A(r)schwarden

Es war der letzte Auftrag an diesem Samstag Morgen.

„Fahr mal Richtung Aschwarden, Dorfmitte!“, krächzt das Funkenmariechen.

Die Bestellung ist für 5:30 h, aber ich war schon etwas früher dort. Auf der Dorfstraße herrschte das Chaos. Teilweise zugeparkt von angereisten Teilnehmern, dazwischen Taxen, die Fahrgäste aufnahmen und eine Menge „Winker“. Und dann noch ich.

Meine Gruppe war noch nicht auszumachen und parkte ich in einiger Entfernung zum Ausgang der Landjugendparty. Ich beobachtete das Geschehen, denn es ist immer wieder lustig, wie die Bauernjungs nach durchzechter Nacht noch Eins draufsetzen und der Veranstaltung mit einer zünftigen Prügelei das I-Tüpfelchen verleihen.

Mitten im schönsten Tumult sprangen 2 Junior-Agrarökonomen in meinen Bus.

„Fa uns wech,fa uns weeeeech! Wia müssn nich weit, da vorne links-rechts, geht ganz schnell. Die Kühe warten schon.“

Aschwarden gehört nicht zu meinem Fahrgebiet, ich darf eigentlich nur Fahrten ausführen, zu denen ich ausdrücklich in meiner Zentrale bestellt werde! Aber um dem Trubel und erst mal zu entgehen stimmte ich zu. Außerdem wäre es schier unmöglich gewesen (Erfahrung) den beiden die rechtliche Lage zu erläutern. Auf andere Taxen konnte ich auch nicht verweisen, keine in Sichtweite.

Ich warf den Riemen auf die Orgel und nahm Kurs auf „links-rechts“. Nachdem ich nun an den gewünschten Kreuzungen abgebogen war, stellte ich die ultimative Frage.

“ Und Hier wollt Ihr jetzt raus?, wo ist denn nun der Hof?“

“ Fa ma weiter, is nich wirklich weit. Da !.“

Er zeigt mit dem Finger aus dem Fenster, ich versuchte zu peilen, da war der Arm schon wieder unten. Weiter ging die Reise kilometerweit durch das Moor nördlich von Schwanewede. 2-3 Mal habe ich dann noch gefragt, ob wir bald da seien. Aber der zum Einzeller mutierte Passagier brachte allenfalls noch ein richtungsweisendes Kopfnicken zu Stande, während sein“Knecht“ schon seinen Rausch ausschlief.

Meine Zeit rannte, hatte ich doch noch andere Fahrgäste abzuholen. Ich versuchte einen kleinen Hinweis zu geben, das ich wieder zurück muss. Das war gar nicht gut.

“ Du Arsch, jez fa ma da rechts aufn Hof!“, bölkte mich der Bauer an.

Wie befohlen hielt ich an und nannte den Fahrpreis wie angezeigt. Er löhnte und die beiden torkelten aus dem Wagen.

Ich setzte gerade zum Wenden an da schrie Einer zu mir herüber:

“ Halt an, wi sinn noch ga nich da, is nich mein Stall!“

Immer leiser verhallten die Rufe, bis sie hinter der nächsten Kurve verstummten.

 

 

 

Butler für einen Tag

Neulich berichtete ich ja schon einmal etwas über unbezahlte Zusatzdienstleistungen als Taxifahrer. Und vor Kurzem hatte es mich gutmütigen Deppen Kerl wieder volle Breitseite erwischt.

Folgendes hat sich südwestlich von Bremerhaven zugetragen:

Der Sammeltaxi-Auftrag beinhaltete eine Fahrt zur Haltestelle Carsten-Börger-Str. Abzuholen sei 1 Person in $dorf. Fahrgastaufnahme ausnahmsweise vor dessen Hauseingang. Er war gerade etwas schlecht zu Fuß.

