Die Problematik mit den Krankengeschichten hatte ich ja schon einmal angerissen. Da erfährt man ja so Einiges.
Nun mal ein etwas anders gelagerter Fall:
Das Telefon unserer Zentrale bimmelte Heute mit gewohnt aufdringlicher Tonfolge und ansteigender Lautstärke, bis es nicht mehr auszuhalten war. Frau R. Aubtier gab sich endlich gnädig und nahm den Hörer ab.
“ $arbeitgebervonHerrnTaxifahrer, Aubtier, wie werde ich sie schnell wieder los?“
“ Alfred Koholiker hier, ich habe ein Problem und das können nur sie für mich lösen!“, antwortete der uns bekannte Kunde. “ Wissen sie, ich habe Heute eine niederschmetternde Nachricht erhalten, sie wird mein restliches Leben verändern, ich habe Angst, wie es mit mir weiter geht. Bitte schicken sie mir den HerrnTaxifahrer. Er soll 2 Flaschen Korn mitbringen, die habe ich dringend nötig, mir geht es wirklich dreckig!“, klick, zack aufgelegt.
Frau Auptier ist ja einiges gewohnt aber hätte er nicht einfach nur sagen können, was er geliefert haben möchte, statt sie jetzt mit einem P im Gesicht zurückzulassen? Ganz Profi, hackt sie den Auftrag in die Bestellsoftware, schreibt noch wenige Worte dazu und klickt auf senden.
„Püt,püt,püt,püt“, ringt das PDA in meinem Wagen um Aufmerksamkeit. Ich drücke auf annehmen, wie bei 100% aller anderen Pütpüts auch.
Ich lese: 2 Fl. Korn zu Herrn Koholiker. Ausführung sofort. Marke egal, Hauptsache schnell, es ist ein Notfall!
So ein Mist, ich stehe fast vor seiner Haustür( ca. 4 km entfernt). Die nächste Korn-Tankstelle ist aber 15 km weg. Nun ja, hier auf dem Land gehen die Uhren anders und die Menschen haben sich hier eigentlich immer genügend Vorräte zu gelegt, um solchen Ausnahmesituationen vorzubeugen. Doch ich mochte nicht einfach irgendwo klingeln und um den Branntwein betteln. Also fuhr ich nach Hagen um einzukaufen.
Das IPhone spielt „Great Balls of Fire“ von Jerry Lee Lewis. Ich gehe ran.
„Auptierchen hier, bitte sei so lieb und berichte, wie es dem Herrn Koholiker geht. Der hat noch nie so deprimiert geklungen. Vielleicht braucht der Hilfe, seine Stimme war so schwach, ich glaub der hat sogar leise geweint, am Ende!“
“ Alles klar, ich kümmer mich um ihn und ruf dich dann an, mach dir keine Sorgen.“
Mit dem Sprit auf dem Beifahrersitz erreichte ich den Wohnsitz des Auftraggebers. Schreibe gerade die Quittung für den Fahrpreis, da kommt er schon frohen Mutes zu meinem Taxi gelaufen und reisst die Beifahrertür auf.
“ Ach du bist es, HerrTaxifahrer. Immer musst Du einspringen, wenn ich mal wieder Stress habe. Was bekommst Du denn?“
“ Hier, ich hab`s grad addiert. 11,98 für den Korn und 23,50 fürs Bringen. Macht zusammen € 35,48.“
“ Hier sind 50, mach 40,00. Hat ja wieder gut geklappt!“
Den Zehner überreichend, schaue ich noch einmal ganz genau an ihm herunter. Sauber gekleidet in Poloshirt und Freizeithose, sogar richtige Schuhe hat er an. Das Kinn ist rasiert und Haare wir frisch vom Frisör. Was soll ich nun der Zentrale übermitteln? Beim letzten Noteinsatz musste ich 5 Minuten dauerklingeln, bis er an die Haustür gerobbt kam. Damals hatte er es gerade noch geschafft, wenigstens seine Blöße mit einer Unterhose zu bedecken. Er war schon heftigst zu gewesen als ich auf ihn traf und er rundete gleich auf 50€ auf 🙂
Da bemerkte ich, wie sich unsere Blicke trafen und da platzte es aus ihm heraus:
“ Weisst du HerrTaxifahrer, ich habe heute etwas erfahren, das ist ungeheurlich. Das ist so unvorstellbar, das ich jetzt gleich mit diesen beiden Freunden eine Party veranstalten werde, bis Nichts mehr von ihnen über ist!“ Er lehnt sich zurück als ob er mich auffordete mich wieder anzunähern um ihm weiterhin zu lauschen. Also beugte ich mich nach Vorn um Weiteres zu hören.
“ Weisst du, heute habe ich Post bekommen. Ich soll wieder in Therapie. Ich soll auf Entzug. Das ist ungeheuerlich, das schaffe ich nicht und das versuche ich erst gar nicht noch Mal. Ich saufe mich jetzt tod. Tschüss, schönes Wochenende HerrTaxifahrer!“
„Auch alles Schöne!“, wünsche ich zurück, nicht ohne ihm hinterher zu rufen „Bis demnächst!“
Er nickte mir zu und hakte seine neuen Kumpels ein und trottete zufrieden ins Haus.