Knolli

Das wunderte mich doch echt sehr, das die Kollegen den Herrn Professor Knoll regelmäßig anstandslos und ohne Widerworte transportierten, um in  hinterher immer ziemlich heftig zu mobben und als schwierigen, sehr schwierigen Fahrgast zu outen.  Bei regelmäßigen Rolli-Touren wäre zumindest anstandshalber eine Augenbraue verzogen worden, weil so ein Auftrag in der Tat zusätzlichen „Streß“ bedeutete. Nicht so bei Knolli. Mit gespielter Leichtigkeit wurde der Auftrag als „normal“ befunden, nicht ohne auf seine angetraute Glucke hinzuweisen, welche die Fahrer ständig gängeln würde. Man solle Acht geben, vorsichtig und aufmerksam an die Sache rangehen und die Ausfälle seines holden Weibes ertragen.

„Oh, da bimmelt das Handy. Jaaaa, Okay,…..,jaaaaa, Okay, Jaaa, wie immer auf Rechnung, ja gern, bis gleich!“

Es hatte mich erwischt! Es war der Knolli. Einmal in die Stadt und später wieder nach Haus wollte er. Und sie auch. Ich bereitete mich auf der kurzen Anfahrt auf alle möglichen Varianten der Pöbelei vor, checkte die Ausrüstung, Sauberkeit, Moral, Fahrtstrecke. Alles Perfekt, allerdings war die Moral etwas zierlich, von wegen kleinem Köddel in der Hose, wegen dem Frauenzimmer und so. Soll so ein richtiger Besen sein. Den letzten Fahrer hatte sie angeblich auf der Rückfahrt verspeist, …mit Knochen!

Die Kollegen winkten mir noch hinterher, riefen:“Viel Glück!“ und „Komm Heil wieder!“ und „Soll ich nicht für dich fahren, ich mach das für dich!?“

Den letzten Satz hatte ich nicht verstanden, war schon um die Ecke unseres Zentralen-Gebäudes gebogen und summte eine bekannte Melodie aus „Spiel mir das Lied vom Tod“.

Das Pärchen stand, bzw. saß schon in seiner Hofeinfahrt. Ich stieg schnell aus dem Wagen, um ja der Erste an der Heckklappe zu sein. Allzu oft war das der Anlass für die Beschwerde Nummer Eins – ein schmutziger Griff – !

Sie bewegten sich jedoch nicht, sondern schauten mir ganz ruhig zu, während ich die Rampe herunterklappte, die Befestigungsgurte zurechtlegte. Ganz nebenbei Begrüßten wir uns ausgesprochen höflich. Ich sprach sie mit Namen an, sie mich mit HerrTaxifahrer, ganz einfach.

Als ich den Einstieg für den Rolli vorbereitet hatte, ließ sie ihren Mann stehen und machte sich auf den Weg zur Beifahrertür.

„Owei!“

Mit einem gewagten Sprung und Rolle über die Haube konnte ich ihr gerade noch rechtzeitig die Tür aufhalten. Dabei hatte ich mir meine rechte Schulter leicht ausgerenkt und der Schmerz war kaum zu verbergen. Ich riss mich zusammen!

„Dankeschön!“, sagte sie, nachdem ich ihr den Gurt gereicht und die Sitzhöhe, sowie Rückenlehne angepasst hatte. „Der Bann ist gebrochen!“, dachte ich mir im Stillen und schickte mich an, den Rollstuhl nach allen Regeln der Kunst und mit routinierter Geschicklichkeit einzufahren und den Fahrgast zu sichern.

„Haben sie das gelernt, sie machen das so schnell?!“, rief sie von vorn.

So ein Mist, ich hatte mich täuschen lassen. Jetzt würde es losbrechen, das Höllenfeuer der Belehrungen.

„Sie machen das sehr gut!, fügte sie hinzu.

„Pfffffffffffffff!“, atmete ich leise aus.

Ich hatte mir die Route vorher genau angeschaut und mich unter Berücksichtigung der Pflasterung und Abnutzung der Straße, im Verhältnis zum Komfortverlust und unter Einberechnung der Fahrtkosten für die Strecke über die Autobahn entschieden.

„Wo fahren sie denn lang!?“

War mir klar. Mußte kommen. Sie reklamierte die Fahrtstrecke. Ich erklärte ihr kurz meine Entscheidungsgründe um den  um € 0,90 erhöhten Fahrpreis zu rechtfertigen.

„Das ist aber nett!“ sagte sie mit einem Lächeln.