Der stämmige alte Mann erkannte sein Transportmittel und quetschte sich mit meiner Hilfe ungestüm in meinen Passat. Irgendwie wollte sich sein Körper nicht in die Sitzmulde pressen lassen, bis ich den verkeilten Gehstock unter seinem Gesäß erspähte und heraus ziehen konnte.
HerrFahrgast: “ HerrTaxifahrer, wissen sie, das ist das erste Mal seit vielen Wochen, das ich mich außerhalb meiner Wohnung aufhalte!“
„Puuuuuh, ich hab`s auch so geschnallt“, sagte ich zu mir. Hatte sich mein hellelfenbeinfarbenes zweites Zuhause binnen Sekunden in einen nach einer Horde gemeuchelter Frettchen stinkenden Moloch verwandelt. An der nächsten Kreuzung bremste ich absichtlich etwas schärfer, um zugleich durch Öffnen meines Seitenfensters lebenserhaltende Maßnahmen zu ergreifen ohne das mein Kopilot brüskiert wurde!
Im weiteren Verlauf ergab sich ein interessanter Diskurs über Krankheitsbilder und Operationsverfahren am offen Herzen, sowie minimalinvasive Techniken bei Entfernung der Prostata.
Das Ziel war der Aldi-Markt Boomsiel. Freddy, so würde ich ihn von nun an nennen, wurde von mir aus seinem Sitz gelöst, so, wie man ein Saugnapf der Navihalterung von der Frontscheibe abpult.
Seinen mitgebrachten Hackenporsche lustlos hinter sich herschleifend betrat er den Konsumtempel. Sein Sammeltaxi für die Rückfahrt sei für 90 Minuten später bestellt, er übe noch das Einkaufen und brauche die Zeit um alle Regale ordentlich nach Schnäppchen zu durchforsten.
Jetzt sprang ich erst einmal aus dem Wagen, prustete verunreinigte Luft aus meiner Lunge und klopfe mit angehaltenem Atem restliche Giftstoffe aus meiner Bekleidung. Ich wusste noch ganz genau wie so eine Not-Dekontamination zu erfolgen hatte, war ich doch ein paar Tage bei der Bundeswehr gewesen und hatte die Qualifikationen AAP Stufe 5 als ABC-Soldat und Luftraumbeobachter erworben. Ich hatte niemals gedacht, das mir die Kenntnisse in Selbstschutz sogar beim Taxifahren von Nutzen sein konnten.

Hier sei nochmal ein Dank an Oberfeldwebel Ständer ausgesprochen, der mir seinerzeit während einer Dichtigkeitsprüfung meiner Schutzmaske den Rücken frei hielt, als ich mich übergeben musste. War doch an der Seitenschlaufe meiner „Gummivotze“ reichlich CS-Gas eingetreten.

Zurück in die Gegenwart. Gerade am nächsten Taxistützpunkt angekommen, war ich damit beschäftigt, ein paar mit etwas Kaffeepulver gefüllte Filtertüten, in den Türen meines Taxis zu verteilen (überdeckt jeden noch so bestialischen Gestank). Da bimmelt das Iphone. Es ist die Zentrale und sie hat eine Tour für mich.
„HerrtaxiFahrer, du hast doch gerade den Freddy gefahren?! Der steht draußen vorm Aldi und konnte nicht bezahlen. Er möchte zur Bank und schnell noch Geld abheben, vor Ladenschluss.“

Verdammt, hätte ich mich doch als Reservisten registrieren lassen. Die durften ihre komplette Schutzausrüstung mit nach Hause nehmen!

Mir blieb nur übrig, mit den mir aktuell verfügbaren Mitteln in den Miefkampf zu ziehen. Das bringe ich jetzt zu Ende. Am nächsten Kiosk kaufte ich erst Mal eine Packung Eukalyptus-Bonbons, man weiss ja nie.

Da stand er nun, der Freddy. Vollkommen platt und durchgeschwitzt. Sein Einkaufsroller war genauso in sich zusammen gefallen wie sein Besitzer. Das Duo bot einen jämmerlichen Anblick.

