Überstunde*

*Eine tragisches Stück in drei Absätzen

Ein Stammkunde wollte nach dem 6-Tage-Rennen in Bremen mit dem Zug anreisen und gegen 2:00 am Bahnhof abgeholt werden. Er würde ggf. rechtzeitig absagen. Für den Fall, das er „versacke“, stellte er ein großzügiges Trinkgeld in Aussicht.

Pünktlich bezog ich am vereinbarten Ort Position, freute mich auf einen gutgelaunten Fahrgast und lauschte noch etwas den Spätnachrichten. Die hörte ich nun schon zum vierten Mal diese Nacht, weil in mir die Hoffnung schlummerte, das so spät vielleicht Irgendwo irgendein deutscher Politiker mit Anstand wach sei, daran arbeite, wie diesem Herrn Trump Paroli zu bieten sei. Die Nachrichten brachten dazu nichts Neues. Der Zug ist noch nicht eingefahren, ich checke den Fahrplan mittels meiner DB-App. Jetzt genau sollte der Zug….., „ach schau her, die Ampel schaltet auf Rot und die Schranken senken sich!“

Das Handy bimmelte. Der Stammgast war dran. Er sei quasi „in den Zug gestürzt“, „ein Wunder das er noch sprechen könne“! Die Ärzte leisteten ihr Bestes und da er die Nacht in Bremen im Krankenhaus verbringen müsse, täte es ihm leid, meine Dienste nicht mehr beanspruchen zu können. Ich kondolierte höflich und machte mich vom Acker.  Durch gefrierenden Nebel im Hollener Kamp fuhr ich in  den wohlverdienten Feierabend. Bin gespannt, ob er sich Morgen noch an seine o.a. „Vertragsstrafe“ erinnert.

 

Freud zu Leid

Zwischen den Jahren, 22:30.

„Schön das du da bist, um diese Uhrzeit. Ihr Taxifahrer seid die Besten, immer da, immer bereit! Danke!. Bitte zuerst meinen Kumpel abholen und dann nach Bremerhaven, gibt auch ordentlich Trinkgeld!

Erfreut über soviel Empathie setzte ich mein strahlendstes Lächeln auf und entschied mich für den hochherrschaftlichen Fahrstil, d.h. Kurven sind großzügig zu schneiden, es ist weich zu Beschleunigen als sei die Queen oder Dynamit an Bord! Bremsen, so sanft, das der Fahrgast nicht mit dem Kopf nicken muß. Abstand halten, das man den Vordermann nur so eben erblinzeln kann und Vieles mehr.

„Fährst aber Autobahn, ne!“

„Sichi, Autobahn, sehr gern!“

Mit seinem Kumpel erreichte ich die A 27 Richtung Norden und mir wurde geheissen, etwas auf die Tube zu drücken.

„Jetzt mal „Kickdown“, hier kannste ruhig 160 (erlaubt 120) fahren!“

Jaja. Ich beschleunigte auf 120 km/h und erkundigte mich, welche Abfahrt es sein dürfe.

*nix*

„Welche Abfahrt, oder wo hin?!“

*nix*

Als wir soeben die Abfahrt „Süd“ verpasst hatten wurde der „Kumpel“ auf einmal wach und frug wiederum seinen Kumpel:“ Wollten wir nicht zum“ Krons Eck“?“

„Äh, ja klar. Taxifahrer, fahr einfach die Nächste ab!“

Bis hierhin war es nur ein kleiner Umweg von drei Kilometern gewesen. Nach einem kurzen Stop an der Sparkasse erreichten wir das Ziel.

„Geschlossen! Warum sagst du nicht Bescheid, du warst doch bestimmt schon hier Heute, Taxifahrer!?“

„Nein, bisher wollte Heute Keiner hier her!“

„Dann zur Lessingstrasse!“

In der Strasse mit den käuflichen Mädels angelangt, zeigte das Taxameter genau € 59,50. Mir sackte das Herz in die Kniekehlen. Das ist eine verdammt ungünstige Konstellation. Ein sehr hoher Fahrpreis, für eine Strecke, die auf dem direkten Weg vielleicht nur die Hälfte betragen hätte und Aussicht auf nur € 0,50 Trinkgeld bescherte. Und das bei all meinen Bemühungen eine perfekte Tour hinzulegen.