„Häh? Will die mich veräppeln. Spart die sich ihre Ausfälle für die Rückfahrt auf? Würde ich ihr schmecken?“ Fragen über Fragen schossen mir durch den Kopf. Als ich mit Denken fertig war, hatte ich Knolli schon ausgeladen. Ich wollte mich gerade verabschieden, da teilte sie mir die Zeit für die Abholung mit, nicht ohne mir mit einem spitzbübischen Zwinkern zu signalisieren, das meine Stunde schon noch schlagen würde! Sie wandte sich um und schritt hinfort, ich starrte hinter ihr her, bis etwas an meinem Arm zupfende meine Aufmerksamkeit forderte. Knolli drückte mir eine Handvoll Münzen in die Hand. „Hier, ein kleines Dankeschön. Ich weiß ja nicht, ob sie uns wieder abholen!“

Er wollte mir Geld zustecken. Da ich meine Hand etwas verkrampft war, wegen der psychischen Anspannung, fiel eine Münze auf den Boden, rollte über den Asphalt auf einen Gulli im Rinnstein zu. Ich stolperte über die noch ausgefahrene Rampe und blieb mit dem rechten Auge an der Flügeltür des Caddy hängen, konnte das Geldstück aber im Fallen noch erhaschen. Der Bürgersteig war zu der Zeit zum Glück nur mäßig verschmutzt und meine Hose war eh`mit der Wäsche dran. Das winzige Loch am Knie könnte ich als – das ist modern – verkaufen!

Zurück zur Mission. Sollte das etwa Fluchtgeld sein. Sollte er mir damit sagen wollen, ich möge das Land so schnell als machbar verlassen? Völlig verunsichert fuhr ich bei der nahe gelegenen Raststätte „Zur Goldenen Möwe“, meinem allerliebsten amerikanischen Schnellrestaurant vor, um meine Henkersmahlzeit einzunehmen. Meine Schulter wurde heiß und das Blut pochte in den entsprechenden Adern. Das Auge war leicht geschwollen, ich konnte die Speisekarte aber mühelos lesen. Kein Problem für mich soweit.

„Ich muß durchhalten!“

Sie kam, wie sie kommen mußte, die Rücktour. Da mir die Vorlieben nun bekannt waren, richtete ich mich von vorn herein darauf ein. So, wie sich die Hinfahrt gestaltete, so verlief auch die Heimreise. Lauter Nettigkeiten wurden ausgetauscht, ein Resümee des Erlebten gezogen und Freundschaft geschlossen, jedenfalls soweit das in einem Taxi zwischen dem Fahrer und zwei Hundertjährigen möglich ist.

Beim Lösen der Verriegelung für die Rampe klemmte ich mir den Zeigefinger der linken Hand so stark, das die sich bildende Blutblase im nächsten Moment aufplatzte und sich der Lebenssaft auf meinem schönen neuen Poloshirt niederließ! Ich verzog keine Miene und setzte meine Arbeit fort. Im Dunkeln würden die Beiden die Bescherung hoffentlich nicht bemerken. Dabei achtete ich jetzt ganz besonders auf Frau Knolli, um gegebenenfalls ihre Angriffe parieren zu können.

Da öffnete sie ihre Handtasche und zog einen schwarzen Gegenstand heraus, einen Totschläger oder eine Pistole, jedenfalls etwas, das sie mit einer sehr geübten, flüssigen Bewegung handhabte. Ich richtete mich schnell auf und blieb dabei mit dem Gesäß an einem Befestigungshaken hängen. „Rrrrritsch“!, schönen Gruß vom Achterdeck, das Beinkleid hatte ein tragisches Leck erhalten, welches wiederum nicht  ganz einfach als die „Neue Mode“ zu erklären sein würde.

Aus ihrem Geldbeutel überreichte die Dame mir einen Zehner. Das wäre für den guten Service und ich solle mir dafür etwas schönes kaufen. Vorsichtig, wie ein zu zähmendes wildes Tier, ließ ich mir den Schein auf die Hand legen. Nichts weiter geschah. Sie gingen/rollten ihres Weges, winkten, lächelten und weg waren sie in ihrem Haus.

„Siehste, halb so schlimm die Leute!“, sagte ich mir, meinen geschundenen Körper betrachtend. Die Kollegen wollten nur das schöne Trinkgeld für sich haben, aber denen würde ich Was erzählen!

Im Pausenraum der Zentrale saßen sie dann auch, wie die Orgelpfeifen auf unserem roten Ledersofa aufgereiht, gespannt zu erfahren, wie es zu meinem desolaten Zustand kommen konnte.