Der Herr Freddy hatte seine Pin-Nummer vergessen und  kein Bares dabei, um seine Beute auszulösen.

Nach einem Blick auf die Uhr war es an mir, Entscheidungen zu treffen. 20 Minuten bis zur Schliessung, da war es ohne Helikopter nicht mehr zu schaffen!

Mit Freddy im Schlepptau betrat ich den Laden. Ich erspähte den Einkaufswagen, noch gefüllt mit den mühsam gesammelten Waren. Am Griff der Bon mit Tesafilm befestigt. 53,60€ waren zu zahlen. “ Tut er’s oder tut er’s nicht!?“, schienen mich der Marktleiter und die Kassiererin zu taxieren. Ich schob den Wagen zur Kasse, zahlte. Freddy folgte mir mit zufriedenem Grinsen und ich war sicher, das ich das Soll an Guten Taten für das nächste Quartal übererfüllt hatte.

Ich leerte den Inhalt des Einkaufswagens in den Trolley und verstaute ihn mit 4 weiteren Plastiktüten  im Kofferraum. Anschließend noch heimlich die Backen mit ätherischen Ölen  gefüllte Süßigkeiten vollgestopft.

Der Plan war, das wir den Einkauf zu Hause abliefern, um danach zur Bank zu fahren und die benötigten Devisen besorgen.

Ich astete den Monatsvorrat in 2 Chargen die 3 Stockwerke hinauf.

Freddy kam nach gefühlten 2 Stunden auch an seiner Heimstatt an, öffnete die Tür und Schritt voran.

„Komm nicht so weit rein, hier stinkt`s ein bisschen! Du kannst die Sachen hier vor im Flur abstellen“

Tränen rannen an meinen Wangen herab, als ich diese Worte vernahm. Mit angehaltenem Atem sprintete ich an den Ablageort und sofort wieder zurück, denn wie einst bei den totgeweihten Arbeitern in Tschernobil und Fokuschima war der Schwellwert meines Dosimeters schon nach wenigen Sekunden erreicht.

Endlich wieder im Freien, verabredeten wir uns, in wenigen Minuten gen Geldautomat zu steuern. Ich tastete in meiner HerrTaxifahrerWeste nach dem Naschwerk zur Neutralisierung meiner Sinne. „Menno, nur noch 2 Stück drin, die reichen ja gerade für den halben Weg“. Für die Zukunft werde ich wohl eine Palette ordern müssen.

Freddy taucht im Treppenhaus auf und humpelt zu mir.

„Ich kann bald nicht mehr, schnell los jetzt!“, stöhnt er.

Hatte die Fenster schon ganz runter gedreht und überlegte, ob ich die Heckklappe auch noch dazu nehmen soll. Ich entschied mich aber lieber doch für den harten Weg. Der Kaffeeduft war schon lange nicht mehr zu vernehmen, hatten die kleinen süßen Pelztiere doch wieder die Überhand gewonnen.

An der Sparkasse angekommen reicht mir Freddy seine Bankkarte.

„Hier, ich kann nicht mehr laufen. Ziehe 400,00€, die Pin ist ****!“

„Wie geil ist das denn?!“

Meine letzte Bollchen* war gerade die Kehle hinunter geglitten als ich das Geldhaus betrat. Der Automat wurde von einem anderen Kunden besetzt, er hatte mich nicht kommen gehört. Ich wartete leise in respektvollem Abstand, als der Mensch sich umdreht und die Nase rümpft. Sofort erhöhe ich den Zwischenraum um ca. 4 Meter. Weiter ging nicht, dann wäre ich ja wieder Draußen. Die Maschine zahlt aus und der Geldholer läuft wie ein Betrunkener in einem Bogen auf mich zu, darauf hoffend, das ich den Ausgang freigebe und seinen Platz einnehme. Ich tat es. Stinkend trat ich an den Bildschirm.

