Sparfuchs

Es geht um einen StammHerrFahrgast. Er fährt mit jedem Taxiunternehmen hier. Einfach nur sehr oft, so das Jeder Fahrer ihn als VIP erkennt. Dabei ist er ein Knauser. Er kennt jede Abkürzung aus dem FF und besteht darauf, das Kurven wenn möglich geschnitten werden.Rote Ampeln akzeptiert er nicht und wirft dem Fahrer Konspiration mit den Stromerzeugern vorn. Trinkgeld steht nicht im Tarif, er bezahle eh schon den halben Taxiladen.

Hat er nicht ganz unrecht. Aber das kommt woanders her. Wenn er besoffen ist, verliert er die Kontrolle. Immer wenn ihn Jemand fragt, ob er sich einklinken kann, sagt er zu, vergisst aber sich einen Fahrkostenanteil geben zu lassen und wenn ihm einer etwas geben möchte, lehnt er immer jovial ab, mit der Begründung, er müsse das ja sowieso bezahlen, wie sonst käme er nach Hause.

Letzen Freitag war es wieder soweit. Er ist nicht sehr freundlich, deshalb sind mir seine Exkursionen egal bis sehr Recht. 🙂

1.Direkt zu ihm nach Haus: 21 km, € 38,15, wären es gewesen


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2.Mit Umweg: 49 km, 85,75 €, wurden es.


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Unter Verdacht

Am Freitag war richtig schön was los, die Aufträge kamen schon früh. Unter anderen war gegen 22:00 auch eine Gruppe junger Männer von Stotel zum Kühlhouse zu bringen. Der Club ist im Fischereihafen in Bremerhaven angesiedelt. Gegen 2:30 am Samstag Morgen kam dann der Anruf, bitte wieder abgeholt und zur Kasba chauffiert zu werden.

Ich kam pünktlich dort an und die Jungs wollten draußen am Bürgersteig warten. Das Lokal erschien auf der rechten Seite und ich ließ meinen Bus langsam ausrollen, während ich nach einem günstigen Platz für das Einsteigen suchte. Mitte vor dem Eingang warteten 2 Kollegen aus Bremerhaven auf Kundschaft. Ich fuhr vorüber und bemerkte,das meine Kunden mein knallrotes Gummiboot   mich erkannt hatten und folgten mir, damit ich bequem einlochen einparken konnte.

Als ich gerade zum Öffnen der Schiebetür aussteigen wollte überholte mich der Bremerhavener Kollege mit seinem Touran und setzte sich von links schräg vor meinen roten Panzerwagen und begann umgehend wild herum zu fuchteln und er brüllte bei geöffnetem Seitenfenster herüber, ich solle mich verpissen uvm.

Bremerhaven liegt nicht in unserem Pflichtfahrgebiet und deshalb dürfen wir dort eigentlich keine Leute einladen. Es gibt aber für die Kunden die freie Wahl des Taxis, unabhängig von den jeweiligen Fahrgebieten der Unternehmen. Und so kann sich Jeder, zu jedem Ort in Deutschland sein Lieblingstaxi bestellen um sicher befördert zu werden.

Da hatte wohl wieder einer die „Sendung mit der Maus“ verpasst? An mir blieb es wieder hängen, die Nachschulung durchzuführen.

Meinen Fahrgästen trug ich auf, sich etwas zu gedulden und entnahm mein PDA aus der Halterung, um dem „Kollegen“ meinen Abholauftrag zu zeigen.

Ich zwängte meinen Astralkörper durch die Fahrertür, richtete die Berufskleidung und schritt auf den „gegnerischen“ Fahrer zu. Der hatte es dann doch auf einmal eilig, seine Position am Taxistand zu sichern und setzte Kommentarlos zurück. Meine Truppe hatte sich derweil das Schauspiel angesehen und formierte eine Schildkröte. Furchterregend marschierten sie so auf den Touran zu. Lautstark bekundeten sie mir Solidarität und wollten mich beschützen. Ein Wort und sie hätten getötet.

Mit knapper Not konnte ich die aufgebrachten Stoteler so eben noch bremsen. Mit dem Schlachtruf „Kasba,Kasbaaaa,Kaaassssbaaaaaa!“ hielten sie sich warm.

Endlich hatte der Fahrer sein Fenster geöffnet und erklärte die Lage. Allerdings war er der Meinung, es gehöre zum Guten Ton sein Revier zu verteidigen, deshalb seine Aktion zu Anfang. Genug Zeit war verplempert, zu wertvoll, dieser Amöbe die Welt zu erklären.

