Selbst gemachte Leiden

Weis der Teufel, weshalb ich mich immer wieder auf Kunden einlasse/verlasse, die eben schnell wo hin möchten, völlig simple Angelegenheit, nur eben einschieben, ruckzuck, gibt auch `nen Euro Trinkgeld!

Gestern Abend in Loxstedt. Es ist 24:00. Es bimmelt das Handy.

Ein Taxi in die „adelige“ Straße bitte. Wir wollen in die Nachtschicht!

Ich schaue zur Uhr und rechne. Um 00:50 muß ich hier am Bahnhof eine Tour fahren. Fünf Minuten zum Abholen, 18 Minuten hin, Drei Minuten kassieren, 18 Minuten zurück. Da bleiben noch satte 6 Minuten Sicherheit!

Leute, das geht nur wenn ihr mitspielt. Geht bitte schon vors Haus. Bin in 4 Minuten dort!

Das Haus kenne ich. Als ich einbiege schiesst es mir gleich durch den Kopf: „Da steht noch Niemand!“

Ich biege in die Hofeinfahrt, sehe nur in einem Fenster Licht, es flackert.

Sitzen die echt noch vor der Glotze!?“

Ich denke gerade daran, einfach wieder wegzufahren.

„Nee, nicht mit mir!“

Da schlurft einer aus der Haustür zu mir rüber, Falsche Bier am Hals und setzt sich rein. Ich erkundige mich, ob wir abfahren können, er verneint, denn sein Kumpel müsse noch die Playstation runterfahren oder so. Arschlöcher!

Nach weiteren vier Minuten und einem Telefonat kommt endlich der zweite Fahrgast. Ich bemühe mich um Contenance, komme aber nicht umhin, zu erklären, in welche Bredouille sie mich nun gebracht haben. Ihr Mitleid hält sich in Grenzen, ich fahre zu schnell. Diese Penner!

Da hab ich mal wieder ein gutes Herz und werde so dafür belohnt. Es sollte noch dicker kommen!

Wenn du bezahlt werden willst, musst du noch in der Georgstrasse bei der §scheissinternetbank halten!

Suuper, diese Mistkröten! Ich trage es mit Humor und witzele mit dem verbliebenen Fahrgast über dieses Geldinstitut. Ich bemerke, das ich dachte, diese Bank gäbe es nur virtuell, so im Internet und ohne Filialen.

„Das ist bestimmt ein Fake!“

Ich kann den Mann sehen, wie er auf dem Terminal herumhackt, glotzt, kopfkratzt, hackt, blöd guckt, wiederkommt. „Weitere 4 Minuten im Arsch!“, denke ich.

Der Automat hätte Leerstand gemeldet. Wusste ichs doch, FAKE-BANK!

Statt nur bis zur Kennedy-Brücke fahren wir jetzt in die Bremerhavener Fußgängerzone rein. Natürlich verboten, aber ich habe keine Zeit, wir müssen zur SPARDA-Bank. Der andere Typ steigt aus und schafft es noch nicht einmal bis in den Vorraum. Die verflixte „dreckshundpisskacken“ Tür öffnet nicht.

Rundumblick. „Wenns um Geld geht,……!“, lese ich.

„Los, beide raus und da hin. Mir scheissegal ob ihr Gebühren habt! Lasst eure Karten glühen!“

Endlich das erlösende *flapflapflapflap* der Geldmaschine. Ich nehme das Fahrgeld in Empfang. Satte 90 Cent Trinkgeld lassen sie mir, „weil das bezahlen so schneller ginge und ich ja auch etwas bekomme solle, für meinen Stress!“

Verdammter Dreck! Ich bin mächtig sauer auf MICH! X-Mal ist das schon so gelaufen und immer wieder stellt mir meine Gutmütigkeit ein Bein. Ok, zügig zurück nach Loxstedt, Frau $zugfahrgast soll nicht zu lange warten. Es ist 00:48. Eine Telefonnummer habe ich nicht von der Frau, sie fährt Sammeltaxi, da erfahren wir keine persönlichen Daten ausser dem Nachnamen.

Mit Bleifuss durchs Cuxland! Ich muss mich stark zusammen reissen nicht zu rasen. Meine letzte derartige Tor-Tour hat vermutlich einen Waschbär das Leben gekostet, weil ich  nicht rechtzeitig bremsen konnte. Ich heule gleich!

Um 01:01 fahre ich am Bahnhof vor. Gähnende Leere all überall.   Ich entschliesse mich, ihren Nachhauseweg abzufahren, um sie ggf. noch aufzugabeln. Niemand zu sehen, ich wende und leuchte den Weg noch einmal aus. Nichts zu sehen.

Aus der Ferne erspähe ich, wie sich die Schranken schliessen und ein Fünkchen Hoffnung keimt in mir auf. Die Schranke ist lange zu, ungewöhnlich lange!

„Ist etwa doch Verlass auf die Bahn und sie kommt zu spät?“

Bahn Rot

Langsam fährt von links die Regionalbahn ein. Es ist 01:12. Ich schaue auf die Anzeigetafel. Keine Verspätung angezeigt. In der Bahn-App auch nicht. „Auch Arschlöcher!“ Alle habe sich gegen mich verschworen!

Meine Fahrgästin entschuldigt sich für die Verspätung. Sehr löblich. Dann erzähle ich ihr, was ich in der Zwischenzeit so gemacht habe.

Wir lachten bis vor ihre Haustür und dann konnte ich endlich gen Feierabend abbiegen.

Die Moral:

Ich werde es vermutlich nie hinbekommen, so eine Tour abzulehnen, weil ich gern einmal erleben möchte, das mein Plan funktioniert!

 

Höchstlohn

HerrTaxifahrer, vielen Dank das sie uns so nett gefahren haben!

 

Zum 70. Geburtstag meines Mannes hatten wir uns etwas ganz Besonderes überlegt, nicht so eine normale Feier, sondern eine Wanderung mit anschließendem gemeinsamen Essen.

Ohne Sie, der unsere Familie zum Ausgangspunkt brachte und am Dorf-Cafè wieder abholte, wäre es niemals so schön geworden!***

 

Das gebe ich gern zurück. Ihre Familie strahlte eine bezaubernde Harmonie aus, richtig ansteckend!

***Einer der Gründe, warum taxifahrer-sein süchtig macht!

P.S. Zufällig Gestern in der Liste der Suchbegriffe: „taxisuechtig“. Und was soll ich euch sagen, der suchende Mensch hat gefunden! Genau 1 Suchergebnis förderte Google zu Tage, den Post „Taxisüchtig, vom September 2013„.

Vielleicht sind es ab Übermorgen 2 Ergebnisse? 🙂