„Sooooo, mal sehen, ob ich meine Kohle wiedersehe?“. Die Bankkarte hatte keinen Chip. Das zeugte nicht gerade von höchster Bonität aber sie sah noch sehr Neu aus. Ich hackte mich durch das Menue, tippte hier und drückte dort und wartete  nun gespannt auf das erlösende Rattern der Geldzähleinheit.

Da fiel mir ein, das sich in einer meiner vielen aufgenähten Taschen noch ein Schatz verbarg. „Wieso bin ich da nicht früher drauf gekommen?“. Ich ergriff das Plastikröhrchen und zog die Schutzkappe ab und schnüffelte. „Muss noch Gut sein, das Nasenspray!“, stellte ich fest. „Diese ätherischen Öle sind schon was Feines! Auch wenn man nicht krank ist.“

Ein laut vernehmbares „ratsch-flapapapapapappap“ holte mich aus meinen Gedanken zurück. Das Fach für die Scheine öffnete sich, gefüllt mit den Aktiva um Fahrtkosten und Schulden zu begleichen.

Meine Nase nahm den „Wonnestab“ in sich auf, ich sog eine gehörige Portion des Inhalts in beide Flügel ein und das scharfe Bukett breitete sich sofort aus, sicherstellend, das keine verendeten Pelztiere mehr zu identifizieren waren.

Eine gelbliche Gasblase hatte sich über den Passat gelegt. Vorsichtig trat ich heran um keinen Funken zu erzeugen, der die kritische Masse zur Explosion bringen könnte.

Todesmutig betätige ich die Zündung, der Motor startet ohne in die Luft zu gehen. Erst jetzt lernte ich schätzen, das die Autobauer alles in fest verschweißte Module einkapseln.

Mein Diesel bog gerade auf die Hauptstraße ab, als sich mein Riechkolben meldete. „Neiiiiiiin!“, nicht die Ausdünstungen meldeten Alarm. Offensichtlich hatte ich etwas zuviel des Guten geschnupft und nun lief der Schleim gen Oberlippe.

“ Taaaaaaschentuch“ rief das Großhirn und die Suche begann. Zu meiner Erlösung entdeckte ich noch eine vergessene Serviette meines Lieblingsrestaurants in der Mittelkonsole. Es war nur an einer kleinen Ecke mit der BBQ-Sauce des letzten MC-Rib benetzt und konnte sicher noch mehrfach benutzt werden. Auf „Knielenkung“ umgestellt, vermied ich das Desaster, alle Systeme liefen wieder normal! Leider, denn sofort bekam ich wieder den Hammer von vorn Rechts. Aber es waren zum Glück nur noch wenige Meter auszuhalten.

Ich überreichte Freddy die Belege, addierte das Soll, zog es vom Guthaben ab und gab Freddy den Rest zurück.

Er bedankte sich überschwänglich. Es wollte kein Ende nehmen, als mir ein 10er Schmerzensgeld überreicht wurde. Die Beifahrertür öffnend, erfuhr ich umgehend:

“ HerrTaxiFahrer, vielen Dank das sie es mit mir altem Sack ausgehalten haben, sie haben mir das Leben gerettet. Zukünftig werden ich immer erst nach ihnen Fragen!“

Voller Begeisterung fuhr ich zur alten Anlegestelle der Fähre-Sandstedt und lenkte mein Gefährt in die Fluten.

*Bezeichnung für BonBon im Raum Hannover, Südniedersachsen

 

Ein ganz normaler Samstag

Damit Ihr mal sehen könnt, wo ich meine Zeit während einer Schicht verbringe, werde ich einzelne typische Wochentage tracken und hier veröffentlichen.

Anfangen will ich mit Samstag, weil das DER Tag für alle Nachtschichtler ist. In der Regel sind da die meisten Nachtschwärmer unterwegs und es werden einige Kilometer abgerissen.