Und was dann geschah, hätte der HerrTaxifahrer sich nicht besser ausdenken können, weil das so bescheuert war, das glaubt keiner!

„Mach 50!“, sagte der Fahrgast jovial und reichte mir den passenden Schein.

Und dann dauerte es etwas. Von Außen betrachtet hätte sicher Jedermann angenommen, wir würden an der „Mannequin Challenge“ teilnehmen und unsere Bewegungen absichtlich für einen Moment eingefroren haben.

Das war es aber nicht, denn fast hätte ich meinem Fahrgast gedankt und wäre weggefahren. Mit einem 10er Verlust. Zum Glück hatte mich der zweite Blick auf das Spiegeltaxameter gerettet und meine rationale Gehirnhälfte hatte den Fehler festgestellt.

„Mein Herr, es sind € 59,50, ich bekomme noch weitere € 9,50 von Ihnen!?“

„Taxifahrer, das kannste vergessen. Fährst uns hier wild durch die Stadt und willst mich jetzt abzocken!?“

In diesem Moment griff der Kumpel von Hinten ein, reichte mir einen Zehner und sie verschwanden. Und in diesem Moment erinnerte ich mich zum Glück an einen Vorsatz, den ich mir zu Beginn der letzten Silvesterschicht gefasst hatte:“1

 

Und die Moral von der Geschicht!?:

„Trau angetrunkenen Fahrgästen nicht!“

 

Silvester 2016/2017

Der Dezember-Dienstplan erschien. 31.12.2016, 18:00 bis 06:00!

Es gibt Kollegen, die sich die Finger lecken würden, weil sie Trinkgeld und nette Fahrgäste wittern, in nicht unerheblichem Ausmaß. Da meine persönlichen Erfahrungen etwas sehr neben der allgemein geltenden Taxifahrer-Meinung lagen, war ich leicht angefressen. Da konnten auch die vier Tage Freizeit über Weihnachten fast nichts dran ändern. Tapfer erwartete ich den Tag, der mich wie immer zum Schafott führen würde.

Damit ich nicht in die Luft ging, in Stressigen Situationen, legte ich mir einen Plan zurecht:

  1. „Reg dich nicht auf, egal was passiert!“
  2. Bei kleinsten Pulksschwankungen siehe 1.
  3. 1.1.1.1.1.1.1.

Zu Beginn hatte ich 3 Touren gefahren. Dann war schlicht nichts mehr los. Insgeheim spekulierte ich damit, kurz vor Mitternacht nach Hause zu fahren, um mit meiner Frau den Jahreswechsel zu verbringen und mich danach ins Getümmel zu stürzen.

Wie in meiner ersten Silvesterschiucht 2010/2011 zog ich jedoch die Arschkarte. Zwei junge Damen hatten sich kurzfristig entschlossen, doch noch am Partyleben teilzunehmen und wollten dazu gern um 23:40 nach Bremerhaven gefahren werden. Ich dachte nur ans Eines:“1.“

„1.“

Aus Spaß fragte mich meine Kundin nach einem Festpreis. Und ich wollte gerade lospoltern, da fiel mir wieder ein: „1.“ Die Tour endete mit dem ersten Magnum-Trinkgeld, einem 10er!

Um 23:57 stand ich an der Aral-Tanke gegenüber der Bremerhavener Stadthalle und wollte mir just einen guten und sicheren Standplatz zur Beobachtung des in wenigen Minuten zu erwartenden Infernos sichern.

Entlang der Stresemannstraße hatten sich einige Gruppen zusammen gefunden, um ein massives Feuerwerkerlebnis zu feiern.

Ein klein wenig freute ich mich, diesen Moment geniessen zu können, während sich die „Sprengmeister“ noch die günstigsten Positionen für ihre Raketenbatterien aussuchten. Da traten zwei Männer an mich heran.

„Schaffen sie das, in 3 Minuten zur Deichstrasse und zurück!?“

Und dann saßen sie auch schon in meinem Wagen. Da war er wieder, dieser Moment der Hilflosigkeit, der Verzweiflung. „Warum immer ich, ich kleiner Taxiwurm in diesem Universum?“ „1.“

„1.“

Der eine hatte das Geschenk für seine Freundin vergessen und müsse es schnell, sehr schnell noch holen, bevor sie es merken würde. Denn sein Kumpel hatte schon mitbekommen, das das Mädel ein Paar sehr teure Sneaker vorbereitet hatte. Und 24 Leute würden dann Live dabei sein, bei seiner Demütigung!