Endlich konnte die Fahrt zur Höllennacht in die Kasba angetreten werden.

Anmerkungen:

Die Stadt Bremerhaven wird komplett vom Landkreis Cuxhaven, damit von Taxiunternehmern aus diesem Bereich umlagert. Viele Fahrgäste lassen sich von uns nach Bremerhaven bringen, einige auch sehr gern wieder von ihrem Taxifahrer ihres Vertrauens abholen. Und da sind am Abend sehr viele Landkreiswagen in der Hafenstadt unterwegs und werden von den Kollegen dort als Fremdkörper angesehen.

Leider ist es in Bremerhaven genau so, wie in anderen großen Städten. Es gibt zu viele Taxikonzessionen. Die Unternehmer schicken ihre Wagen wenn möglich 24h auf die Straße, damit sich ja keiner einen größeren Anteil an der Beute sichern kann. Und das kostet die Blutsauger keinen Cent extra, denn ihre Sklaven arbeiten nicht für einen Stundenlohn, sondern für einen Anteil an den Einnahmen. Die Auftragslage erlaubte das auch noch vor einigen Jahren. Jedoch hat sich das Konsumverhalten der Einwohner geändert und es werden wesentlich weniger Taxis benötigt.

Und so kommt es, das die Kollegen in Bremerhaven sich sie Reifen platt stehen und in immer mehr zu leistenden Stunden einen immer kleiner werdenden Lohn einfahren. Der Frust der dann entsteht, entlädt sich leider oft auf der Straße, bei solchen wie oben beschriebenen Auswüchsen.

 

Butler für einen Tag

Neulich berichtete ich ja schon einmal etwas über unbezahlte Zusatzdienstleistungen als Taxifahrer. Und vor Kurzem hatte es mich gutmütigen Deppen Kerl wieder volle Breitseite erwischt.

Folgendes hat sich südwestlich von Bremerhaven zugetragen:

Der Sammeltaxi-Auftrag beinhaltete eine Fahrt zur Haltestelle Carsten-Börger-Str. Abzuholen sei 1 Person in $dorf. Fahrgastaufnahme ausnahmsweise vor dessen Hauseingang. Er war gerade etwas schlecht zu Fuß.

Der stämmige alte Mann erkannte sein Transportmittel und quetschte sich mit meiner Hilfe ungestüm in meinen Passat. Irgendwie wollte sich sein Körper nicht in die Sitzmulde pressen lassen, bis ich den verkeilten Gehstock unter seinem Gesäß erspähte und heraus ziehen konnte.
HerrFahrgast: “ HerrTaxifahrer, wissen sie, das ist das erste Mal seit vielen Wochen, das ich mich außerhalb meiner Wohnung aufhalte!“
„Puuuuuh, ich hab`s auch so geschnallt“, sagte ich zu mir. Hatte sich mein hellelfenbeinfarbenes zweites Zuhause binnen Sekunden in einen nach einer Horde gemeuchelter Frettchen stinkenden Moloch verwandelt. An der nächsten Kreuzung bremste ich absichtlich etwas schärfer, um zugleich durch Öffnen meines Seitenfensters lebenserhaltende Maßnahmen zu ergreifen ohne das mein Kopilot brüskiert wurde!
Im weiteren Verlauf ergab sich ein interessanter Diskurs über Krankheitsbilder und Operationsverfahren am offen Herzen, sowie minimalinvasive Techniken bei Entfernung der Prostata.
Das Ziel war der Aldi-Markt Boomsiel. Freddy, so würde ich ihn von nun an nennen, wurde von mir aus seinem Sitz gelöst, so, wie man ein Saugnapf der Navihalterung von der Frontscheibe abpult.
Seinen mitgebrachten Hackenporsche lustlos hinter sich herschleifend betrat er den Konsumtempel. Sein Sammeltaxi für die Rückfahrt sei für 90 Minuten später bestellt, er übe noch das Einkaufen und brauche die Zeit um alle Regale ordentlich nach Schnäppchen zu durchforsten.
Jetzt sprang ich erst einmal aus dem Wagen, prustete verunreinigte Luft aus meiner Lunge und klopfe mit angehaltenem Atem restliche Giftstoffe aus meiner Bekleidung. Ich wusste noch ganz genau wie so eine Not-Dekontamination zu erfolgen hatte, war ich doch ein paar Tage bei der Bundeswehr gewesen und hatte die Qualifikationen AAP Stufe 5 als ABC-Soldat und Luftraumbeobachter erworben. Ich hatte niemals gedacht, das mir die Kenntnisse in Selbstschutz sogar beim Taxifahren von Nutzen sein konnten.