Leider habe ich noch nicht raus, wie ich die Karte hier direkt einbinden kann, dauert noch. Aber über den folgenden Link erreicht ihr die Streckenübersicht.

Ein ganz normaler Samstag

Und hier etwas Statistik zur Karte:

Streckenlänge384,3 Km
Zeit11:02:20 Std
Durchschnittsgeschw.34,8 Km/h
Höchstgeschw.158,1 Km/h

Das doppelte Pfeifchen

Zur Zeit weht irgendwie eine Brise frischen Geldes durch unsere Kerngemeinden. Hier und Hier und Da und Gegenüber entstehen neue Läden.
Neue Gesichter strahlen hinter Tresen, Regalen und in Kassenhäuschen in Erwartung unseres hart erworbenen Einkommens.
Und was hat das mit Taxifahren zu tun?
Naja, Herrtaxifahrer muss alte Besitzer vergessen, neue Namen, Funktionen, Geschäftsleute, Speisekarten, Preise und Öffnungszeiten auswendig lernen, um auf Anfrage seiner Fahrschaft jederzeit geflissentlich Auskunft über die Neuheiten erteilen zu können.
Und außerdem sind Veränderungen in einer Kleinstadt steter Bestandteil des Dorftratsch Smalltalk im Taxi!
In dem Örtchen Hagen (im Bremischen) zum Beispiel gibt es regelmäßig Feldversuche, mit Nieschenprodukten auf den Markt zu kommen! Wir hatten hier schon einen Laden, der Kunstobjekte aus Straußenei-Schalen verkaufte. Lief suuuper, 🙂 . Aber zu wenige haben etwas erworben.

In den vergangenen Jahren mussten viele Dorfgaststätten schliessen, weil die Menschen sich lieber zu Hause aus dem Kühlschrank bedienten und die Fernbedienung oder die Maus näher war, als der altbekannte Wirt im „Dorfkrug“.

Deshalb haben wir eine Cocktail-Bar bekommen, um das Angebot wieder zu erweitern. Und da ist alles im Lot. Der Wirt (Mehrfach ausgezeichneter Profi) fährt mehrgleisig, d.h. er bietet auch Kurse an und vermietet sich bei Events.

In Hagen hat sich nun in den letzten Wochen wieder etwas getan. Zuerst wurden Umbaumaßnahmen in einem ehemaligen Sonnenstudio gesichtet. Danach rumorte es ein paar hundert Meter die Straße runter in einer stillgelegten Bierquelle.

HerrTaxifahrer, sich immer auf dem Laufenden haltend, warf gelegentlich einen Blick auf den Trubel rund um die Baustellen, konnte aber nicht zusammenpuzzeln, was dort entsteht.

Da ich Anfang August etwas Urlaub genommen hatte, verlor ich die Fortschritte aus den Augen. Als ich danach die erste Tour in Hagen bekam, staunte ich nicht schlecht. Die Schaufenster des Sonnenstudios waren mit fadenartigen Gardinen zugehangen, auf dem Bürgersteig luden Stühle und Tische zum Verweilen ein. Auf den Fensterbänken standen funkelde Gefäße aus Silber und Gold.

„Häh?“

Endlich ganz nah dran und langsam vorbei gefahren. Auf die Beschilderung geschaut und gelesen. Da steht “ Shisha Bar“ angeschlagen. Großstädtern sind die Raucherläden sicher bekannt und der eine oder andere hat dort vielleicht auch bei einem schönen Tee ein wenig die geschmackvollen Tabake abgebrannt. Aber hier aufm Dorf? Auf jeden Fall eine Bereicherung, am Wochenende werden sicher einige Besucher vom nahegelegenen Pam Pam herüber strömen.

Meine Fahrt geht weiter, gespannt blicke ich zur zweiten Baustelle hinüber.

Häh?