Da mußte ich natürlich helfen! Als die ersten Böller viel zu früh zündeten, bahnte ich einen Weg durch den feuerspeienden Moloch. Nur wenige Minuten später traf ich wieder an der Tanke ein, mit einem bis über beide Backen strahlenden  Jüngling und einer Packung Parfüm im Wert von € 200,00!

Den Jahreswechsel hatte ich zwar verpaßt, aber immer hin für eine gute Tat. Die nächste Tour führte mich ins gemütliche Schiffdorf, gleich östlich Bremerhavens. Und wie ich den Weg durch die böllernde Gemeinde erlebte, könnt ihr in folgendem kleinen Video erleben, das ich für euch aufgezeichnet habe.

Von da an lief dann Alles wie am Schnürchen. Nette Fahrgäste, ausnahmslos! 

Und das Trinkgeld war auch OK!

 

 

 

 

Kurz vor dem Ziel krachte es…..

Mein Kunde wurde kreidebleich und drohte in sich zusammenzusinken. Bis hier hin war die Tour völlig planmäßig verlaufen.

Keine Tiere mitten auf der Straße, die Piste trocken, und die Straßen leer. Warum mußte das ausgerechnet mir passieren. Einfach so, aus heiterem Himmel. Ich muß zugeben, das ich auf den letzten Metern etwas zu leichtsinnig gewesen war. Ganz klar, das war Alles meine Schuld, mein Versagen. Wie erkläre ich das bloß meinem Chef. Vor 14 Tagen erst der große Wildschaden und nun dies auch noch.

Das Drama nahm seinen Lauf gleich zu Dienstbeginn:

„Sattele den Caddy und arbeite die Einkaufsliste ab! Herr B. Soffski wartet auf seine dringende Lieferung aus der Apotheke und bitte auch die restlichen Sachen von der Einkaufsliste mitbringen. Döner ist schon bestellt, brauchst du nur noch abholen!“

Station für Station erledigte ich meinen Zettel, nicht ahnend, welche zerstörerischen Kräfte sich an diesem Nachmittag noch entfalten würden. Routinejob. Eben etwas shoppen und dann ausliefern. Easy! Tausendmal gemacht!

Die Dame von der Apotheke erreichte ich genau eine Sekunde vor Ladenschluss! „Hier, ist Alles in der Tüte. Bitte sofort hinbringen. Herr S. hat Schmerzen!“

Noch schnell zum Döner. Stand schon auf dem Tresen, der Maxiteller „mit Alles“! Ich beglich die Rechnung, sortierte sie zu den Anderen in meine Börse und machte mich auf den Weg. Um diese Zeit herrschte eigentlich Berufsverkehr aber irgendwie nicht auf meiner Strecke, denn es war Sonntag Abend so trat ich das Gaspedal etwas tiefer hinunter als gewöhnlich.

„Wenn ich pünklich sei,“ so die Zentrale,“ wäre mir ein fettes Trinkgeld sicher!“

Das spornte mich natürlich an. An erster Stelle stand natürlich die Sicherheit, dann erst die Gier! Das hat uns der Chef immer eingehämmert, denn er müsse schließlich für den Schaden aufkommen, wenn etwas passiert.

Der letzte Satz schoß mir noch einmal durch den Kopf. „Das gibt Ärger!“ Ich hatte es eigentlich fast geschafft.

Es waren nur noch etwa 5 Meter! Nur noch um eine Hausecke, dann wäre ich endlich dort und könnte meine Ladung loswerden. So langsam wurde sie nämlich etwas schwer.

Ich hatte auf den Kasten Haake Beck Pils (30×0,33) wie immer den Dönerteller und 2 Flaschen Alter Senator gestellt. Die Tüte mit dem Aspirin passte da auch noch ganz gut hin.

Nun klemmte ich meine Geldbörse unter den linken Arm, hob den Kasten mit Inhalt auf meine Knie und betätigte die Zentralverrieglung mit dem Schlüssel in der rechten Hand.

