Extreme Listening

Ein mir bekannter Name erschien auf dem nächsten Auftrag und mein Gehirn fuhr sofort alle benötigten Systeme auf Höchstdrehzahl. Diese Tour würde mir, wie so häufig bei diesem VIP, alles Taxifahrerwissen der letzten 8 Jahre abfordern, um nicht mitten auf der Strecke einen Kollaps zu erleiden.

Den „coolen Dorfgangster“ in die Disse nach Fishtown, das sei meine Mission.

Meine Pumpe lief ruhig und rund mit 160 Schlägen pro Minute, als ich vor dem Haus seiner Eltern vorfuhr. Ich checkte noch einmal schnell, ob meine schwarze College-Jacke auch richtig saß, denn das wäre schon die halbe Miete, um seine Sympathien zu gewinnen. Ich erntete ein „Respekt“ für mein Outfit, als er sich seinen Kumpel als schwarzes Arschloch beschimpfend und dessen Hand in der Schiebetür einklemmend auf den Sozius schwang. Sein Bro beschwerte sich eine Weile über diese Grobheit, wurde jedoch mit Worten wie „Muschi“ oder „Weichei“ sanft beruhigt.

Da schoß mir auf einmal mein kompletter Lebenssaft unter massiven Druck in die Schläfen, sie pochten, Jeder konnte es hören!

„Ich verdammter Hund, was hatte ich getan!? Wieder einmal zu sorglos hatte ich mich auf den Weg gemacht und wohl schon vergessen, was die letzte Tour mit diesem Menschen aus mir gemacht hatte!? Das verflixte Ladekabel baumelte lose vor dem Display des Radios herab!“

Ich hatte die Chance verspielt, denn er hangelte sich an dem dünnen weissen Kabel, welches an der einen Seite mit der USB-Dose meines Taxis verbunden war, entlang, bis er dessen anderes Ende erreichte und sich freute:

„Bor, geil, Lightning-Stecker!“

Er entfernte mein iPhone und stöpselte seines daran.

„Dreh schon mal die Bässe was runter, sonst kacken deine Boxen ab, bei dem was gleich kommt!“

Ich war schon dabei! Verzweifelt suchte ich nach meinem Gehörschutz, hatte diesen aber unter seinem Sitz verstaut.

Nun nahm das Leiden seinen Lauf und die nächste halbe Stunde erklangen die Weisen der namhaftesten Deutsch-Rapper mit maximalem Anschlag aus der armen, um Mitleid krächzenden Musikanlage.

Natürlich liessen es sich meine Fahrgäste nicht nehmen, etwa jede dritte oder vierte Zeile  mitzusingen, besonders jene, welche die Worte „schubs den Bullen“, „ficken“, „anal“, „Aldi“ oder „Lidl“ enthielten!

Außerdem schwangen sie die Arme im ?Takt?, wie es ordentliche Bösewichte tun. Teilweise zappelten sie, wie ein Mähdrescher im tiefgepflügten Vorgewende!

Ich konzentrierte mich auf den Rhythmus der „Musik“ und hämmerte stoisch auf meinem Lenkrad herum, auch um mich in eine gewisse Trance zu versetzten, damit das Leiden zu mildern, welches meine Ohren erlitten. Erst kurz vor erreichen des Zieles schwanden die Mordgedanken aus meinem Kopf und ich legte das Messer, mit dem ich mein Obst zu schälen gedachte, wieder zurück in sein Versteck in der Mulde an meiner Tür!

„Warte noch 5 Minuten, ob die uns überhaupt reinlassen! Du weißt schon, mein Ruf eilt mir voraus, Brother Taxifahrer!“

In aller Ruhe schrieb ich die Umsatzahlen in mein Buch. Und als sie so eben im Portal des Tanzpalastes einbogen wagte ich einen fliegenden Start, vorbei an den Kollegen am dortigen Taxistand. Ich rief ihnen noch zu:

„Das Kabel, zieht das Kabel raus , wenn sie kommen!“

Schönes Wochenende noch!

Das beste Trinkgeld ist…

In meiner Anfangszeit als Taxifahrer war das Trinkgeld noch ein lohnender Faktor in meiner monatlichen Kalkulation. Zwar steigt die Anzahl der Touren und auch der Umsatz, das ist aber dem florierenden VBN-Anruf-Sammeltaxi geschuldet. AST-Kunden geben nur gelegentlich Trinkgeld, da ihr Fahrpreis nur zwischen 0,00 und € 4,00 beträgt. Da ist gefühlt einfach kein Raum für einen dicken Batzen. Das Disco-Sterben trägt auch sein Scherflein bei. Freitags ist nun tote Hose hier auf dem Land.

