„Dem geht’s Gut!“…..

…bekam ich im Chor von 2 Damen zu hören, die ihre Männer dabei anfeuerten, einen völlig Weggetretenen zu meinem Wagen zu schleifen!

Skeptisch blickte ich auf das Häufchen Elend.

„Bitte entschuldigen sie, der Herr ist ein Fall für den Notruf, besser noch für Mutti. Ganz sicher werde ich ihn nicht chauffieren!“

„Was haste denn, der läuft doch ganz von alleine, schau doch, hier, HerrTaxifahrer.“

Sie ließen das Opfer los und kraftlos glitt er sodann an seinen Kumpanen hinab, um am Boden liegend eine Rolle zu vollführen.

„Auuuuuutsch!“, gab der nun unter dem Auto Liegende von sich.
Er war endlich aus dem Koma erwacht, weil er sich den Unterarm an meinem glühenden  Auspuff verbrannt hatte.
Zeitgleich  setzte ein Vorgang ein, welchen die jungen Leute heutzutage in vielen Liedern als “ throw up“ feiern.

Konsterniert sah die Partytruppe abwechselnd auf den Patienten, dann mich. Trotz der wehleidigen Blicke blieb ich Hart, lehnte den Transport ab und bot an, die 112 zu rufen!

Sie entschieden sich dann, mir freie Bahn zu schaffen und zerrten ihren Kumpel wieder ins Haus.

Endlich konnte mich neuen Aufgaben widmen.
Noch Tage danach durchforstete ich sämtliche Todesanzeigen der üblichen Käseblätter dieser Region. Er schien es überlebt zu haben. Na dann Prosit!

Normalität

Die umgestürzten Bäume sind beseitigt und ofengerecht zerteilt hinter der Garage gestapelt. Am Bahnübergang schaltet sich alle 4 Minuten das Rotlicht ein um Warenlieferungen nach Übersee anzukündigen. Die Bahn verspätet sich regelmäßig um 5-10 Minuten und die Fahrgäste bestellen ihr Sammeltaxi für Mitternacht auf den letzten Drücker.

Hier auf dem Land stehen die Taxis ja nicht an jeder Straßenecke, das würde sich  nicht lohnen. Sie sind in Bereitschaft an einem Warteraum in unseren Kerngemeinden, oder unterwegs. Und ab 22:00 sind bei uns nur noch 2 Wagen aktiv, das ist schon Jahre so. Und wegen der langen Anfahrten dauert es ein wenig zwischen Bestellung und Abholung. Das teilen wir unseren Kunden immer mit und bitten auch gleichzeitig pünktlich am Abholpunkt zu sein, damit sich Anschlußfahrten nicht verzögern.

Ab 22:00 bin ich meine eigene Zentrale und verteile die Aufträge auf einen Kollegen und mich. Und an Tagen wie dem gestrigen ist die Kooperation enorm wichtig. Außer den telefonischen Bestellungen erhalten wir auch noch Sammeltaxi-Aufträge. Diese sind schwieriger zu planen, da die Abfahrtszeiten immer feststehen und nicht variert werden dürfen und wir nicht unmittelbar mit dem künftigen Fahrgast kommunizieren können. Die Bestellungen werden Zentral in Bremerhaven erfaßt und an die Taxiunternehmer weitergeleitet. Das ist so vorgeschrieben, weil z.B. Bremerhavenbus die Hoheit über den ÖPNV hat, dazu gehören auch die Anruf-Sammeltaxis. Ist auch eine Art Kontrollinstanz, damit sich die Taxiunternehmer nicht selbst irgendwelche Fahrten erfinden.

Zwischen die  AST-Fahrten pressen wir dann die anderen Touren. Und wehe, der Grieche hat den Ouzo zu spät hingestellt und die Fahrgäste sind noch  nicht fertig! Sofort nimmt das Unheil seinen Lauf. Oft müssen Menschen zum Bahnhof, einen Zug erwischen. Die haben immer höchste Priorität. Und wenn dann Einer aus der reihe tanzt, kann ich auch schon mal ein wenig ruppig werden und wenn das nicht hilft, wird kommentarlos die nächste geplante Station angefahren.