„S******E!“

Ich hatte das Gartentor zum Haus meines Kunden nicht geöffnet. Zum Darübersteigen war die Pforte zu hoch. Ich beugte mich etwas nach vorn um den Riegel zu betätigen. Prompt verrutschte das Dönertier und nur mit Mühe konnte ich die Balance halten. Die Tür war nun auf und ich ging vorsichtig weiter zum Hauseingang.

Da stolperte ich ein wenig über die Randpflasterung und drehte mich einmal komplett um mich selbst um nicht zu stürzen. Leider war da noch die Zentrifugalkraft und da wurden in diesem Moment Grenzwerte überschritten, die die Kornflaschen an ihrem Platz hielten.

Mit einem lauten „Peng“, klatschte eine Flasche auf den Gehweg und zerbarst in tausend Scherben. Das gute Nass sickerte sofort in die Fugen und stieg mir außerdem noch in die Nase.

„Oh Gott! Was machst du da, HerrTaxifahrer!?“

Mein Kunde hatte das Geschehen von der Treppe aus beobachtet und drohte ob des Gesehenen zu kollabieren.

Schnell rief ich ihm zu, das nur eine Flasche gefallen sei, worauf hin sein Antlitz umgehend wieder Farbe annahm.

„Trinkgeld gibt`s heute aber nicht!“, wurde mir dann förmlich mitgeteilt. Gefolgt von einer Belehrung über Transportsicherung und Verantwortung und so weiter und so fort.

Zum Abschluss sei noch gesagt, das mein Chef bis Heute nichts davon erfahren hat. Er soll einmal ein paar Tage ruhig schlafen können. Außerdem stellte ich beim Verlassen des Grundstücks fest, das von außen gesehen, links neben der Pforte überhaupt gar kein Zaun angebracht ist. Das war mir in 6 Jahren bei diesem Stammkunden nicht aufgefallen.

 

 

P.S. Service-Merkspruch des Tages:

Sei ein guter Taxifahrer und benutze die Pforte, auch wenn links kein Zaun ist!

Dieser Spruch ist abgeleitet von einem, den ich vor 35 Jahren in der Barbara-Kaserne Delmenhorst auf dem Klo einer amerikanischen Einheit gesehen hatte. Es handelte sich dabei um ein offizielles Dokument, keine Scheißhaus-Pinselei. Es war neben jedem Waschbecken und auch auf jeder Tür unter Elefantenhaut zu lesen:

„Be a good soldier always, not only if somebody is watching you!“

„Sei immer ein guter Soldat, auch dann, wenn Niemand zuschaut!“

 

Warteschlange vor dem Pam Pam

Sobald das Ei einer Frau und die Samenzelle eines Mannes zusammenfinden, entsteht neues Leben!

Wie ihr aus der Überschrift entnehmen könnt, handelt die heutige Schilderung meiner samstäglichen Nachtschicht von einer Lebensform. Ohne diese wundervollen Geschöpfe der Natur gäbe es diese skurrilen Geschichten nicht. Heute ist wieder einmal ein Männchen der Hauptdarsteller!

Es schlug gerade zwei Uhr, ich lungerte am Pam Pam herum und beobachtete das sehr junge Partyvolk. Da kam ein alter Bekannter den Weg zum Taxiplatz heruntergelaufen getorkelt.

Dieser männliche Erwachsene hat ein paar Schwächen (Alkohol, Frauen, Blasen-), die ich hier nicht im Detail ausführen möchte . Jedenfalls war er sehr bestrebt, souverän und nüchtern aufzutreten, denn der HerrTürsteher kennt bei chronischen Trinkern kein Pardon, wenn sie über die Stränge schlagen hatten. Außer sie habe Geld. Viiiieeel Geld!

Unser Protagonist hatte normale Mengen Geld, also mußte er durch den Haupteingang, dessen rechter, gläserner Türflügel geöffnet, aber durch den Körper eines Sicherheitsmannes geschützt war.

Es sah ungemein putzig aus, wie unser Held im Zickzack, das Haupt erhoben, mit durchgedrückten Knien auf die Tür zu schritt. Er legte sodann den Kopf auf die Seite, grüßte den Türsteher jovial und krachte mit voller Wucht gegen den geschlossenen linken Flügel.

