Unter Verdacht

Am Freitag war richtig schön was los, die Aufträge kamen schon früh. Unter anderen war gegen 22:00 auch eine Gruppe junger Männer von Stotel zum Kühlhouse zu bringen. Der Club ist im Fischereihafen in Bremerhaven angesiedelt. Gegen 2:30 am Samstag Morgen kam dann der Anruf, bitte wieder abgeholt und zur Kasba chauffiert zu werden.

Ich kam pünktlich dort an und die Jungs wollten draußen am Bürgersteig warten. Das Lokal erschien auf der rechten Seite und ich ließ meinen Bus langsam ausrollen, während ich nach einem günstigen Platz für das Einsteigen suchte. Mitte vor dem Eingang warteten 2 Kollegen aus Bremerhaven auf Kundschaft. Ich fuhr vorüber und bemerkte,das meine Kunden mein knallrotes Gummiboot   mich erkannt hatten und folgten mir, damit ich bequem einlochen einparken konnte.

Als ich gerade zum Öffnen der Schiebetür aussteigen wollte überholte mich der Bremerhavener Kollege mit seinem Touran und setzte sich von links schräg vor meinen roten Panzerwagen und begann umgehend wild herum zu fuchteln und er brüllte bei geöffnetem Seitenfenster herüber, ich solle mich verpissen uvm.

Bremerhaven liegt nicht in unserem Pflichtfahrgebiet und deshalb dürfen wir dort eigentlich keine Leute einladen. Es gibt aber für die Kunden die freie Wahl des Taxis, unabhängig von den jeweiligen Fahrgebieten der Unternehmen. Und so kann sich Jeder, zu jedem Ort in Deutschland sein Lieblingstaxi bestellen um sicher befördert zu werden.

Da hatte wohl wieder einer die „Sendung mit der Maus“ verpasst? An mir blieb es wieder hängen, die Nachschulung durchzuführen.

Meinen Fahrgästen trug ich auf, sich etwas zu gedulden und entnahm mein PDA aus der Halterung, um dem „Kollegen“ meinen Abholauftrag zu zeigen.

Ich zwängte meinen Astralkörper durch die Fahrertür, richtete die Berufskleidung und schritt auf den „gegnerischen“ Fahrer zu. Der hatte es dann doch auf einmal eilig, seine Position am Taxistand zu sichern und setzte Kommentarlos zurück. Meine Truppe hatte sich derweil das Schauspiel angesehen und formierte eine Schildkröte. Furchterregend marschierten sie so auf den Touran zu. Lautstark bekundeten sie mir Solidarität und wollten mich beschützen. Ein Wort und sie hätten getötet.

Mit knapper Not konnte ich die aufgebrachten Stoteler so eben noch bremsen. Mit dem Schlachtruf „Kasba,Kasbaaaa,Kaaassssbaaaaaa!“ hielten sie sich warm.

Endlich hatte der Fahrer sein Fenster geöffnet und erklärte die Lage. Allerdings war er der Meinung, es gehöre zum Guten Ton sein Revier zu verteidigen, deshalb seine Aktion zu Anfang. Genug Zeit war verplempert, zu wertvoll, dieser Amöbe die Welt zu erklären.

Endlich konnte die Fahrt zur Höllennacht in die Kasba angetreten werden.

Anmerkungen:

Die Stadt Bremerhaven wird komplett vom Landkreis Cuxhaven, damit von Taxiunternehmern aus diesem Bereich umlagert. Viele Fahrgäste lassen sich von uns nach Bremerhaven bringen, einige auch sehr gern wieder von ihrem Taxifahrer ihres Vertrauens abholen. Und da sind am Abend sehr viele Landkreiswagen in der Hafenstadt unterwegs und werden von den Kollegen dort als Fremdkörper angesehen.

Leider ist es in Bremerhaven genau so, wie in anderen großen Städten. Es gibt zu viele Taxikonzessionen. Die Unternehmer schicken ihre Wagen wenn möglich 24h auf die Straße, damit sich ja keiner einen größeren Anteil an der Beute sichern kann. Und das kostet die Blutsauger keinen Cent extra, denn ihre Sklaven arbeiten nicht für einen Stundenlohn, sondern für einen Anteil an den Einnahmen. Die Auftragslage erlaubte das auch noch vor einigen Jahren. Jedoch hat sich das Konsumverhalten der Einwohner geändert und es werden wesentlich weniger Taxis benötigt.

Und so kommt es, das die Kollegen in Bremerhaven sich sie Reifen platt stehen und in immer mehr zu leistenden Stunden einen immer kleiner werdenden Lohn einfahren. Der Frust der dann entsteht, entlädt sich leider oft auf der Straße, bei solchen wie oben beschriebenen Auswüchsen.