Und manchmal muß man auch wieder Ausnahmen machen, wenn es um den Service und die Zufrieden- oder Sicherheit der Fahrgäste geht.

Nun war es vergangene Nacht so, das ich um 00:37 vom Bahnhof Lübberstedt Fahrgäste nach Westen transportieren sollte. Nichts schlimmes. Aber gleichzeitig hatte ich auch noch um 00:42 in Stubben eine Familie mit Baby nach Osten zu bringen.

Glücklicherweise begab es sich, das die Stubbener sich vorher erkundigten, ob denn das AST auch wirklich um 00:42 da wäre. Ich musste mitteilen, das ich erst gegen 1:15 in Stubben sein könnte, wegen der parallelen Aufträge. Um ganz sicher zu sein, das alle im Trockenen nach Hause kommen, schlug ich ihnen vor, auch in Lübberstedt auszusteigen und dann die Tour nach Westen mit zu machen, um danach Richtung Beverstedt zu fahren. So braucht insbesondere das Baby nicht frieren und im Regen und Wind rumstehen. Am Preis würde sich nichts ändern, ich hätte die Leerfahrt sowieso gehabt.

Und so trafen wir uns alle in Lübberstedt und ich konnte dann meine letzte Tour für Heute  mit zufriedenen Fahrgästen und Stressfrei zu Ende bringen.


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Schienenersatzverkehr

Norddeutschlands Taxifahrer/unternehmer blicken frohlockend auf die beiden vergangenen Tage zurück. Sonntag und Montag bescherten einen Umsatz, wie sonst nur an Silvester!

Tief Christian zeichnet verantwortlich für versperrte Straßen, kaputte Dächer, Autos und vor allem den Ausfall des regionalen Zugverkehrs.

Bei uns fing „Weihnachten“ schon am Sonntag um 13:00 an. Ein Baum hatte die Oberleitung der Nordwestbahn zwischen Bremen und Bremerhaven gekappt.

Die Züge hielten von Norden kommend in Stubben und von Süden her in OHZ. Wir bedienten die Stubbener. Die Züge waren besonders voll, zum einen wegen des Bremer Freimarkt, eines Eishockeyspiels, Rückreiseverkehrs und einem Konzert, auch in Bremen.

Schienenersatzverkehr (Busse) anzufordern scheint nicht ganz einfach zu sein. Gut für uns Taxileute. In der Zentrale liefen sämtliche Leitungen heiß und alle verfügbaren Wagen wurden umgehend besetzt und zum Bahnhof befohlen. Im Sekundentakt ging es dann ab nach Bremen. Als ich gegen 17:00, also 4 Stunden nach Zugausfall meinen Spätdienst antrat, begegnete ich meinem Chef, als er von seiner 4 oder 5 Bremen-Tour zurück kam. Ein breites, fröhliches lächeln war in seinem Antlitz eingemeisselt.

Im vorbeigehen ordnete er noch einmal an, weiterhin alle verfügbaren Kräfte zum Bahnhof zu ordern. Da bis jetzt noch nicht ein einziger Bus eingetroffen war, wurden jetzt auch die letzten der wartenden Bahngäste weich. Denn so ein Taxi nach Bremen schlägt mit ca. € 85,00 zu Buche! Und noch waren keine Gutscheine eingetroffen.

Ich hatte erst noch eine Ortstour zu absolvieren. Auf dem Rückweg fuhr ich über den Bahnhofsvorplatz und wurde umgehend von einem Bundespolizisten heran gewunken.