Durch die Fenster kann man nichts sehen, sind verhangen, mit irgendwelchen eigenartigen Gardinen. Auf den Fensterbänken stehen Objekte, wie Flaschen. Unten bauchig und oben schlanker werdend. Komische Pröppel oben drauf, wo ein Schlauch raus schaut. Nun will ich es das Rätsel lösen und schaue auf die Außenwerbung. „Aah“, eine Shisha-Bar.

Mal sehen, wie lange da Qualm aus dem Schornstein kommt. Vielleicht habe ich ja auch einen Trend verpasst und irre mich. Lustig, welche Zufälle (?) es gibt. Gleich 2 Exoten innerhalb weniger Tage.

 

 

Message in a bottle.

Die Problematik mit den Krankengeschichten hatte ich ja schon einmal angerissen. Da erfährt man ja so Einiges.

Nun mal ein etwas anders gelagerter Fall:

Das Telefon unserer Zentrale bimmelte Heute mit gewohnt aufdringlicher Tonfolge und ansteigender Lautstärke, bis es nicht mehr auszuhalten war. Frau R. Aubtier gab sich endlich gnädig und nahm den Hörer ab.

“ $arbeitgebervonHerrnTaxifahrer, Aubtier, wie werde ich sie schnell wieder los?“

“ Alfred Koholiker hier, ich habe ein Problem und das können nur sie für mich lösen!“, antwortete der uns bekannte Kunde. “ Wissen sie, ich habe Heute eine niederschmetternde Nachricht erhalten, sie wird mein restliches Leben verändern, ich habe Angst, wie es mit mir weiter geht. Bitte schicken sie mir den HerrnTaxifahrer. Er soll 2 Flaschen Korn mitbringen, die habe ich dringend nötig, mir geht es wirklich dreckig!“, klick, zack aufgelegt.

Frau Auptier ist ja einiges gewohnt aber hätte er nicht einfach nur sagen können, was er geliefert  haben möchte, statt sie jetzt mit einem P im Gesicht zurückzulassen? Ganz Profi, hackt sie den Auftrag in die Bestellsoftware, schreibt noch wenige Worte dazu und klickt auf senden.

„Püt,püt,püt,püt“, ringt das PDA in meinem Wagen um Aufmerksamkeit. Ich drücke auf annehmen, wie bei 100% aller anderen Pütpüts auch.

Ich lese: 2 Fl. Korn zu Herrn Koholiker. Ausführung sofort. Marke egal, Hauptsache schnell, es ist ein Notfall!

So ein Mist, ich stehe fast vor seiner Haustür( ca. 4 km entfernt). Die nächste Korn-Tankstelle ist aber 15 km weg. Nun ja, hier auf dem Land gehen die Uhren anders und die Menschen haben sich hier eigentlich immer genügend Vorräte zu gelegt, um solchen Ausnahmesituationen vorzubeugen. Doch ich mochte nicht einfach irgendwo klingeln und um den Branntwein betteln. Also fuhr ich nach Hagen um einzukaufen.

Das IPhone spielt  „Great Balls of Fire“ von Jerry Lee Lewis. Ich gehe ran.

„Auptierchen hier, bitte sei so lieb und berichte, wie es dem Herrn Koholiker geht. Der hat noch nie so deprimiert geklungen. Vielleicht braucht der Hilfe, seine Stimme war so schwach, ich glaub der hat sogar leise geweint, am Ende!“

“ Alles klar, ich kümmer mich um ihn und ruf dich dann an, mach dir keine Sorgen.“

Mit dem Sprit auf dem Beifahrersitz erreichte ich den Wohnsitz des Auftraggebers. Schreibe gerade die Quittung für den Fahrpreis, da kommt er schon frohen Mutes zu meinem Taxi gelaufen und reisst die Beifahrertür auf.