 

Im Zentrum der Macht

Draußen lassen die Bäume erkennen, das die 3. Jahreszeit naht und somit das Mistwetter und Düsternheit die Oberhand gewinnen.

Habe Heute mit meiner ersten Tour wieder die Omi’s und Opi’s nach Haus gefahren.

Auf Englisch nennt man den Herbst bekanntlich „Fall“. Das haben ein paar unserer Lieblingssenioren zu wörtlich genommen und reihenweise youtubefähige Faceplants hingelegt. Glücklicherweise keine Knochenbrüche dabei, das kann leicht tödlich sein, denn mit über 80 wächst nix mehr wirklich gut zusammen. 2 Damen hatten letzten Montag so heftige Hämatome im Gesicht, das ich raten musste, wer sich hinter den lila Eulenmasken verbarg. Aber Unkraut vergeht ja bekanntlich nicht und die ersten Schwellungen gehen sauber zurück und hinterlassen die altersgemäß gewohnt knitterige Haut.

Anschließend zurück zur Zentrale und Sprinter umtauschen in Ferrari Passat, dann nach Hagen ins Büro, Muffins und Kekse von Geburtstag gehabt habenden Kollegen vertilgen.

So war der Plan!

In der Zentrale angekommen sortiere ich die Mappe für den Bus in ihr Fach. Vorbei an 2 Aspiranten für den Taxischein baut sich $MODOAK* vor mir auf, geleitet mich auf den Hot Chair vor den Bildschirmen mit Anzeigen für Flottenmanagment und Tourenannahme.

„Setz dich hier mal einen Moment hin, HerrTaxifahrer. Telefon kannste ja!? Und die paar Knöppe aufm Display kriegste bestimmt auch hin! Ich geh mit den beiden zum Lernen in die Küche, dann stören wir dich auch nicht.“

„Ömmmzzz??!, ömmzte ich überrumpelt.

„Wenn was schlimmes passiert, schrei einfach!“

„OK, Chef!“, gab ich Hacken zusammen schlagend zurück.

Und schwupps, ward ich ein Zentralenmädchen. Im Prinzip sind mir die Vorgänge an diesem Arbeitsplatz geläufig. Doch ihr kennt das sicher auch, wenn man so einfach ins kalte Wasser geschubst wird. Keine Zeit  sich vorher in die Hose zu machen oder zu übergeben!

Nun verschaffte ich mir einen Überblick. Es war schon früher Abend, da ist die Tourenanzahl überschaubar. Bei uns sind die meisten Touren in der Woche tagsüber. Und jetzt, gegen 19:00 waren nur noch 4 Wagen unterwegs. Also leichtes Spiel für mich. Auf einem Monitor kann ich verfolgen, wo sich die Taxis befinden und welchen Besetzt-Status sie haben. Beim Drüberfahren mit der Maus kann ich ggf. auch den aktuellen Auftrag einsehen.

Der zweite Monitor ist da nicht ganz so übersichtlich. Gefühlte 20 Fenster geöffnet. Alle gehören zu dem Dispositionsprogramm. Es ist ja nicht die erste Begegnung mit Datenbanken und deren Verwaltung, aber dieses hier war Windows-Basiert und ich musste jetzt erst meine Einmalhandschuhe anziehen, damit später keine Viren auf mein MacBook Pro übertragen werden!

In einer Liste kann ich sehen, welche Fahrten als nächstes bearbeitet werden müssen. In der Regel bekommen wir Fahrer die Aufträge 20 Minuten vor der Zeit zugeteilt, wegen der langen Anfahrtswege hier auf dem Dorf. Hab schon wieder die Farben vergessen, aber sicher ist, das wenn die 20 Minuten nicht eingehalten werden, ändert so eine Datenreihe ihre Farbe auf Rot. Die Zuteilung geschieht manuell, durch den Menschen, der an der Konsole sitzt. Zur Zeit also durch mich.

Ich markiere den obersten roten Datensatz und will ihn einem Wagen zuweisen.

„Plinggg, Computer sagt neeiiiiiin!“

Zuerst soll ich den Datensatz eröffnen, um ihn dann zu ändern, d.h. zuzuweisen. Puh, gesagt, getan. Erste Tour übertragen und der Fahrer hat auch gleich angenommen. Die Farbe springt auf Dunkelblau oder so.

Um gewappnet zu sein, falls ein Auftrag eingeht, lege ich schon mal einen neuen, leeren Datensatz an. Juhu, da ist er. Niemand ruft mich an um ihn zu füllen…………..Es wird wieder was rot.Wie komme ich da dran? Ok, löschste erst mal den leeren Datensatz, der rote ist ja darunter. Klicke mutig und siegesgewiss auf das X-Symbol.

„Plinggg, Computer sagt, Open Objects sind nix gut!“ und sämtliche Fenster der Software schliessen sich.