Er ordnete an, das die Dame hinter ihm jetzt als Nächste an der Reihe wäre.  Die Dame saß im Rollstuhl und hatte einen Begleiter. Prima. Das wird sicher eine dankbare Fahrt. Die Dame konnte sich noch ganz gut bewegen und das Umsetzten in den Passat ging ohne Schwierigkeiten. Schnell noch Koffer und Begleiter rein und los. Der Bundespolizist ruft in die Menge, das noch ein Platz nach Bremen frei sei. Nach kurzem Zögern stieg noch ein junger Student zu uns ein und wir verließen Stubben.

Kurz vor Bramstedt Lohe klärte ich den zuletzt Zugestiegenen noch auf, das er noch seinen Anteil verhandeln Möge. Ich plädierte auf ein Drittel der fahrtkosten und von Hinten kam Zustimmung. Der Student jedoch ging gleich in die Luft. Nein, er würde nichts bezahlen, schließlich hätte der Polizist ihn eingeladen, bei uns mitzufahren.

Ich hielt kurz an der Bushaltestelle Loher Kreuzung an und bat ihn, dann doch besser auf den Schienenersatzbus zu warten und hier wieder auszusteigen. Zurück zum Bahnhof sind es nur 3 km zu Fuß.

Maulend kringelte er sich auf seinem Sitz zusammen und sagte seine Teilnahme an der Umlage zu.

Der Rest war Routine und es gab dann später nur noch kurze Touren vom Bahnhof, es fuhren Busse.

Es ist jetzt Mittwoch Morgen 0:56 und seit Sonntag ist die Strecke immer noch nicht wieder frei. Heute Mittag soll es endlich so weit sein. Wir melden uns 🙂

Message in a bottle.

Die Problematik mit den Krankengeschichten hatte ich ja schon einmal angerissen. Da erfährt man ja so Einiges.

Nun mal ein etwas anders gelagerter Fall:

Das Telefon unserer Zentrale bimmelte Heute mit gewohnt aufdringlicher Tonfolge und ansteigender Lautstärke, bis es nicht mehr auszuhalten war. Frau R. Aubtier gab sich endlich gnädig und nahm den Hörer ab.

“ $arbeitgebervonHerrnTaxifahrer, Aubtier, wie werde ich sie schnell wieder los?“

“ Alfred Koholiker hier, ich habe ein Problem und das können nur sie für mich lösen!“, antwortete der uns bekannte Kunde. “ Wissen sie, ich habe Heute eine niederschmetternde Nachricht erhalten, sie wird mein restliches Leben verändern, ich habe Angst, wie es mit mir weiter geht. Bitte schicken sie mir den HerrnTaxifahrer. Er soll 2 Flaschen Korn mitbringen, die habe ich dringend nötig, mir geht es wirklich dreckig!“, klick, zack aufgelegt.

Frau Auptier ist ja einiges gewohnt aber hätte er nicht einfach nur sagen können, was er geliefert  haben möchte, statt sie jetzt mit einem P im Gesicht zurückzulassen? Ganz Profi, hackt sie den Auftrag in die Bestellsoftware, schreibt noch wenige Worte dazu und klickt auf senden.

„Püt,püt,püt,püt“, ringt das PDA in meinem Wagen um Aufmerksamkeit. Ich drücke auf annehmen, wie bei 100% aller anderen Pütpüts auch.

Ich lese: 2 Fl. Korn zu Herrn Koholiker. Ausführung sofort. Marke egal, Hauptsache schnell, es ist ein Notfall!

So ein Mist, ich stehe fast vor seiner Haustür( ca. 4 km entfernt). Die nächste Korn-Tankstelle ist aber 15 km weg. Nun ja, hier auf dem Land gehen die Uhren anders und die Menschen haben sich hier eigentlich immer genügend Vorräte zu gelegt, um solchen Ausnahmesituationen vorzubeugen. Doch ich mochte nicht einfach irgendwo klingeln und um den Branntwein betteln. Also fuhr ich nach Hagen um einzukaufen.

