn mit meinen Ergüssen möchte ich einerseits meine Psyche vom dumpfen Arbeitsalltag reinigen, andererseits auch gern meine Leser unterhalten.

Ohne Namen zu nennen möchte ich mich bei allen Stammlesern für ihre Treue bedanken. Kommentare kommen nicht sehr viele, aber wenn, dann sind sie sehr qualifiziert und kein blödes „blahblah“!

Wenn ich hinüber schaue, nach Berlin, zum Taxibloggerkönig „Sash„, bin ich ein kleiner Wurm im Buchstabengewirr. Mit einer täglichen Anzahl von mehreren 1000 und viel mehr Lesern auf verschiedenen Plattformen lebe ich in seinem Schatten. Gar nicht so schlecht in Wahrheit, denn täglich streunen 10-20 Leser seines Blogs zu mir herüber und durchstöbern nebenhin paar Hundert Feed-und Browserlesern mein Archiv.

Wenn einmal Jemand so viel gefallen an meinen Erzählungen gefunden hat und alles von Anfang an durchblättert, meldet meine Software gleich immer einen Besucheransturm! Danke an euch, die sich Alles durchlesen, denn ihr gebt mir die Motivation, die ich benötige um weiter zu schreiben. Kostet auch Zeit. Die sehe ich hier absolut nicht verschwendet, denn ich lerne sehr viel dabei, aber ich habe noch andere Baustellen die meiner Aufmerksamkeit bedürfen, sehr viel wichtiger in meinem Leben sind.

Meine Frau, die Familie, Freunde und natürlich auch unsere Tiere kommen immer zuerst.

So, genug geplaudert. Die Pferde wollen Futter, die Frau möchte ihren Einkauf haben und am Abend wartet das Hellelfenbeinfarbige Mobil auf mich für die Nachtschicht.

Weiterhin viel Spaß beim Lesen, Andreas, aka HerrTaxifahrer