„AAAAAARGGHHHHH!!!!!!!!???????“

error

Bin dann ganz ruhig in die heiligen Hallen des MODOAK eingetreten und hab ihm beflissen den Absturz der Fensterweichware gemeldet.

Er übernahm den Fall sofort, erkannte das Problem, nämlich mich:

„Na, haste rumgespielt?“

Bevor ich in den Rechtfertigungsmodus fallen konnte, war ich schon wieder allein mit der bunten Welt der Disponenten. Von nun an alles nur Step by Step und checken, bevor was gespeichert wird. Hatte die verflixte Kiste dann endlich unter Kontrolle. Die ersten Bestellungen gingen ein und was nicht gleich zu verteilen war, legte ich auf Halde im Rechner ab.

Cirka 50 Anrufe und 30 Emails später hatte ich schon so richtig einen Flow und nach 2 Stunden war mein Ausflug in die Kommandozentrale vorerst beendet.

Auf jeden Fall hat der Posten auch seinen Reiz, bloß bis hier Jemand 15 Fahrzeuge über Stunden ganz alleine vernünftig verplant, vergeht eine ziemliche Lehrzeit. Außerdem gehören zu diesem Arbeitsplatz auch noch so unnütze Tätigkeiten wie Rechnungen schreiben, Belege sortieren, Kaffee für die Fahrer kochen und auch noch gute Laune verbreiten.

An alle Zentralisten: Ihr hattet meinen Respekt. Jetzt noch um so mehr…..schleiiiiimmmm!

* MasterOfDesastersOfAllKinds (Chef)

 

P.S. Hab da bei meinem Kollegen aus Dräsdn was passendes entdeckt. Mensch und Maschine

 

„Ähhhm, kann ich bitte eben…

….. sooooo rein, möchte mir nur eine saftige Bratwurst kaufen?!“, fragte ich den netten Türsteher vor dem Eingang zum Konzert in Offenwarden.

„Nein, du bist wohl bekloppt, hier ist alles Vegan!“, polterte er auf mich los.

IMG_0591Tja, hätte mich wohl besser schlau gemacht. Das war nicht irgend so ein Musikdingens. Hier fand das jährliche Festival „RockForAnimalRights“ statt.

Ok, dann werde ich mir halt meine Vitamine F,L,E,I,S,C und H auf dem heimischen „Smoker“ zubereiten!

 

 

Animalisch

An jedem Wochentag ging es um Punkt 9 Uhr am Morgen nach $dorfbeiloxstedt, zu Frau K. Jammer.
Jeden Abend bestellte sie sich eine Taxe. Sie wolle zum Arzt, zur Sparkasse oder den Lottoschein abgeben.
Sie war sehr beliebt bei den Fahrern, auch wenn es in ihrer Gegenwart oft unschöne Odoen zu vermerken gab. Sie war aber eine echte Dame, sehr nett und sie rundete immer auf 10€ auf. Waren immer ca. 2,50€ Tip, also 5€ für Hin- und Rückfahrt.
Jedoch revidierte sie bei jeder Gelegenheit ihr Fahrziel mit fadenscheinigen Ausreden:
“ Heute muss ich doch nicht zur Bank, der Handwerker besteht doch nicht auf Barzahlung.“
“ Der Arzt braucht mich Heute doch nicht ansehen, es geht mir schon wieder Gut.“
„Meine Lottoschein läuft doch noch eine Woche.“
Und immer gefolgt von:
„Ach wissen sie, damit sie nicht umsonst da waren, fahren sie mich bitte zum Edeka.“
Sie ging dann auch immer Schoppen und kam mit jeweils 2 prall gefüllten Plastiktüten zurück.
Als ich das erste Mal bei ihr zu Hause auslud, bemerkte ich beim öffnen des Kofferraumes 2 Katzen am Jägerzaun. Wie ich die Gartenpforte öffne begegnen mir 4 weitere Mietzen. Mit den 2 Tüten beschwert stolperte ich dann den Kiesweg zur Haustür entlang über mindestens 15 gleichartige Vierbeiner.
Beim öffnen des Haupteingangs wurde ich überrumpelt, von Zilliarden maunzender Raubtiere.Sie alle warteten auf ihre tägliche Ration aus meiner Lieferung.
Auf meine Nachfrage, ob hier nicht vielleicht zuviel Tiere auf einmal leben, antworte sie nur:
“ Das sind nicht meine, ich füttere sie nur!“
Von einem Tag auf den anderen fuhr Frau J. Kein Taxi mehr. Vor ihrem Haus wurde beobachtet, wie vermummte Personen säckeweise Aluminiumverpackungen in einem Container entsorgten. Frau J. und die Katzen wurden nie wieder gesichtet.