Nun, ich möchte auch gar nicht wegen der paar Öcken jammern, denn das beste Trinkgeld ist etwas ganz Anderes, denn darauf will ich hinaus.

„Das beste Trinkgeld ist eine geschmeidige Unterhaltung mit geschmeidigen Fahrgästen!“

Da bei mir am Abend fast nur Stammkunden im Taxi sitzen, ergibt sich regelmäßig die Möglichkeit, an bereits begonnene Diskussionen anzuknüpfen und in die Tiefe zu gehen.

Auf manche Fahrten muß ich mich regelrecht vorbereiten.

„HerrTaxifahrer, was gibt es denn Neues?“

Wenn z.B. Herr P. Lauderer zusteigt, muß ich zuerst die politische Großwetterlage umreißen und er sucht sich dann ein Thema aus, das näher beleuchtet werden sollte.

Und diese Kontakte sind mir sehr viel mehr Wert, als der eine oder Andere hingeworfene Euro.

Schönes Wochenende euch Allen!

 

Sozialfahrt

Menschen mit Behinderungen, in diesem Fall mindestens einer Gehbehinderung, haben Anspruch auf eine Vergnügungsfahrt mit dem Taxi. Jeden Monat steht dafür ein Kilometerbudget zur Verfügung und kann nach Bedarf abgerufen werden. Abgerechnet wird dann mit der Kasse oder Landkreis, es wird auf jeden Fall bezahlt und ich finde das eine gute Sache, nicht immer zum Arzt zu fahren, sondern auch ab und an einen kleinen Ausflug zu machen.

Heute ging es zum Shoppen in den neuen Rossmann nach Loxstedt. Eifrig wie ich bin, erzählte ich gleich von dem tollen, bunten Laden, der gerade erst eröffnet hatte und was es da Alles zu sehen gäbe!

„Oh, das ist mir doch völlig egal!“ erwidert die Frau im Rollstuhl.

Etwas geknickt von der schroffen Aussage sagte ich erst Mal nichts mehr, ging ich nun einfach meiner Arbeit nach und verzurrte den Rolli im Fahrzeug.

Die Betreuerin hatte wohl meinen Missmut bemerkt und ergänzte:“Wissen sie, HerrTaxifahrer, mein Schützling ist Blind und kann all die schönen Dinge nur erahnen. Aber wir hoffen, das uns dort ein Meer an schönen Gerüchen erwartet!“

Manchmal wünsche ich mir dann doch, vorab etwas mehr über meine Fahrgäste zu wissen. Bei dieser Gelegenheit fiel mir auch gleich  mein erster Fettnapf in einer ähnlichen Angelegenheit wieder ein!

Euch Wünsche ich eine schöne Woche und mir endlich mehr Durchblick. Spätestens Mittwoch bekomme ich endlich eine Neue Brille und kann die Straßen wieder sehen und nicht erschätzen!

 

Hey Google…..

Mann, Mann, Mann, das ist echt stressig ab 22:00, wenn die Zentrale auf mein Handy umschaltet und in den wohlverdienten Feierabend geht.

Gleich der erste Anruf um 22:02 erforderte mein komplettes Taxiwissen, meine überragende Fantasie, sowie überdurchschnittliches Verhandlungsgeschick.

Ein Mann redet mit mir. Deutsch ist nicht seine Muttersprache, ich höre aufmerksam zu:

„Ein Taxi in den **andweg 160!“

„Sandweg?“

„Nein, nein! *randweg! 160!“

„Also, bis 160 geht bei uns keine Straße! In welchem Ort sind sie? Bremerhaven?“

„Ich bin in Lo*stedt!“

„Loxstedt? Ich verstehe sie nicht gut. Buchstabieren sie den Ort und den Straßennamen, bitte!“

Er kann nicht buchstabieren, glaube ich. Es spricht fortan eine Frau. Sie hat eine klarere Aussprache:

„G-R-A-N-D und „Weg“

„Tut mir leid, die Straße kenne ich nicht. Wo sind sie denn!?“

„Na, in Lokstedt, bei Hamburg! Wir haben ihre Nummer aus dem Internet!“

„Oh, da haben sie sich versehen. Sie sind in LoXstedt gelandet! Suchen sie doch bitte mit dem richtigen Namen noch einmal!“

„Er hat es ins Handy gesprochen und ihre Nummer kam raus! Können Sie mich wenigstens verbinden!?“

Es dauerte noch gefühlte 10 Minuten, bis sie mir glaubte, das ich von meinem Handy nicht mal so einfach mit einer Zentrale in Lokstedt verbinden könne.