Das IPhone spielt  „Great Balls of Fire“ von Jerry Lee Lewis. Ich gehe ran.

„Auptierchen hier, bitte sei so lieb und berichte, wie es dem Herrn Koholiker geht. Der hat noch nie so deprimiert geklungen. Vielleicht braucht der Hilfe, seine Stimme war so schwach, ich glaub der hat sogar leise geweint, am Ende!“

“ Alles klar, ich kümmer mich um ihn und ruf dich dann an, mach dir keine Sorgen.“

Mit dem Sprit auf dem Beifahrersitz erreichte ich den Wohnsitz des Auftraggebers. Schreibe gerade die Quittung für den Fahrpreis, da kommt er schon frohen Mutes zu meinem Taxi gelaufen und reisst die Beifahrertür auf.

“ Ach du bist es, HerrTaxifahrer. Immer musst Du einspringen, wenn ich mal wieder Stress habe. Was bekommst Du denn?“

“ Hier, ich hab`s grad addiert. 11,98 für den Korn und 23,50 fürs Bringen. Macht zusammen € 35,48.“

“ Hier sind 50, mach 40,00. Hat ja wieder gut geklappt!“

Den Zehner überreichend, schaue ich noch einmal ganz genau an ihm herunter. Sauber gekleidet in Poloshirt und Freizeithose, sogar richtige Schuhe hat er an. Das Kinn ist rasiert und Haare wir frisch vom Frisör. Was soll ich nun der Zentrale übermitteln? Beim letzten Noteinsatz musste ich 5 Minuten dauerklingeln, bis er an die Haustür gerobbt kam. Damals hatte er es gerade noch geschafft, wenigstens seine Blöße mit einer Unterhose zu bedecken. Er war schon heftigst zu gewesen als ich auf ihn traf und er rundete gleich auf 50€ auf 🙂

Da bemerkte ich, wie sich unsere Blicke trafen und da platzte es aus ihm heraus:

“ Weisst du HerrTaxifahrer, ich habe heute etwas erfahren, das ist ungeheurlich. Das ist so unvorstellbar, das ich jetzt gleich mit diesen beiden Freunden eine Party veranstalten werde, bis Nichts mehr von ihnen über ist!“ Er  lehnt sich zurück als ob er mich auffordete mich wieder anzunähern um ihm weiterhin zu lauschen. Also beugte ich mich nach Vorn um Weiteres zu hören.

“ Weisst du, heute habe ich Post bekommen. Ich soll wieder in Therapie. Ich soll auf Entzug. Das ist ungeheuerlich, das schaffe ich nicht und das versuche ich erst gar nicht noch Mal. Ich saufe mich jetzt tod. Tschüss, schönes Wochenende HerrTaxifahrer!“

„Auch alles Schöne!“, wünsche ich zurück, nicht ohne ihm hinterher zu rufen „Bis demnächst!“

Er nickte mir zu und hakte seine neuen Kumpels ein und trottete zufrieden ins Haus.

 

 

Wonderful Job

Heute ging es nach Brake (Unterweser) einen Kunden aus dem dortigen Krankenhaus abholen.

Da ich in den Bergen aufgewachsen bin, ist so eine Schiffsreise immer wie ein Kurzurlaub für mich. Das maritime Ambiente sorgt sorgt bei mir „Harzer Roller“ unverzüglich für Wohlbefinden.

Die Fähre pendelt den ganzen Tag, man kann alle 20 Minuten übersetzen. An Bord gibt es einen Imbiss, eine Bockwurst mit Brot und Senf ist Pflicht. Das gesamte Personal ist außerordentlich freundlich und hat immer ein lächeln auf dem Gesicht. Als ich einmal die knapp die Abfahrtszeit verpasste (die Fähre hatte schon abgelegt und war schon ca. 30 m vom Ufer entfernt) , stoppte der Käptn und fuhr zurück, um mich noch mitzunehmen.