Hier sei nochmal ein Dank an Oberfeldwebel Ständer ausgesprochen, der mir seinerzeit während einer Dichtigkeitsprüfung meiner Schutzmaske den Rücken frei hielt, als ich mich übergeben musste. War doch an der Seitenschlaufe meiner „Gummivotze“ reichlich CS-Gas eingetreten.

Zurück in die Gegenwart. Gerade am nächsten Taxistützpunkt angekommen, war ich damit beschäftigt, ein paar mit etwas Kaffeepulver gefüllte Filtertüten, in den Türen meines Taxis zu verteilen (überdeckt jeden noch so bestialischen Gestank). Da bimmelt das Iphone. Es ist die Zentrale und sie hat eine Tour für mich.
„HerrtaxiFahrer, du hast doch gerade den Freddy gefahren?! Der steht draußen vorm Aldi und konnte nicht bezahlen. Er möchte zur Bank und schnell noch Geld abheben, vor Ladenschluss.“

Verdammt, hätte ich mich doch als Reservisten registrieren lassen. Die durften ihre komplette Schutzausrüstung mit nach Hause nehmen!

Mir blieb nur übrig, mit den mir aktuell verfügbaren Mitteln in den Miefkampf zu ziehen. Das bringe ich jetzt zu Ende. Am nächsten Kiosk kaufte ich erst Mal eine Packung Eukalyptus-Bonbons, man weiss ja nie.

Da stand er nun, der Freddy. Vollkommen platt und durchgeschwitzt. Sein Einkaufsroller war genauso in sich zusammen gefallen wie sein Besitzer. Das Duo bot einen jämmerlichen Anblick.

Der Herr Freddy hatte seine Pin-Nummer vergessen und  kein Bares dabei, um seine Beute auszulösen.

Nach einem Blick auf die Uhr war es an mir, Entscheidungen zu treffen. 20 Minuten bis zur Schliessung, da war es ohne Helikopter nicht mehr zu schaffen!

Mit Freddy im Schlepptau betrat ich den Laden. Ich erspähte den Einkaufswagen, noch gefüllt mit den mühsam gesammelten Waren. Am Griff der Bon mit Tesafilm befestigt. 53,60€ waren zu zahlen. “ Tut er’s oder tut er’s nicht!?“, schienen mich der Marktleiter und die Kassiererin zu taxieren. Ich schob den Wagen zur Kasse, zahlte. Freddy folgte mir mit zufriedenem Grinsen und ich war sicher, das ich das Soll an Guten Taten für das nächste Quartal übererfüllt hatte.

Ich leerte den Inhalt des Einkaufswagens in den Trolley und verstaute ihn mit 4 weiteren Plastiktüten  im Kofferraum. Anschließend noch heimlich die Backen mit ätherischen Ölen  gefüllte Süßigkeiten vollgestopft.

Der Plan war, das wir den Einkauf zu Hause abliefern, um danach zur Bank zu fahren und die benötigten Devisen besorgen.

Ich astete den Monatsvorrat in 2 Chargen die 3 Stockwerke hinauf.

Freddy kam nach gefühlten 2 Stunden auch an seiner Heimstatt an, öffnete die Tür und Schritt voran.

„Komm nicht so weit rein, hier stinkt`s ein bisschen! Du kannst die Sachen hier vor im Flur abstellen“

Tränen rannen an meinen Wangen herab, als ich diese Worte vernahm. Mit angehaltenem Atem sprintete ich an den Ablageort und sofort wieder zurück, denn wie einst bei den totgeweihten Arbeitern in Tschernobil und Fokuschima war der Schwellwert meines Dosimeters schon nach wenigen Sekunden erreicht.

Endlich wieder im Freien, verabredeten wir uns, in wenigen Minuten gen Geldautomat zu steuern. Ich tastete in meiner HerrTaxifahrerWeste nach dem Naschwerk zur Neutralisierung meiner Sinne. „Menno, nur noch 2 Stück drin, die reichen ja gerade für den halben Weg“. Für die Zukunft werde ich wohl eine Palette ordern müssen.

Freddy taucht im Treppenhaus auf und humpelt zu mir.

„Ich kann bald nicht mehr, schnell los jetzt!“, stöhnt er.

Hatte die Fenster schon ganz runter gedreht und überlegte, ob ich die Heckklappe auch noch dazu nehmen soll. Ich entschied mich aber lieber doch für den harten Weg. Der Kaffeeduft war schon lange nicht mehr zu vernehmen, hatten die kleinen süßen Pelztiere doch wieder die Überhand gewonnen.