“ Ach du bist es, HerrTaxifahrer. Immer musst Du einspringen, wenn ich mal wieder Stress habe. Was bekommst Du denn?“

“ Hier, ich hab`s grad addiert. 11,98 für den Korn und 23,50 fürs Bringen. Macht zusammen € 35,48.“

“ Hier sind 50, mach 40,00. Hat ja wieder gut geklappt!“

Den Zehner überreichend, schaue ich noch einmal ganz genau an ihm herunter. Sauber gekleidet in Poloshirt und Freizeithose, sogar richtige Schuhe hat er an. Das Kinn ist rasiert und Haare wir frisch vom Frisör. Was soll ich nun der Zentrale übermitteln? Beim letzten Noteinsatz musste ich 5 Minuten dauerklingeln, bis er an die Haustür gerobbt kam. Damals hatte er es gerade noch geschafft, wenigstens seine Blöße mit einer Unterhose zu bedecken. Er war schon heftigst zu gewesen als ich auf ihn traf und er rundete gleich auf 50€ auf 🙂

Da bemerkte ich, wie sich unsere Blicke trafen und da platzte es aus ihm heraus:

“ Weisst du HerrTaxifahrer, ich habe heute etwas erfahren, das ist ungeheurlich. Das ist so unvorstellbar, das ich jetzt gleich mit diesen beiden Freunden eine Party veranstalten werde, bis Nichts mehr von ihnen über ist!“ Er  lehnt sich zurück als ob er mich auffordete mich wieder anzunähern um ihm weiterhin zu lauschen. Also beugte ich mich nach Vorn um Weiteres zu hören.

“ Weisst du, heute habe ich Post bekommen. Ich soll wieder in Therapie. Ich soll auf Entzug. Das ist ungeheuerlich, das schaffe ich nicht und das versuche ich erst gar nicht noch Mal. Ich saufe mich jetzt tod. Tschüss, schönes Wochenende HerrTaxifahrer!“

„Auch alles Schöne!“, wünsche ich zurück, nicht ohne ihm hinterher zu rufen „Bis demnächst!“

Er nickte mir zu und hakte seine neuen Kumpels ein und trottete zufrieden ins Haus.

 

 

Animalisch

An jedem Wochentag ging es um Punkt 9 Uhr am Morgen nach $dorfbeiloxstedt, zu Frau K. Jammer.
Jeden Abend bestellte sie sich eine Taxe. Sie wolle zum Arzt, zur Sparkasse oder den Lottoschein abgeben.
Sie war sehr beliebt bei den Fahrern, auch wenn es in ihrer Gegenwart oft unschöne Odoen zu vermerken gab. Sie war aber eine echte Dame, sehr nett und sie rundete immer auf 10€ auf. Waren immer ca. 2,50€ Tip, also 5€ für Hin- und Rückfahrt.
Jedoch revidierte sie bei jeder Gelegenheit ihr Fahrziel mit fadenscheinigen Ausreden:
“ Heute muss ich doch nicht zur Bank, der Handwerker besteht doch nicht auf Barzahlung.“
“ Der Arzt braucht mich Heute doch nicht ansehen, es geht mir schon wieder Gut.“
„Meine Lottoschein läuft doch noch eine Woche.“
Und immer gefolgt von:
„Ach wissen sie, damit sie nicht umsonst da waren, fahren sie mich bitte zum Edeka.“
Sie ging dann auch immer Schoppen und kam mit jeweils 2 prall gefüllten Plastiktüten zurück.
Als ich das erste Mal bei ihr zu Hause auslud, bemerkte ich beim öffnen des Kofferraumes 2 Katzen am Jägerzaun. Wie ich die Gartenpforte öffne begegnen mir 4 weitere Mietzen. Mit den 2 Tüten beschwert stolperte ich dann den Kiesweg zur Haustür entlang über mindestens 15 gleichartige Vierbeiner.
Beim öffnen des Haupteingangs wurde ich überrumpelt, von Zilliarden maunzender Raubtiere.Sie alle warteten auf ihre tägliche Ration aus meiner Lieferung.
Auf meine Nachfrage, ob hier nicht vielleicht zuviel Tiere auf einmal leben, antworte sie nur:
“ Das sind nicht meine, ich füttere sie nur!“
Von einem Tag auf den anderen fuhr Frau J. Kein Taxi mehr. Vor ihrem Haus wurde beobachtet, wie vermummte Personen säckeweise Aluminiumverpackungen in einem Container entsorgten. Frau J. und die Katzen wurden nie wieder gesichtet.