Bemüht nicht zu stürzen, balancierte unser Mann einer Ballerina ähnlich, teils auf den Fußspitzen, teils auf den Hacken seinen Körper aus und nahm dann in einer Art  persiflierter, soldatischer Grundstellung vor dem Türsteher Haltung an. Er redete auf den Türsteher ein und versuchte nun, sich irgendwie unter dessen Armen hindurch in den Tanzpalast zu schleichen. Das klappte nicht. Auch die minutenlangen Versuche, sein Gegenüber durch strenge Blicke zu beeindrucken oder zu hypnotisieren fruchteten nicht. Er wurde von mal zu Mal schroffer abgewiesen.

Da erwachte das Helfersyndrom in mir und weil er ein an sich harmloser, wenn auch nicht unkomplizierter Zeitgenosse ist, beschloß ich ihn vor weiteren Drangsalierungen zu bewahren und lockte ihn verbotener Weise* in mein Taxi.

„Na mein Großer, wie sieht es aus. Der Türsteher ist doch echt ein Arsch, oder!?“, versuchte ich mich einzuschmeicheln. Fürsorglich bot ich an, ihn auf dem kürzesten Weg nach Haus zu bringen.

„Ja, fahma zu mein Hause! Geld holen!“

Wofür er noch Geld benötigte konnte ich in seinem Antlitz sehen, als er mich fragte:“ Uuuun wo faahn wia dann hinn, HerrTaxifahrer?“

Das war der Puffblick. Normal geht mir dann immer das Herz auf, wegen des Fahrpreises und des meist fetten Trinkgeldes. Heute jedoch war es an mir, meine kleine Geldquelle zu beschützen und von wirklich unnützen Ausgaben abzuhalten. Er war so stramm, der wäre irgendwo im Rinnstein geendet. So beschwichtigte ich und fuhr ihn nach Haus.

Das Taxameter zeigte € 8,70 und ich bat um Begleichung der Rechnung. Mein Fahrgast hiess mich einen Moment zu warten, er hätte da noch eine Sache, die müsse er noch klären.

ER läutete, statt die Tür selbst aufzuschliessen. Es dauerte und dauerte bis ihn Jemand einließ. Er diskutierte mit der Person hinter der Tür und winkte ständig zu mir herüber. Es nieselte leicht und ich hatte wirklich keine Lust auszusteigen, ich winkte zurück.

Er kam zu meinem Fenster und eröffnete mir, das wir gleich wieder zurück zum Pam Pam fahren würden.

In dem Moment tauchte hinter ihm eine ältere Frau im Bademantel, Hausschuhen und einem sehr hässlichen Haarnetz auf dem Kopf auf.

„Das ist meine Mutti, die fährt jetzt mit ins Pam!“

„Mein lieber Scholli!“, dachte ich mir. Da hast du dir wieder mächtig was eingebrockt. Nun half nur noch der Angriff nach vorn mit deutlichen Worten und etwas unmittelbarem Zwang.

Die Mutter war sehr kooperativ, sie hatte sich schon einen 10er eingesteckt, um das Taxi zu bezahlen. Sodann schob ich ihr Söhnchen mit etwas Kraftaufwand zurück ins Haus und hielt von aussen die Tür zu, erklärte ihm, das Taxis diese Nacht nicht mehr fahren würden, bis er fluchend ins tiefere des Hauses verschwunden war und ich ihn nicht mehr hören konnte.

Zurück im Wagen notierte ich die Eckdaten der Tour für die Buchhaltung und nahm zufrieden zur Kenntnis, das im Kinderzimmer des „Buben“  unter dem Dach das Licht anging.

Zufrieden machte ich mich auf den Weg zurück zur Disco und reihte mich in die Schlange der Taxis ein, immer mit der Hoffnung, das der nächste Fahrgast ein ganz normaler Durchschnittsmensch sei.

 

*Fahrgäste aggressiv anlocken ist verboten.

„Jetzt Rechts!“

„Jetzt Rechts!“, befahl der Fahrgast. Er kannte sich offensichtlich aus. Er wollte gern, wie ich es immer nenne, quer über den Acker fahren, ohne Rücksicht auf die Straßenqualität und STVO. Ich liebe Abkürzungen und lerne auch nach 6 Jahren ab und an neue Spezialstrecken kennen und benutze diese dann auch, sofern es erlaubt ist und die Strecke eine erträgliche Fahrbahn hat. Da kann es im Winter schon einmal im Desaster enden, wo im Sommer eine schöne Sight-Seeing-Tour lockte. Hier im Cuxland werden gelegentlich Straßen geflutet, wenn sie in einem Ausgleichsgebiet liegen. Deshalb fahre ich verbotene und nicht bekannte Strecken nur in absoluten Notfällen. Notfällen!