Allein die Anfahrt hätte € 245 gekostet.

Und dann noch unser unzerstörbares „Samsung-Etwas“. Wer damit irgendwas verbindet, ist ein Zauberer!

Zu Teuer!

„Das macht € 18,10!“

„So teuer ist das Heute?“

„Nicht nur Heute, an sich ist der Tarif seit 2015 unverändert geblieben!“

„Nein, ich meine das eher so, das das allgemein sehr teuer ist!“

Da mein Gehalt eher auch so dimensioniert ist, das ich mir eine Fahrt mit dem Taxi nur im Notfall gönne, weise ich immer gern auf günstigere Alternativen hin. Da Busse bei uns nur sehr selten fahren, bietet sich in unserem Fahrgebiet die Nutzung des Anruf-Sammeltaxis an. Der Service ist fast identisch, der Fahrpreis jedoch viel günstiger. Und da wir die Fahrzeuge für diese Ergänzung zum ÖPNV stellen, bleibt das Geld auch bei meinem Chef! Win-Win!

„Da habe ich einen guten Tip für sie! Vor ihrer Haustür befindet sich eine Haltestelle für das Sammeltaxi. Sie müssen nur eine Stunde vorher bei Bremerhavenbus anrufen, die Linie und Uhrzeit angeben. Der Fahrpreis beträgt dann  nur 2 bis € 3!“

„Nein, das ist mir zu kompliziert! Eine Stunde, nein, das ist viel zu umständlich!“

„Na, dann zahl halt, du Blödmann!“, schießt es mir durch den Kopf und mein Blutdruck meldet sich an den Schläfen!

Ein weiterer solcher Fall war die Mutter mit ihrer Tochter, welche für hin und Rücktour fast 45 Öcken hinblättern mußten. Die Tochter wollte so gern ein neues Shirt, welches aber wegen des Taxipreises nicht ins Budget passte und somit nicht genehmigt wurde.

Auf meinen Vorschlag, für sich und ihre Mutter doch das nächste mal ein Sammeltaxi zu bestellen und somit ca. € 35 für ihre Klamottenkasse zu haben, trat statt einem Dankeschön auch nur für Faulheit zu Tage. Dazu hätte sie keine Lust, Mutter solle ihr einfach das Geld geben!

Die Moral von der Geschichte:

„Wer so träge ist, der soll bluten!“

 

 

Endabrechnung

Der Taxifahrer aus Bremerhaven stand nach einem misslungenen Bremsmanöver an der Himmelspforte Petrus gegenüber.

„Petrus, was soll das denn, ich bin doch erst 45 Jahre alt!“

Der Wächter des Himmels schaut in sein schlaues Buch und erwidert:

„Nach unseren Aufzeichnungen müsstest du wenigstens 91 Jahre auf dem Buckel haben, unter Berücksichtigung der Kilometer, welche du deinen Kunden berechnet hast!“

Gestern lobte mich ein Fahrgast, weil die Fahrt so günstig gewesen sei. Für die selbe Strecke hätte er am Tag zuvor statt €26 € 31 bei einem Fahrer aus der Hafenstadt bezahlen müssen, obwohl er genau dort entlang fuhr, wo auch ich es tat.

Tip: Achtet darauf, das beim Einsteigen das Taxameter noch auf „Frei“ steht. Ansonsten zahlt ihr drauf. Es gibt abgewichste Kollegen, die das Taxameter schon während der Anfahrt einschalten und es vor eurer Haustür angekommen auf „Pause“ stellen. So sind oft die in der tariflichen Anfahrtspauschale enthaltenen Freikilometer betrügerisch aufgebraucht.

Eine Ausnahme besteht allerdings dann, wenn ihr ein Taxi vorbestellt habt. Der Fahrer darf das Taxameter dann zur vereinbarten Zeit starten. Die Wartezeit geht dann auf eure Rechnung, wenn ihr euch verspätet!

Noch Fragen oder Erlebnisse dazu? Ich bin gespannt!

Tit for Tat

„Ich habe Heute sehr viel Trinkgeld bekommen. Da sollen sie auch etwas davon haben! Es war wirklich viel, sehr viel!“

,so der angestellte Koch eines renommierten Bremer Lokales, als er mir statt der fälligen € 2,00 für sein Sammeltaxi € 10,00 in die Hand drückte.

Vor meinem inneren Auge sah ich einen Mann in Kochmontur seine Küche mit einer Schubkarre voller Geldscheine verlassen.

Ich werde schon Morgen eine Umschulung beantragen!