Ich berichtete von der grausamen Alten, wie sie mich geschlagen und gestoßen hätte. Auch wie mir der Mann in die Hacken gefahren sei, um mich zu Fall zu bringen, nur weil ich die Fahrtstrecke einmal etwas abgewandelt hätte. Der Stich ins Auge mit dem Gehstock, weil ich zu langsam gefahren bin, und so weiter und so weiter. Und geizig seien sie auch.

„Rechnungsfahrt, ihr kennt das!“

Aber, so Beschied ich den Kollegen, ich würde es immer wieder machen.

„Ist ja schließlich ein ganz normaler Fall, der Knolli, nur seine Frau, da ist drauf zu achten!“

So ungefähr sah mein Auge noch Wochen später aus. (Beispielsbild, aufgenommen in der "Alten Bürger" in Bremerhaven)

So ungefähr sah mein Auge noch Wochen später aus. (Beispielsbild, aufgenommen in der „Alten Bürger“ in Bremerhaven)

Die 10 rolligsten Beifahrerinnen (1)

Nummer 10 und Nummer 9 hatten wir schon. Deshalb geht es Heute mit Nummer 8 weiter:

„Sie“ gehörte zu einer Gruppe Senioren, die in der Kneipe „An’ne Eck“ in Langenfelde zünftig gesüffelt  hatte. Kaum einer konnte schon ob des Alters die Spur halten, der Alkohol tat seine Übriges und sie irrten orientierungslos durch die Dorfgaststätte.So führte ich sie nacheinander zu meinem roten Renauld-Bus und buchsierte sie auf die Plätze.

„Elfie“, so um die 70 Jahresringe auf der Hüfte, bettelte:
„Ich möchte gern vorn beim Fahrer sitzen!“

Meine Fahrgäste haben freie Sitzplatzwahl. Nur hinter mir habe nicht nicht gern „Alleinfahrer“, wegen der Angst, die könnten mich würgen, erschießen oder auch erstechen, wegen eines lächerlichen Geldbetrages.

Elfie verspottete mich, als ich ihr den Hocker aufbaute, damit die besser Einsteigen könne.
„Glauben Sie etwa, ich bin alt?“

Ich hielt die Klappe und versuchte sie wenigstens gegen einen Absturz zu sichern.

Genau, wie ich es befürchtet hatte, kam es dann auch. Sie hatte keine Kraft, sich nach der ersten, sehr hohen Stufe abzustützen und das andere Bein hinauf zu ziehen!
Sie ließ sich einfach Brustseits auf den Sitz fallen, umarmte das Polster, als sei es ein Geliebter, der gerade Schluss gemacht hatte und das Weite zu suchen gedachte!

Von meiner Seite her offenbarte sich das vollständige Szenario. Mit der linken Schulter hatte ich ihr Gesäß fixiert, mit dem rechten Knie blockierte ich ihre Hüfte vor dem Drift in den Fussraum.
Sie stöhnte, bekundete „Wohl Auf“ zu sein und gab mir grünes Licht, alles zu unternehmen, damit sie Oben ankäme!
Mit einem, soweit mir nicht einige Fettpolster im Wege hingen, Rundumblick verschaffte ich mir Übersicht und hatte sofort einen Plan.

Leicht in die Hocke gebeugt, setzte ich meine Hebelkräfte nun weiter unten, bei den Oberschenkeln an. Sie stöhnte!

Mir blieb nur ein Versuch, denn meine Kräfte schwanden, ich hatte seit 1 Stunde schon nichts mehr gegessen.

„Verdammt!“, entfuhr es mir, als ich an dem verdammten Trevira-Rock abrutschte und Elfie mit der Faust mitten „rein“ fuhr. Also nicht ganz, sondern nur „dazwischen“!

„Wunderbar, oooohhh, oooooohh. Jetzt sitze ich endlich richtig……Soooooo hat mich schon 40 Jahren kein Mann mehr angefasst!“

Frau Merkel hat gleich noch ein Kernkraftwerk schließen lassen, so rot leuchtete meine glatter Schädel und produzierte Energie für alle Anrainerstaaten der Nordsee . Pearl Harbour für „Arme“, sach ich euch!

Hinterher wurde ich auch noch geknuddelt! Elfie ließ es sich nicht nehmen, ein extra Trinkgeld in meine rechte Gesäßtasche zu schieben, ganz langsam, diese „Schlimme!“