Down Under

Ein paar Sekunden mußte ich Überlegen, ob ich diese Mär verbreite. Was soll`s. Hier ist sie.

Die Zentrale gab mir mir auf, mit Frau Selma Charlotte Amlos Einkaufen zu fahren, dort zu warten und auch gleich wieder zurück zu bringen. Alles normal, nicht Schlimmes.

Selma Charlotte lief mir schon in ihrer Einfahrt vors Auto. Ohne Tasche oder Hackenporsche enterte sie mein Taxi, lächelte mich zuversichtlich an.

“ Na dann, los geht`s. Sie fahren mich jetzt nach OHZ, zu Möbel-Meierhoff. Da kaufe ich ein Sekretär, passend zu meinem Schrank und dabei kann ich ihre Hilfe gut brauchen!“

“ Ja, gut, geht in Ordnung, ich tue mein Bestes.“

Eben noch die Zentrale informieren, das ich länger unterwegs sein werde. Auf dem Weg zum Möbelcenter kamen wir ins Gespräch. Wie immer bei „“Elderly People“ stand die Krankengeschichte auf dem Programm. Sie konnte nicht mehr so gut laufen, seit ihren Reitunfall vor 5 Jahren, berichtete die ca. 80-Jährige.

„Wissen sie, HerrTaxifahrer, es war eine schöne Treibjagd im Herbst. Eigentlich wollte ich die Sprünge auslassen, aber die Gruppe war so dicht beisammen, das ich mittendrin keine Chance hatte auszuweichen. Mein Pferd war überrascht und kam etwas ins straucheln, ich konnte es nicht mehr ausbalancieren und mit einer Rolle Vorwärts landete ich auf meinem Allerwertesten. Mit letzter Kraft konnte ich mich aufrappeln und stand auf sehr wackeligen Beinen da.“

„Oje, da hatten sie ja richtig Glück!“

„Naja, wie man es nimmt. Nachdem der erst Schock gewichen war, hatte ich das Gefühl, als wäre ich unten Offen! Mein Schambein war gebrochen, sie wissen doch was das ist!?“

Was sollte ich sagen. Wir haben keinen passenden Schrank gefunden. Aber mir erscheinen immer wieder Bilder. Wie das wohl wirklich ausschaut, da unten, so offen?

Der (aller)letzte Heuler

Ich nutzte gerade das Pflaster am Taxistand vor dem Pam Pam ab, als ein junger Mann aus dem Tanzschuppen stürmte, vorn rechts den Sitz belegte und mit gesenktem Blick sein Fahrtziel in Osterholz-Scharmbeck nannte.

Da geht bei mir immer die Glocke an. Wer mich nicht anschaut, möchte vermutlich erreichen, das ich mir das Gesicht nicht merken kann, für eine spätere Gegenüberstellung bei der Polizei. Also frage ich höflich , aber direkt:

„Bares dabei, oder müssen wir noch zur Kasse?“

Heeuuuuuuulllll, flennnnnnnnnnn, schniiiiiiieeef, alles Ok, hab genug dabei, schniief,hier!“, er zeigt mir reichlich Scheine in seiner Börse.

„Aah, Ok, nichts für Ungut, wir machen Stichproben!“

Heeuuuuuuulllll, flennnnnnnnnnn, schniiiiiiieeef, ich bin ein abgefucktes Dreckshundpisskackenarschlosch!“

„Öh, was issn vorgefallen, hammse dich verprügelt?“

Heeuuuuuuulllll, flennnnnnnnnnn, schniiiiiiieeef, ein Jahr, eiiiiiiiiin Jahr hab ich um die Frau gekämpft. Eeeeeeiiiiiiiiiiiin scheiß Jahr. Und Heute Abend hat sie endlich ja gesagt. Ich bin soooooooooooooo  ein blödes Schwein, ich Idiot, ich hau gleich was kaputt, ich dreeeeeeehhhhhhhhh durch. Ich bin doch soooooooo bekloppt!“

„Mein Freund, bevor du deine verirrten Gefühle in die falsche Richtung lenkst, hilft es vielleicht, wenn du mir erzählst, was dich gerade so fertig macht?“

Heeuuuuuuulllll, flennnnnnnnnnn, schniiiiiiieeef, wir waren gerade mal 2 Stunden zusammen, ich Looser, da hat sie schon wieder Schluß gemacht. Eiiiiiiin Jaaaaaaaaaahr habe ich gefightet wie ein Blöder, schnieeef!“

„Oh mein Gott, wie kann sie nur so grausam sein?!“

Heeuuuuuuulllll, flennnnnnnnnnn, schniiiiiiieeef, ihr Ex war vorhin auch dort, und sie hat ihn zurückgegrüßt………..Ich muß zugeben, schnief, ich bin etwas eifersüchtig, heeeuuuuul. Und da hab ich voll zugeschlagen!“

„Naja, und dann? Hat das wieder Gefühle bei ihr geweckt für den anderen Typen?“

Heeuuuuuuulllll, flennnnnnnnnnn, schniiiiiiieeef, neeeiiiiiiiiiinnnn, ich hab IHR eine runtergehauen, ich Penner…….Eeeiiiiiiiiiiiiiin Jaaaahr, schnief.“

Hirnlos-Hormongesteuert

Am Pam Pam steigt ein Pärchen ein. Sie möchten nach $Hause gefahren werden. Es ist so gegen 3 Uhr und die Ersten verlassen den Pressluftschuppen. Auf halbem Weg entwickelt sich ein Gespräch Monolog.