An der Sparkasse angekommen reicht mir Freddy seine Bankkarte.

„Hier, ich kann nicht mehr laufen. Ziehe 400,00€, die Pin ist ****!“

„Wie geil ist das denn?!“

Meine letzte Bollchen* war gerade die Kehle hinunter geglitten als ich das Geldhaus betrat. Der Automat wurde von einem anderen Kunden besetzt, er hatte mich nicht kommen gehört. Ich wartete leise in respektvollem Abstand, als der Mensch sich umdreht und die Nase rümpft. Sofort erhöhe ich den Zwischenraum um ca. 4 Meter. Weiter ging nicht, dann wäre ich ja wieder Draußen. Die Maschine zahlt aus und der Geldholer läuft wie ein Betrunkener in einem Bogen auf mich zu, darauf hoffend, das ich den Ausgang freigebe und seinen Platz einnehme. Ich tat es. Stinkend trat ich an den Bildschirm.

„Sooooo, mal sehen, ob ich meine Kohle wiedersehe?“. Die Bankkarte hatte keinen Chip. Das zeugte nicht gerade von höchster Bonität aber sie sah noch sehr Neu aus. Ich hackte mich durch das Menue, tippte hier und drückte dort und wartete  nun gespannt auf das erlösende Rattern der Geldzähleinheit.

Da fiel mir ein, das sich in einer meiner vielen aufgenähten Taschen noch ein Schatz verbarg. „Wieso bin ich da nicht früher drauf gekommen?“. Ich ergriff das Plastikröhrchen und zog die Schutzkappe ab und schnüffelte. „Muss noch Gut sein, das Nasenspray!“, stellte ich fest. „Diese ätherischen Öle sind schon was Feines! Auch wenn man nicht krank ist.“

Ein laut vernehmbares „ratsch-flapapapapapappap“ holte mich aus meinen Gedanken zurück. Das Fach für die Scheine öffnete sich, gefüllt mit den Aktiva um Fahrtkosten und Schulden zu begleichen.

Meine Nase nahm den „Wonnestab“ in sich auf, ich sog eine gehörige Portion des Inhalts in beide Flügel ein und das scharfe Bukett breitete sich sofort aus, sicherstellend, das keine verendeten Pelztiere mehr zu identifizieren waren.

Eine gelbliche Gasblase hatte sich über den Passat gelegt. Vorsichtig trat ich heran um keinen Funken zu erzeugen, der die kritische Masse zur Explosion bringen könnte.

Todesmutig betätige ich die Zündung, der Motor startet ohne in die Luft zu gehen. Erst jetzt lernte ich schätzen, das die Autobauer alles in fest verschweißte Module einkapseln.

Mein Diesel bog gerade auf die Hauptstraße ab, als sich mein Riechkolben meldete. „Neiiiiiiin!“, nicht die Ausdünstungen meldeten Alarm. Offensichtlich hatte ich etwas zuviel des Guten geschnupft und nun lief der Schleim gen Oberlippe.

“ Taaaaaaschentuch“ rief das Großhirn und die Suche begann. Zu meiner Erlösung entdeckte ich noch eine vergessene Serviette meines Lieblingsrestaurants in der Mittelkonsole. Es war nur an einer kleinen Ecke mit der BBQ-Sauce des letzten MC-Rib benetzt und konnte sicher noch mehrfach benutzt werden. Auf „Knielenkung“ umgestellt, vermied ich das Desaster, alle Systeme liefen wieder normal! Leider, denn sofort bekam ich wieder den Hammer von vorn Rechts. Aber es waren zum Glück nur noch wenige Meter auszuhalten.

Ich überreichte Freddy die Belege, addierte das Soll, zog es vom Guthaben ab und gab Freddy den Rest zurück.

Er bedankte sich überschwänglich. Es wollte kein Ende nehmen, als mir ein 10er Schmerzensgeld überreicht wurde. Die Beifahrertür öffnend, erfuhr ich umgehend:

“ HerrTaxiFahrer, vielen Dank das sie es mit mir altem Sack ausgehalten haben, sie haben mir das Leben gerettet. Zukünftig werden ich immer erst nach ihnen Fragen!“

Voller Begeisterung fuhr ich zur alten Anlegestelle der Fähre-Sandstedt und lenkte mein Gefährt in die Fluten.

*Bezeichnung für BonBon im Raum Hannover, Südniedersachsen