Folgen Sie diesem Wagen……

Ich war nach Hagen zum Edeka-Markt auf den Parkplatz bestellt. Da der Laden schon geschlossen hatte erwartete mich also kein Lebensmitteltransport.

Ein Kleinwagen stand dort ganz allein, 2 Personen darin. Ich positionierte mich neben ihm und ein Mann und eine Frau stiegen aus. Aus dem Gefährt wurden ein Koffer und eine Tasche entnommen und die Beiden verabschiedeten sich genüsslich, wie ein verliebtes Pärchen das so macht.

Also das Gepäck gegriffen, ab in mein Taxi damit. Die Dame stieg hinten rechts ein, hier auf dem Dorf eher ungewöhnlich und ein Zeichen dafür, das sie aus einer größeren Metropole kommt. Bei uns aufm Dorf setzten sich einzelne Fahrgäste zum Fahrer!

Angezogen war sie sehr aufreizend und das Outfit passt eigentlich gar nicht für diese Gegend. Da bekam ich das Fahrtziel genannt.

“ Drive to me Sennsched!“, lispelte die Asiatin mit leiser Stimme von Hinten.

“ My Dear Lady, do you like to be driven to Sandstedt?“

„Yes.“

„To which street or location should the trip go?“

„I tell when see town!“

Von ihrem Auftritt her, würde sie in die „Villa Wurm“ passen. Aber dieser Sandstedter Puff ist seit langem geschlossen.

Genug platt geschnackt und auf den Weg gemacht. Der Kleinwagen ist noch kurz vor mir los gefahren und biegt in Hagen auch Richtung Sandstedt ab. Ich Frage mich, was das nun wieder soll. Ich hatte gerade dicht aufgeschlossen, da ruft es von hinten:

“ DON`T FOLLOW CAR, NOOO FOLLOW!!!“

„OK!“, ich bremse ab und lasse den Abstand „unauffällig“ größer werden, bis wir vor einer Kurve endlich den Kontakt verlieren.

Sandstedt kommt in Sichtweite und „Es“ meldet sich wieder.

„Stop red light house, please!“

Hihi, doch noch alles in Funktion bei meinen Sensoren. Der Puff erstrahlt wieder in seinem roten Glanze. Wahrscheinlich bin ich dafür verantwortlich, das dort etwas Abwechslung rein kommt.

Umzugsgut wieder ausgeladen, kassiert und Tschüss.

Wahrscheinlich sollte ihr Freund nicht mitbekommen, welcher ihr neuer Arbeitsplatz ist. Aber das soll nicht mehr meine Sorge sein.

Störung der dörflichen Ruhe.

Ich war am Montag als Sammeltaxi unterwegs nach Wersabe. Kurz vor dem Ortsausgang Hagen in Richtung Uthlede überholten mich 2 Streifenwagen im Einsatz mit Martinshorn. Nachdem sich beide vor mein Taxi gesetzt hatten stoppten sie auch gleich wieder abrupt.

„Was habe ich den nun angestellt?“, ging mir sofort durch den Kopf.

Ich verlangsamte meine Fahrt und wurde sogleich per Handzeichen aufgefordert weiter zu fahren.

Am Straßenrand standen mehrere Personen, um die wollten sich die Beamten wohl kümmern.

Da entdeckte ich auch noch einen Polizeihubschrauber am Himmel. Da muss was Schlimmes passiert sein, wenn Der schon kommen muss!

Heute konnte ich nachlesen, um Was es ging:

Polizeipresse