Er:“Ich freu mich gleich aufs ficken!“

Sie:“P-(„

Er:“Ich werd es Dir richtig besorgen!“

Sie (leise):“Der HerrTaxifahrer kann dich auch verstehen und ich will doch überhaupt nichts von dir. Das ist mir so peinlich!“

Er: (laut) „Anal haste doch auch schon oder! Sonst zeige ich es dir?“

HerrTaxifahrer: (sehr,sehr laut) „Junger Mann, entweder, sie halten jetzt ihr loses Mundwerk, oder wir beide steigen da vorne aus und dann „fiste“ ich dich mal durch, so wie du es richtig gern hast!“

Es war wirklich ein kleiner Hänfling. Einmal tief Luft geholt, würde er quer unter meiner Nase hängen. Genau das richtige für mich, um ein paar aufgestaute Aggressionen loszuwerden 🙂

Einen bösen Blick  später sackte er schnaufend in sich zusammen und war endlich still. Sie stiegen dann auch an verschiedenen Zielen aus und gingen ihrer Wege.

Solche plumpen Anmachen finde ich schon ziemlich heftig, vor allem, wenn ICH mir so einen Mist auch noch anhören muss und wie in diesem Fall quasi auch noch benutzt werde um sein“Opfer“ unter Druck zu setzten.

Sie ist Müde! Gut so.

Zur Zeit bin ich nur Abends und Nachts unterwegs. Aber zu Beginn meiner Taxilaufbahn waren auch eine Tagschichten zu absolvieren. Ganz abgesehen davon, das ich vorm Aufwachen schon im Taxi sitzen musste (5:00 oder manchmal schon früher Dienstbeginn) ist Taxifahren im Hellen auf vielfältige Weise eine Qual.

  1. Da sind so viele andere Idioten unterwegs, die auch Irgendwo hin wollen.
  2. Sämtliche Ampeln leuchten in ihrer Pracht, meistens natürlich Rot!
  3. Die Wegelagerer lauern an jeder Ecke. Wichtige Kontrollen durch Staatsorgane finden vermehrt statt, es werden Fotos beim Vorbeifahren gemacht.

Am Schlimmsten aber ist, was Fahrgäste manchmal absondern. Rein Gesprächstechnisch meine ich jetzt erst mal. Letztens hat uns der Chef ein Seminar gesponsert. Kommunikation stand an der Tafel, ein Unterpunkt war Smalltalk. Die nette Lehrerin  Unternehmensberaterin analysierte mit uns in einem Brainstorming welche Themen unbedingt im Taxi abgehandelt werden müssen und welche geflissentlich abgewürgt werden sollen.

Aber leider waren bei dieser Schulung nur TaxifahrerInnen anwesend, keine Fahrgäste. Nach den ersten 2 Wochen im Tagesmodus war ich mit den Nerven am Ende. Ich fühlte mich schlapp, jedes Zwicken oder Drücken im Brustraum oder am Bauch ließ meinen Puls beschleunigen und verschlimmerte die Kontraktionen nur noch mehr.Eine schwere Hypochondrie bahnte sich an.

Was war passiert? Hier für Heute ein Beispiel:

Tagsüber chauffieren wir die meisten unserer Kunden zum Arzt, Krankenhaus oder Physiotherapie und wieder nach Haus. Wir fahren also kranke Menschen durch die Gegend. Ich habe zu Anfang immer richtig mitgelitten, weil ja die Taxikunden einem HerrnTaxifahrer alles erzählen können, denn der hat ja Schweigepflicht und ist ja auch gleich noch ein Gratis-Psycho-Zuhörer zum Vollspammen mit gruseligen Befindlichkeiten.

Nicht in den falschen Hals bekommen, ich mach das ja gerne, bekomme die Zeit ja bezahlt und ich will ja immer freundlich sein und die Fahrten so angenehm wie möglich machen. Aber wenn ich nicht ab und an eine (Tratschstunde) Supervision mit meinen Kollegen hätte, wäre ich schon lange durchgedreht. Man kann es auch aufschreiben, so wie hier jetzt, das befreit.

Also, ich hole eine Frau vom Krankenhaus in Bremen ab. Sie ist krank. Krebs mindestens. Nachdem ich ihr behilflich war, den Gurt anzulegen, bemerkte sie mir gegenüber, das sie völlig fertig sei und Heute nicht plaudern möchte. „Ist gut so, geht mir manchmal auch so“, antworte ich und wir fahren ab.

Jetzt kommts. 1 Minute ist die Zeit, welche ein oben beschriebener Mensch benötigt um wenigstens Zungenseitig wieder vollständig zu regenerieren und ohne Vorwarnung den Smalltalk  Vortrag  über seine Anamnese zu beginnen. Hier nur noch kurz das Ende der Rekapitulation meiner Fahrgästin.

“ Ich bin ja so froh, das ich jetzt nicht mehr zu Dr. $xyz gehe. Der hat alles nur noch übern Computer gemacht. Ich musste der Schwester meine Fragen aufgeben, die wurden dann eingetippt und irgendwann kam dann eine Antwort aus dem Fernseher. Richtig sauer war ich aber, weil er sich meine Füße nicht angesehen hatte. Alle Fußnägel waren schwarz geworden und 6 Stück waren schon abgefallen seit der letzten Chemo. Stellen sie sich DAS mal vor, HERRTAXIFAHRER!“

Nochmal Leute, das finde ich wirklich Bemitleidenswert, ehrlich. Und ich gehe auch immer sehr respektvoll mit  allen betroffenen Patienten um, aber so was geht gar nicht. Wird sich aber nicht ändern, so grausam ist das Leben.

Und da ich, wie geschrieben, regelmäßig selbst eine Gehirnwäsche benötige, werdet ihr auch weiterhin von tollen Krankengeschichten lesen.