Die Strecke des Fahrgastes war durch das Zeichen 250, Verbot für Fahrzeuge aller Art gekennzeichnet, deshalb lehnte ich diesen Weg ab. Nun folgte ein nicht endender Monolog über die faulen, unflexiblen und geldgeilen Taxifahrer.

Ich hatte zwar Verständnis für den Fahrgast, weil der Preisunterschied zwischen der Geraden über den „Acker“ und des rechtwinkeligen Hakens über drei Dörfer geschätzt  € 15 betrug, nicht aber für seine Ausführungen über meine Arbeitsmoral, Intentionen und meinen Geisteszustand, welchen ich mit mäßigem Erfolg widersprach. Ich schaltete auf „Durchzug“. Das widerstrebt mir zwar sehr, doch nach den Erfahrungen der letzten Wochen würden meine Nerven weitere Diskussionen nicht mehr lange aushalten können. Es kommt die dunkle Jahreszeit, ich muß mich schonen!

Es folgte ein kurzer Versuch das Entgelt über die Festpreisschiene zu drücken, aber nach einem kurzen Stop, mit bitte um Bezahlung und Ausstieg an der Bundesstrasse, mischte sich „Gott sei Dank“ seine Ehefrau ein und die Tour endete dann wortlos bei € 38,10.

Und zum Schluß noch ein paar Tipps für alle normalen Taxikunden:

  • Der Taxifahrer ist zu vielen Schandtaten bereit, aber seid nicht böse, wenn er es vermeidet  Bussgelder in Kauf zu nehmen, damit ihr billiger ans Ziel kommt. Es ist sein Taxischein und sein Geld, mit dem ihr zockt!
  • Redet mit dem Taxifahrer wie mit einem Erwachsenen Menschen. „Bitte“ und „Danke“ erzeugen in ihm ungeheuerliche Glücksgefühle und öffnen sein Herz für Sonderwünsche!
  • Erkundigt euch schon bei der Bestellung nach dem zu erwarten Fahrpreis. Der Fahrer ist nicht Schuld daran, das ihr etwas getrunken habt, oder eure Frau euch im Stich gelassen hat. Und das ihr nur sehr wenig verdient, tangiert den Taxifahrer nur peripher, erinnert ihn nur an seinen knappen Sold!

Schönen November euch allen!

Kühe grasen in der Dämmerung. Die Sonne quält sich mit letzter Kraft mühevoll zwischen den Eichbäumen an der Weide hindurch. Der Tau liegt schwer auf den Halmen. Es ist Herbst.

 

Schichtbeginn, den man nicht braucht!

Gleich  beim ersten Auftrag gab es  ein Mißverständnis. Ein Kollege hatte meine Fahrgäste eingeladen und als ich eine Minute nach ihm dort eintraf, begegnete  ich eben  den eigentlich ihm zugedachten erzürnten Fahrgästen. 

„Unverschämtheit, unfähig, dumm, faul!“,so sei er, der durchschnittliche Taxifahrer.

Ich ludt die Gruppe trotz weiterer Beschimpfungen ein, in der Hoffnung, das Palaver würde damit beendet sein. Ich täuschte mich, der Mann atmete heftig und seine Stimme überschlug sich, als einer der anderen Fahrgäste mich bat, sofort anzuhalten!

Zu meinem Erstaunen zerrten zwei Leute aus dem Fond meinen Sitznachbarn aus dem Taxi und ließen ihn protestierend auf dem Bürgersteig zurück.

„Weiter, jetzt haben wir endlich Ruhe. Der hat schon den ganzen Tag genervt!“

Mit einem breiten Grinsen setzte ich den Blinker. Fast hätte ich vor Freude geweint!

Nein hätte ich nicht, aber es war wirklich sehr schön und Trinkgeld gab es für den blöden Fahrer auch noch reichlich. Hatte sich doch gelohnt, die Tour anzunehmen!